Nur 300 Euro Schmerzensgeld für queeres Opfer von Hassverbrechen!

Symbolbild

Die psychischen und gesundheitlichen Folgen von Opfer von Hassverbrechen sind dramatisch. Ein Schmerzensgeld von 300 Euro wirkt lächerlich, wie ein Beispiel aus Oberösterreich zeigt.

Dieser Fall schockierte im Frühjahr ganz Österreich: Bei Razzien nahm die Polizei zahlreiche Männer und Frauen wegen des Verdachts auf Hassverbrechen fest. Den Täter*innen wird vorgeworfen, unter anderem schwule und bisexuelle Männer mit Fake-Profilen auf Dating-Plattformen im Internet angelockt und dann schwer misshandelt zu haben. Die Opfer waren laut Angaben der Polizei brutalster Gewalt ausgesetzt. Sie seien ausgeraubt, erniedrigt, schwerst verletzt und gefilmt worden. Die Täter*innen sollen die Videos in internen Gruppen und einschlägigen Foren hochgeladen haben. Mittlerweile ist es in der Causa ruhig geworden.

Nach der Berichterstattung über die brutalen Überfälle kam es in Österreich zu Nachahmungstaten (MANNSCHAFT berichtete). Auch hier wurden schwule und bisexuelle Männer auf brutale Weise attackiert, wie vor Kurzem ein Prozess in Oberösterreich zeigte. Die Berichterstattung in den Medien konzentrierte sich dabei auf die Verurteilung der Täter. Das Leid der Opfer ging unter. So wurden am Landesgericht Linz zwei Täter (23 Jahre und 21 Jahre alt) verurteilt, weil sie schwule und bisexuelle Männer überfallen haben. Auch hier erfolgte die Kontaktaufnahme über eine Dating-App.

Bei den Treffen waren die Täter maskiert und schwarz gekleidet. Sie waren mit Baseballschläger, Softgun und Messer ausgerüstet. Der 23-Jährige erhielt deswegen eine unbedingte Haftstrafe von 33 Monaten. Der 21-Jährige muss von den 21 Monaten 14 Monate ins Gefängnis. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Wenig beachtet wurde das Leid der Opfer. Beim Prozess sagte ein Mann aus, dass er seit dem Überfall unter schweren Schlafstörungen und Panikattacken leidet. Daraufhin sei auch das Arbeitsverhältnis beenden worden. Das Gericht sprach ihm lediglich Schmerzensgeld von 300 Euro zu. Der Betrag ist angesichts der psychischen und gesundheitlichen Folgen lächerlich.

Mehr als 30 Organisationen aus ganz Österreich haben gemeinsam einen Nationalen Aktionsplan gegen Hate Crimes erarbeitet. Unter dem Slogan #NAPjetzt! fordern die Pride-Organisationen die Regierung in Österreich: «Schluss mit Ankündigungen, her mit echtem Schutz!» Dazu gehöre ein Verbot von sogenannten «Konversionstherapien» sowie mehr Schutz für trans Personen. Auch eine bessere psychosoziale Betreuung von Betroffenen von Hassverbrechen wird gefordert. Diese Betreuung (wie Finanzierung von Entlastungsgesprächen und Therapiemöglichkeiten) müsse unabhängig von einer angestrebten Strafverfolgung und Privatanklage sichergestellt werden.

«Der niederschwellige Zugang zu professioneller und LGBTIQ-sensibler Prozessbegleitung für LGBTIQ-Betroffene von Gewalt und Hass ist essenziell, um sie nach einer Straftat bestmöglich zu begleiten und zu unterstützen. Wir fordern die Zuerkennung von psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung für alle Opfer von Hassverbrechen, Hate Speech und Diskriminierung und die gesetzliche Verankerung dieses Anspruchs», heisst es in dem Positionspapier.

Die Prozessbegleitung soll unabhängig vom Einkommen genehmigt werden. Betroffene sollen insbesondere kein Vermögensverzeichnis oder andere Unterlagen vorlegen müssen. «Wir fordern die Aufstockung von finanziellen Mitteln und Personal sowie die Sensibilisierung des Personals in der Sozialarbeit und sonstigen sozialen Bereichen, damit von Gewalt und Hass betroffene LGBTIQ-Personen adäquat betreut werden können», heisst es in dem Positionspapier.

Die Situation für LGBTIQ hat sich weltweit verschlimmert. Auch in Europa kann man eine strukturelle und zunehmende Queerfeindlichkeit beobachten. Die Kirchen dürfen hier nicht schweigen, fordert unser Autor in seinem Kommentar

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