Ungarn: Homophobe Fidesz-Partei feiert massiven Wahlsieg
Abgestimmt wurde auch über ein Gesetz, das LGBTIQ-Inhalte in Schulen verbietet
Nach zwölf Jahren an der Macht feiert Ungarns starker Mann einen weiteren fulminanten Wahlsieg. Schon bislang stand er wegen autoritärer Neigungen und mutmasslicher Korruption in der Kritik. Wird Viktor Orbán einfach so weitermachen?
Von Gregor Mayer, dpa
Wer Viktor Orbán kennt, weiss, dass Ungarns starker Mann alle Register der Machtausübung beherrscht, im tiefsten Inneren aber unsicher sein kann. Vor dem Wahlgang am Sonntag rechnete er zwar mit einem vierten Sieg in Folge, liess aber dennoch Zweifel durchblicken. So warf er im letzten Fernseh-Interview der Opposition ziemlich sinnbefreit «Wahlbetrug» vor, weil sie über legal zugängliche Telefondaten SMS-Botschaften an Wähler verschickt hatte.
Als am Sonntagabend die Teilergebnisse eintrudelten und schon recht bald einen massiven Wahlsieg der rechtsnationalen homophoben Regierungspartei Fidesz vermuten liessen, schien es, als ob Orban es kaum fassen konnte. Als er vor der Budapester Veranstaltungshalle, die als Schauplatz der Wahlparty diente, vor seine Fans trat, überschlug sich seine Stimme vor Triumphgefühlen.
«Wir haben einen gewaltigen Sieg errungen. Einen so gewaltigen Sieg, dass man ihn sogar vom Mond sieht, aber von Brüssel aus ganz gewiss», rief er in die jubelnde Menge. «Gewaltige internationale Kraftzentren» hätten sich gegen die Fidesz-Partei gestemmt. Es sind die üblichen Verdächtigen: «Brüssel» – das heisst die EU-, der ungarischstämmige US-Investor und Demokratie-Förderer George Soros («Onkel Gyuri»), die «internationale Linke» und die internationalen Medien.
Zerknirscht, vom Ausmass der Niederlage schockiert zeigte sich Orbans Herausforderer Peter Marki-Zay. Der Spitzenkandidat des erstmals bei dieser Wahl angetretenen Oppositionsbündnisses «Ungarn in Einheit» (MANNSCHAFT berichtete) stellte sich im Budapester Stadtwäldchen seinen Anhänger*innen. «Unter ungleichen Bedingungen, mit zusammengebundenen Beinen, mit einer Lanze im Rücken sind wir in diesen Kampf gegangen», erklärte er das Unfassbare. «Doch wir haben nicht gewonnen.»
Rémy Bonny von der LGBTIQ-Organisation Forbidden Colours erklärte am Abend via Twitter, das Ergebnis der Wahlen müsse vor dem Hintergrund von Wahlfälschung und dem Fehlen von freien Debatten betrachtet werden; ausserdem seien Minderheiten wie LGBTIQ zu Sündenböcken gemacht worden.
Abgestimmt wurde im Rahmen eines Referendums auch über ein Gesetz, das LGBTIQ-Inhalte in Schulen und vor 22 Uhr auch im Fernsehen verbietet (MANNSCHAFT berichtete). Doch die Abstimmung scheiterte, weil zu wenig gültige Stimmen abgegeben wurden (MANNSCHAFT berichtete).
Orbán regiert seit 2010 in Ungarn. Nun strebt er eine fünfte Amtszeit an, die vierte in Folge. Kritiker werfen ihm einen autoritären Regierungsstil vor. In der EU, der das Land seit 2004 angehört, hat er zahlreiche Konflikte vom Zaun gebrochen, so etwa mit Verstössen gegen das Asylrecht und Massnahmen zur Schikanierung von Zivilorganisationen. Verstörend wirkt auch seine Nähe zum Kremlherrn Wladimir Putin. Von ihm hat sich Orbán auch nach dem militärischen Angriff Russlands auf die Ukraine nicht wirklich distanziert.
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