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Schweden: Monarchie offen für homosexuelles König*innenpaar

Reichsmarschall Fredrik Wersäll hat die Entscheidung der rot-grünen schwedischen Regierung unter Premier Stefan Löfve bestätigt

Victoria von Schweden
Kronprinzessin Victoria (l.) mit Prinzessin Estelle und Prinz Daniel am schwedischen Nationalfeiertag in Tracht, 2014 (Foto: Frankie Fouganthin / Wiki Commons)

Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass in Schweden die Realität auf die fiktive Netflix-Serie «Young Royals» reagiert.

Zur Erinnerung: Als die Geschichte des schwulen Kronprinzen Wilhelm im Juli 2021 einen Splash bei Fans auslöste, endete Staffel 1 damit, dass Königin Kristina von Schweden ihrem «Wille» erklärt, dass eine gleichgeschlechtliche Beziehung nicht in Frage käme – wegen der Thronfolge und einem nötigen Erben bzw. einer Erbin. Während gleichzeitig die Mitschülerinnen in Willes Internet praktischer und zeitgemässer orientiert darüber nachdenken, wer von ihnen als Leihmutter in Frage kommen könnte, falls Wille mit Simon zusammenkommen sollte.

In den letzten Minuten der 6. Folge widersetzt sich Wille schliesslich dem von seiner Mutter angeordneten Protokoll und erklärt Simon, dass er ihn liebe. Danach steigt der Kronprinz in seine Limousine und fährt für die Weihnachtsferien nach Hause, um seine Familie zu konfrontieren – dazu hört man den Song «Revolution».

Und nun ist genau diese «Revolution» eingetreten. Die Zeitung Aftonbladet berichtet, dass der schwedische Reichsmarschall Fredrik Wersäll eine Entscheidung der rot-grünen Regierung unter Premier Stefan Löfve bestätigt hat, wonach künftig gleichgeschlechtliche Ehen bei schwedischen Kronrinzen und -prinzessinnen nicht anders behandelt würden, als andere Ehen.


Diese Entscheidung kommt einen Monat nachdem Netflix bekannt gegeben hatte, dass es von «Young Royals» eine zweite Staffel geben wird und eine Woche nachdem der niederländische Premierminister Mark Rutte eine fast wortgleiche Erklärung zur holländischen Königsfamilie abgegeben hatte (MANNSCHAFT berichtete).

Krone oder sexuelle Identität
In Schweden muss zwar ein Prinz bzw. eine Prinzessin nach wie bei der Regierung eine Einwilligung einholen, wenn er oder sie heiraten will, um in der offiziellen Thronfolge zu bleiben. Aber: Ein LGBTIQ-Royal muss sich nicht mehr zwischen Krone und sexueller Identität entscheiden, wie nun klargestellt wurde.

In den Niederlanden kann die Thronfolge allerdings von einem/einer möglichen LGBTIQ-Regent*in nur an eine*n «gesetzlichen Nachfahren» weitergehen. Was Fragen aufwirft. Premierminister Rutte sagte bzgl. der Niederlande, es sei «nicht angemessen» jetzt über diese Fragen nachzudenken, weil sich das Familienrecht mit der Zeit immer wieder verändere. Man wolle in den Niederlanden daher «diese Brücke überqueren», wenn es soweit sei. «Es hängt sehr stark von den Fakten und Umständen des Einzelfalls ab», so Rutte, «wie man sieht, wenn man zurückblickt auf die Veränderungen beim Familienrecht».


Flut von Romanen über LGBTIQ-Royals
Die Niederlande waren das erste Land weltweit, wo 2001 die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt wurde, Schweden folgte 2009. Homosexualität wurde in Schweden bereits 1944 entkriminalisiert.

Casey McQuistons Buch «Red, White & Royal Blue» in der deutschen Ausgabe

Die Öffnung eines weiteren Königshauses in Europa für eine*n LGBTIQ-Thronfolger*in kommt inmitten einer wahren Flut von Romanen, Filmen und Serien, die sich mit queeren Royals befassen. Der Bestseller «Red, White & Royal Blue» von Casey McQuiston über den britischen Prinzen Henry, der sich in Alex Claremont-Diaz verliebt, den «First Son» der USA (also den Sohn der US-Präsidentin), wird demnächst von Amazon Studios verfilmt.

Das Branchenblatt Variety verkündete, dass Matthew López die Regie übernehmen werde, nachdem er mit seinem monumentalen Werk «The Inheritance» – über mehrere Generationen schwuler Männer und ihren Umgang mit AIDS, Liebe und kulturellem Erbe – am Broadway Furore gemacht hatte und einen Tony Award gewann. (MANNSCHAFT berichtete über «Red, White & Royal Blue».)

Auch der Starautor Paul Rudnick («Sister Act», «Addams Family Values», «Jeffrey») veröffentlichte gerade mit «Playing the Palace» einen Roman mit einem schwulen britischen Kronprinzen namens Edgar, der sich in einen US-amerikanischen Eventplaner verliebt. Was die Queen höchstpersönlich dazu bringt, als «Matchmakerin» einzugreifen.

Playing the Palace
Paul Rudnicks Roman «Playing the Palace»

Bei Rudnick wird daraus eine schreiend komische Komödie über soziales Gefälle und – ja! – Privilegien. Eine Verfilmung ist auch hier vermutlich nur eine Frage der Zeit.

Prinzessin Estelle oder Prinz Oscar
Ob die Macher*innen von «Young Royals» die gesetzlichen Veränderungen in Schweden nun in Staffel 2 einarbeiten werden, muss sich zeigen. Auch muss man abwarten, wie sich das praktisch mit der Monarchie gestaltet, wenn es so weit ist. Momentan ist Prinzessin Victoria aus dem Hause Bernadotte die nächste Königin Schwedens, sobald König Carl Gustaf XVI. und Königin Silvia abtreten.

Victoria ist mit ihrem ehemaligen Fitnesstrainer Daniel Westling verheiratet und hat mit ihm zwei Kinder, die 2012 und 2016 geboren wurden. Ob Prinzessin Estelle oder Prinz Oscar irgendwann einmal Teil der LGBTIQ-Community sein werden, muss man ebenfalls abwarten.


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