Zürich erfasste LGBTIQ-feindliche Hassverbrechen: Erste Zahlen
Die meisten Vorfälle ereigneten in den Nächten an den Wochenenden
Im vergangenen Jahr wurden in der Stadt Zürich zum ersten Mal Hassverbrechen als solche statistisch erfasst. MANNSCHAFT hat bei der Stadtpolizei nach den ersten Zahlen gefragt.
Seit Beginn 2021 erfasst die Stadtpolizei Zürich homophob motivierte Gewalt. Das Einführen der statistischen Erfassung war die Folge einer dringlichen Anfrage der SP Zürich an den Stadtrat. Auslöser dafür war unter anderem der Fall einer pöbelnden und gewaltbereiten Gruppe im Zürcher Niederdorf, über die MANNSCHAFT berichtet hatte. Später wurde die Geschichte dann vom Tagesanzeiger aufgegriffen.
Zusammenhang mit Nachtleben «Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 68 Fälle von Hate Crimes, die zur Anzeige gebracht wurden», sagt Judith Hödl, Mediensprecherin der Stadtpolizei Zürich. In 25 Fällen sei es dabei um die Sexualität der Opfer gegangen. «In 20 Fällen gibt es eine rassistische Motivation, bei 15 Anzeigen geht es um die politische Einstellung und bei sieben um die Religion», so Hödl weiter. Ein Fall wurde ausserdem mit dem Erfassungsgrund «übrige» verzeichnet.
Die meisten der gemeldeten Vorfälle ereigneten in den Nächten an den Wochenenden. Zusammen mit der Häufung der Fälle im Stadtzentrum legt dies einen Zusammenhang mit dem Nachtleben nahe. Betreffend Jahreszeit sieht die Stadtpolizei jedoch keine signifikanten Unregelmässigkeiten in der Verteilung.
Wenig Aufwand Judith Hödl macht nochmals deutlich: «Der zusätzliche administrative Aufwand durch die statistische Erfassung ist sehr gering.» Die Mitarbeiter*innen der Stadtpolizei müssten nun lediglich mehr nachfragen, wenn es um das mögliche Tatmotiv gehe.
Viel Erkenntnisgewinn durch wenig Aufwand also. Freilich werden die Zahlen noch aussagekräftiger, wenn es im nächsten Jahr Vergleichswerte gibt. Und wenn mehr Städte Hate Crimes mitzählen; in zahlreichen Kantonen gibt es entsprechende Vorstösse.
Im Kanton Freiburg registriert man Hassverbrechen bereits seit zwei Jahren: Rund 60 Fälle pro Jahr hat die Freiburger Kantonspolizei in der Statistik erfasst, wie SRF.ch berichtet. Man geht dort jedoch davon aus, dass dies nur die «Spitze des Eisbergs» sei. Es ist grundsätzlich anzunehmen, dass die Dunkelziffer hoch ist, weil sich viele nicht trauen, homophobe Hate Crimes auf dem Polizeiposten zur Anzeige zu bringen.
Damit sich das Opfer sicher fühlt, fordert die LGBT-Helpline entsprechende Ansprechpersonen für die Anzeige (MANNSCHAFT berichtete). Dies ist bei der Stadtpolizei Zürich momentan nicht der Fall. Judith Hödl versichert jedoch, dass die Mitarbeiter*innen für das Thema sensibilisiert werden, auch durch die Arbeit von PinkCop.
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