in ,

«When Harry Met Santa»: Weihnachtswerbung aus Norwegen

Die Norwegische Post hat ihre vielbeachtete neue Weihnachtstradition mit einem anrührenden Werbeclip fortgesetzt

«When Harry Met Santa»
Szene aus dem Weihnachtsfilm «When Harry Met Santa» der Norwegischen Post (Foto: YouTube / Posten)

«Posten», so der offizielle Name der Norwegischen Post, startet mit einem vierminütigen Film in die Weihnachtszeit und erinnert damit an die Entkriminalisierung von Homosexualität im Land vor 50 Jahren.

Die Deutsche Post wirbt aktuell zum «Fest der Liebe» damit, dass man seine Weihnachtskarten mit Briefmarken gestalten könne, auf denen «individuelle Lieblingsmotive» zu sehen sind. Bei den gezeigten Beispielen ist weit und breit nichts «Queeres» zu erkennen, es ist nicht mal klar, ob die Post alle «Gay Santa»-Motive wirklich drucken würde. Beispielsweise jene, mit denen «Posten» in Norwegen aktuell LGBTIQ-Festtagsstimmung verbreitet, bei der auch lustvoll gestöhnt werden darf. (MANNSCHAFT berichtete über neue queere Weihnachtsmusik.)

Die Norwegische Post hat einen kleinen Weihnachtsfilm in Umlauf gebracht, der von Pol entwickelt und von B-Reel Film produziert wurde. Er trägt den Titel «When Harry Met Santa» und ist eine Erinnerung daran, dass in Norwegen vor 50 Jahren Homosexualität entkriminalisiert wurde.

In dem knapp vierminütigen Film (mit englischen Untertiteln) sieht man Harry und den Weihnachtsmann, die jedes Jahr einen kurzen intensiven Moment miteinander verbringen, wenn die Geschenke von Letzterem geliefert werden und er einen Moment länger bleibt, als er eigentlich müsste. Aber danach ist Harry wieder allein für den Rest des Jahres, allerdings umgeben von seiner Familie, seinen Freunden, seiner Nichte. Aber eben ohne Santa. (MANNSCHAFT berichtete über einen Comic, in dem eine Nichte ihren schwulen Onkel mit dem Weihnachtsmann verkuppeln will.)


«All I Want for Christmas Is You»
In dem Film kommt es zur Wende in der Geschichte, als Harry sich entschliesst, Santa einen Brief à la Mariah Carey zu schicken. Darin steht auf Englisch: «Lieber Weihnachtsmann, alles was ich zu Weihnachten will bist du!» Woraufhin die Geschenke am Heiligabend von einer Mitarbeiterin der Post geliefert werden und Santa sich den Abend frei nehmen kann, um Harry vorm Christbaum ohne jeden Zeitdruck zu treffen und zärtlich zu küssen.

Am Ende liest man: «2022 sind es 50 Jahre, dass man in Norwegen legal jeden lieben kann, den man möchte.»

«When Harry Met Santa»
Innige Momente unterm Weihnachtsbaum: Szene aus «When Harry Met Santa» (Foto: YouTube / Posten)

Oda Rygh von der norwegischen LGBTIQ-Gruppe FRI (Foreningen for kjønns- og seksualitetsmangfold) sagt: «Die Entkriminalisierung war der erste gewichtige Kampf und der erste wichtige Sieg. 1972 ist noch nicht sehr lange her, und es freut uns, dass Norwegen sich weiterentwickelt hat. Für viele von uns ist Weihnachten eine Zeit, die wir mit denen verbringen, die wir lieben. Es ist schön, dass die Norwegische Post zeigt, dass diese Liebe allen gehört, egal welche sexuelle Orientierung sie haben, welches Alter oder ob sie am Nordpol leben.»


