Der Sommer bringt grosses queeres Kino ins Fernsehen
Zu sehen u.a. «Passages» mit Franz Rogowski und Ben Whishaw
Unter dem Titel rbb Queer zeigt das rbb Fernsehen seit 2018 eine eigene Filmreihe jenseits der Hetero-Norm im Programm. Der BR setzt mit BR Queer seit 2022 ebenfalls einen starken Fokus auf das queere Kino. In diesem Jahr schliesst sich erstmals der MDR der Initiative an.
Das Angebot der queeren Sommerfilm-Reihen in den ARD-Programmen war auch im vergangenen Jahr besonders erfolgreich in der ARD Mediathek, wo die Filme und Serien 2024 insgesamt mehssr als 3,5 Millionen Abrufe erzielten.
Queeres Kino zeigt die Community, wie sie ist: Es erzählt von Menschen, die es wagen, sich den Ordnungen anderer zu entziehen, von ihren Erfahrungen, ihren Perspektiven und Sehnsüchten. Oft hält es sich in seiner Form nicht an filmische Konventionen, hinterfragt oder überwindet sie sogar.
14 Filme – sechs deutsche Erstausstrahlungen – drei Free-TV-Premieren Vom 26. Juni bis 31. Juli 2025 präsentieren das BR Fernsehen (jeweils donnerstags um 23.15 Uhr) sechs und das rbb Fernsehen vom 20. Juli bis 31. August (jeweils sonntags um 22.00 Uhr) sieben queere Filme. Das MDR-Fernsehen ergänzt den queeren Filmsommer am 22. Juli um 22.55 Uhr mit einem Film im Programm.
Sechs der insgesamt vierzehn Filme erleben ihre Fernseh-Premiere als deutsche Erstausstrahlungen, drei weitere sind Free-TV-Premieren. Die Zuschauer*innen erwartet grosses Kino mit berührenden Liebesgeschichten, pulsierenden Dramen und mitreissenden Coming-of-Age-Filmen. Nach der Ausstrahlung stehen die Filme jeweils für 30 Tage in der ARD Mediathek.
Passages BR Queer eröffnet am 26. Juni 2025 um 23.15 Uhr die diesjährige Sommerfilm-Reihe mit «Passages», einer vielschichtigen und starbesetzten Ménage-à-trois: Der deutsche Filmregisseur Tomas lebt mit seinem britischen Ehemann Martin in Paris.
Als er Agathe kennenlernt, beginnt er eine Affäre mit ihr, woraufhin Martin sich trennen will. Tomas hält beide hin, so dass sie in eine Dreiecksbeziehung schlittern. Doch dann wird Agathe schwanger. Franz Rogowski, Ben Whishaw und Adèle Exarchopoulos brillieren in dem Beziehungsdrama des renommierten US-amerikanischen Regisseurs Ira Sachs («Keep the Lights on»).
Knochen und Namen Irritationen unter den Protagonisten gibt es auch in «Knochen und Namen» (rbb, 20. Juli), dem Eröffnungsfilm von rbb Queer. In seinem Langfilmdebüt porträtiert Regisseur Fabian Stumm das Paar Boris und Jonathan. Sie sind seit acht Jahren zusammen, haben sich aber nicht mehr viel zu sagen.
Schauspieler Boris vergräbt sich immer tiefer in die Proben zu einem neuen Film mit der ambitionierten Regisseurin Jeanne und vermischt dabei reale und fiktive Charaktere. Jonathan versucht seine Stimme als Schriftsteller neu zu definieren.
Eine sensible und humorvolle Reflexion über Beziehungen und Dissonanzen - ausgezeichnet mit dem Heiner-Carow-Preis der Perspektive Deutsches Kino auf der Berlinale.
Slow Dass Asexualität und Liebe zusammenpassen, zeigt die litauische Regisseurin Marija Kavtaradze in ihrem feinsinnigen, beim Sundance Film Festival mit dem Regiepreis ausgezeichneten Liebesfilm «Slow» (BR, 17. Juli).
Sie erzählt hier voller Empathie und visueller Kraft von der Beziehung zweier Menschen auf der Suche nach einer gemeinsamen emotionalen und körperlichen Sprache. Die Tanzlehrerin Elena und der Gebärdendolmetscher Dovydas bedeuten sich so viel, dass sie auch nach seinem Bekenntnis zur Asexualität einen Weg als Paar finden wollen - mit einer Art von Intimität, die sich für beide richtig anfühlt.
Ellie & Abbie «Ellie & Abbie» (BR, 3. Juli) wurde weltweit auf Festivals gefeiert. Regisseurin Monica Zanetti erzählt nicht nur von einer schaurig-schönen ersten Liebe an einer australischen Highschool, sondern auch vom Kampf um eine nicht-heterosexuelle Selbstermächtigung.