Liebe gehört allen, egal welche sexuelle Orientierung sie haben, welches Alter oder ob sie am Nordpol leben

Gerade die Darstellung von zwei älteren liebenden Männern, die zueinander finden, ist inmitten der sonstigen «queeren» Weihnachtsfilme ungewöhnlich. Man denke nur daran, dass bei Netflix am 2. Dezember «Single All the Way» startet, mit dem grossartigen Michael Urie, der von seiner Mutter auf ein Blinddate mit Muskelmann Luke MacFarlane geschickt wird und sich dann zwischen diesem und seinem besten Freund, gespielt von Philemon Chambers, entscheiden muss.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Luke Macfarlane (@ten_minutes_younger)

Letztes Jahr hatte Hallmark in den USA den ersten offiziellen «LGBTIQ Holiday Movie» rausgebracht, mit den attraktiven jungen Darstellern Jonathan Bennett und Brad Harder, die als Brandon und Jake im Schnee zueinanderfinden. Männer über 50 sind in all diesen Filmen auf Väterrollen und Nachbarn reduziert. Sie sind nicht Zentrum der Liebesgeschichten. In Norwegen ist das nun anders.

Auf negative Reaktionen vorbereitet
Die Norwegische Post ist bekannt dafür, ungewöhnliche, sogar kontroverse Weihnachtswerbung zu schalten, in der bekannte Narrative auf den Kopf gestellt werden. 2019 gab es eine humorvolle neue Darstellung der Jungfrau Maria. Letztes Jahr parodierte der Weihnachtsfilm die Tweets von Donald Trump.

«Die Tradition besteht darin, in den vergangenen zwei Jahren Weihnachten jeweils mit einem schrägen Twist zu betrachten», erklärt Monica Solberg, Marketingchefin des Unternehmens. «Posten ist ein inklusiver Arbeitsplatz mit grosser Diversität, und wir wollen dieses 50. Jubiläum mit dieser wunderbaren Liebesgeschichte feiern. Letztes Jahr war der Weihnachtsmann wütend auf die Norwegische Post, weil sie ihm sein ‹Geschäft› angeblich kaputt mache. Dieses Jahr ist Santa glücklich mit uns, weil wir ihn entlasten, so dass er Zeit hat für denjenigen, den er liebt.»

Das zentrale Ziel der Kampagne sei es zu zeigen, dass die Norwegische Post nie aufhört, sich zu erneuern, so Solberg. «Abgesehen davon, dass wir die Flexibilität unserer Dienstleistungen zeigen wollen, geht es darum, ein sozial relevantes Setting zu kreieren, mit Themen, die für die Gesellschaft um uns herum wichtig sind, genauso wie sie für uns bei der Post wichtig sind.»

Man gehe zwar davon aus, dass es auch negative Reaktionen auf diesen Film geben könnte. «Aber wir sind darauf vorbereitet», sagt Solberg.

In LGBTIQ-Medien weltweit wurde der Film allerdings gefeiert. Ein Film, bei dem schwule Männer auch Bauchansatz und Falten haben dürfen und spät im Leben Liebesglück finden. Nach Jahren des Wartens. Wozu am Ende die Engelschöre in höchste Höhen schnellen. Dazu wünscht Posten: «Merry Christmas and a Happy New Year! From: All of us. To: All of us.»

Auf YouTube fordert derweil jemand Posten in einem Kommentar auf, nächstes Jahr doch bitte schön eine lesbische «Mrs. Claus» zu zeigen: «Nur dann würde das Ganze Sinn ergeben.» Worauf jemand antwortet: «Das wäre supersüss.» Eine weitere Person schlägt vor, die lesbische «Mrs. Claus» könne in einer polyamourösen Beziehung mit zwei Frauen leben, die sie zu Weihnachten wieder zusammengebracht hätte: «Das wäre noch besser!»

(Jan Fedddersen beschreibt in MANNSCHAFT Weihnachten als LGBTIQ-Fest mit Wahlverwandten.)


Friedmanns Vier

In «Friedmanns Vier» ist Tom Beck Vater eines trans Kindes

LGBTIQ News

Fast die Hälfte aller Berliner*innen wurden schon diskriminiert