Die 17-jährige Ellie ist total verknallt in ihre Mitschülerin Abbie. Für den Abschlussball will sie sich endlich ein Herz fassen und ihren Schwarm zum Date einladen. Dann steht plötzlich ihre längst verstorbene Tante Tara vor ihr: Als lesbische Aktivistin der 1980er-Jahre hat sie natürlich einiges zum Fall beizutragen.
«Ellie & Abbie» ist eine queere Teenager-Rom-Com, die beweist, dass man auf dem Weg zur sexuellen Selbstbestimmung mitunter auch auf Hilfe aus dem Jenseits angewiesen sein kann.
Shiva Baby Auch in «Shiva Baby» (BR, 24. Juli) spielt die Familie eine wichtige Rolle: Die junge Danielle besucht mit ihren Eltern eine Shiva. Auf der jüdischen Trauerfeier trifft sie nicht nur ihre Ex-Freundin Maya, für die sie immer noch Gefühle hat, sondern auch Max, der mit seiner Frau und dem gemeinsamen Baby da ist.
Für Danielle ist Max' Anwesenheit ein Problem, denn so droht aufzufliegen, dass sie keine kreative Studentin ist, sondern ihr Geld mit Sexdienstleistungen verdient. Auch Max' gehört zu ihren Kunden. Die Situation droht Danielle zu entgleiten.
Mit ihrem Regie-Debüt gelingt der jungen Regisseurin Emma Seligman eine ebenso pointierte wie witzige Auseinandersetzung um die Themen Bisexualität, Familie und Judentum.
Lola und das Meer In «Lola und das Meer» (BR, 10. Juli) von Laurent Micheli bietet ein Roadtrip die Chance auf eine familiäre Annäherung. Lola reist mit ihrem Vater, der sie bisher nie als trans Frau akzeptiert hat, an die belgische Küste, um ihre verstorbene Mutter beizusetzen.
Für ihre einfühlsame Darstellung wurde Mya Bollaers als erste trans Person mit dem belgischen Filmpreis «Magritte» ausgezeichnet. An ihrer Seite spielt der französische Kinostar Benoît Magimel.
Light Light Light Die 1980er-Jahre stehen im Zentrum von zwei Filmen, jedoch aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Der finnische Beitrag «Light Light Light» (rbb, 27. Juli) von Inari Niemi ist im Frühling 1986 angesiedelt.
In Tschernobyl explodiert ein Atomreaktor und in einem kleinen Städtchen im Westen Finnlands explodieren die Gefühle. Mimi ist die Neue in der Klasse. Mit der 15-jährigen Mariia erlebt sie ihre erste grosse Liebe. 20 Jahre später kehrt Mariia in die Heimat zurück, um sich um ihre schwerkranke Mutter zu kümmern. Und auf einmal werden die Erinnerungen an jenen Sommer wieder lebendig.
Regisseurin Inari Niemi erzählt voller Melancholie und mit lichtdurchfluteten Bildern vom Heranwachsen in einer Zeit der abstrakten Bedrohung. Entstanden ist ein ebenso mitreissender wie romantischer Coming-of-Age-Film mit Achtzigerjahre-Soundtrack.
This is not Berlin Auch in Mexiko steht die Welt im Sommer 1986 nicht still: Das Land ist zu jener Zeit Ausrichter der Fussball-WM. Während alle dem Turnier entgegenfiebern, entdeckt der 17-jährige Carlos in Hari Samas Film «This is not Berlin» (rbb, 3. August) gemeinsam mit seinem besten Freund Gera den sagenumwobenen Underground-Club «Azteca« in Mexiko-City.
Dort eröffnet sich den beiden Jungs eine unbekannte Welt aus wilden Partys, Drogenrausch und sexueller Freiheit - die auch Carlos' Beziehung zu Gera in ein neues Licht setzt. Ein Coming-of-Age-Film, der vom lustvollen Ausbruch aus bestehenden Verhältnissen handelt und zeigt, wie queere Gemeinschaft in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs entsteht.
Drifter Zwei Filme der diesjährigen Queer-Reihe spielen in Berlin: In «Drifter» (BR, 31. Juli), dem Langfilmdebüt von Regisseur Hannes Hirsch, geht es um die Suche eines jungen schwulen Mannes nach sich selbst. Moritz ist 22 und gerade von seinem Freund Jonas verlassen worden, für den er eigentlich nach Berlin gezogen war.
Moritz ändert fortan sein Aussehen und taucht ein in die Berliner Partyszene. Er lebt seine Sehnsüchte und sexuellen Fetische aus, verliert sich aber auch zunehmend in Drogenexzessen und emotionaler Entfremdung. Hirschs Film ist ein authentisches Porträt der queeren Community Berlins von heute.
Lose Your Head Auch der Technofilm «Lose Your Head» (rbb, 24. August) von Stefan Westerwelle und Patrick Schuckmann ist im Berliner Nachtleben verortet. Der Spanier Luis reist für ein Wochenende in die Hauptstadt, um sich mit Partys, Drogen und schnellem Sex von der Trennung von seinem Freund abzulenken.
Dort wird er mit dem griechischen Studenten Dimitri verwechselt, der seit Wochen verschwunden ist. Nach einer durchfeierten Nacht verliebt er sich in den mysteriösen Ukrainer Viktor, der irgendetwas mit Dimitris Verschwinden zu tun hat.
Die Regisseure nutzen die Clubs, illegalen Raves und Industrieruinen Berlins als Hintergrund für einen sinnlichen Psychothriller, in dem die Grenzen zwischen Traum, Wirklichkeit und Paranoia immer mehr verschwimmen.
Der Ornithologe Die Natur ist einer der Hauptdarsteller in João Pedro Rodrigues' «Der Ornithologe» (rbb, 17. August). Auf der Suche nach einer seltenen Storchenart ist Fernando mit seinem Kajak auf einem Fluss im Norden Portugals unterwegs.
Überwältigt von der Schönheit der Natur, gerät er in eine Stromschnelle, kentert und verliert das Bewusstsein. Als er wieder erwacht, haben ihn zwei chinesische Pilgerinnen aus dem Wasser gezogen, die ganz eigene, bizarre Pläne mit ihm haben. Fernando muss sich vor seinen Helferinnen retten und alleine durch den dichten Wald kämpfen, vorbei an mysteriösen Hindernissen und erotischen Begegnungen.
Der Film wirkt wie ein Traum, surreal und spirituell zugleich. Beim Filmfestival in Locarno wurde «Der Ornithologe» mit dem Regiepreis ausgezeichnet.
Norwegian Dream In seinem Spielfilmdebüt «Norwegian Dream» (MDR, 22. Juli) erzählt der polnisch-norwegische Filmemacher Leiv Igor Devold eine mitreissende schwule Liebesgeschichte vor der atemberaubenden Kulisse der norwegischen Fjord-Landschaft (MANNSCHAFT berichtete).
Der 19-jährige Pole Robert ist gerade dorthin gezogen. In einer Fischfabrik nahe Trondheim will er genug Geld verdienen, um die Schulden seiner Mutter begleichen zu können. Er verliebt sich in Ivar, den Adoptivsohn des Fabrikeigentümers. Doch während Ivar offen schwul ist, will Robert seine Gefühle lieber geheim halten.
Laurence Anyways Xavier Dolan ist einer der renommiertesten Regisseure des kanadischen queeren Kinos und sein 2012 entstandenes Epos «Laurence Anyways» (rbb, 10. August) gilt vielen als sein kraftvollster Film. Laurence und Fred sind ein glückliches Paar - bis Laurence seiner Frau eröffnet, ab jetzt auch als Frau leben zu wollen.
Sie beschliessen, zusammen zu bleiben, doch die neuen Herausforderungen rütteln an ihrer Beziehung. Mit exzessiven Bildern und unterlegt mit einem treibenden Soundtrack gelingt Dolan ein aussergewöhnliches Melodram über ein Paar, das versucht, allen familiären und gesellschaftlichen Widrigkeiten zu trotzen.
Der Film erhielt zahlreiche Preise, unter anderem wurde er 2012 beim Filmfestival in Cannes mit der «Queer Palm» ausgezeichnet.
When Night Is Falling Ein weiterer Meilenstein des queeren Films ist «When Night Is Falling» (rbb, 31. August) der kanadischen Regisseurin Patricia Rozema aus dem Jahr 1995: Camille arbeitet als Dozentin an einer christlichen Universität und ist mit ihrem Kollegen Martin verlobt.
Nach der Hochzeit steht eine gemeinsame Beförderung an, doch Camille ist auf vage Art unglücklich. Als sie unverblümt von der charismatischen Zirkusartistin Petra angeflirtet wird, ist da plötzlich ein ganz anderes, neues Gefühl. Rozema erzählt in sinnlichen Bildern von einer Frau, deren bisheriges Leben gehörig durcheinandergewirbelt wird.
Ein Klassiker des lesbischen Kinos der 1990er-Jahre, den das rbb Fernsehen in einer restaurierten Fassung präsentiert.
Diese LGBTIQ-Serien im Mai solltest du nicht verpassen: Von Benny Dramas chaotischem Collegeleben über queere Abenteuer auf dem Elite-Internat bis hin zu mörderischen Roadtrips (MANNSCHAFT berichtete).
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