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Pfefferspray gegen Demonstrierende und Verbalattacken gegen ÖVP

Wien steckt mitten im Pride Monat

Wien
Foto: Veronika Reininger

Happy Pride-Monat 2022 in Wien: Queere Impressionen zwischen Kunst, Sport, Spass und Politik. Nicht allen gefällt das.

Traditionell zur Regenbogenparade fand auch wieder der «Marsch für die Familie» von christlichen Pride-Gegner*innen statt. Einige wenige hundert Menschen nahmen hier teil. Es gab laut ORF etwa ebenso viele Gegendemonstrant*innen, die sich jedoch nicht an den Schutzbereich zwischen den beiden Gruppen gehalten hätten, so die Polizei. Es sei kurzzeitig zum Widerstand gekommen, auch Pfefferspray wurde eingesetzt. Kritik daran kam von den Grünen.

Kaum 200 Personen beim katholischen „Marsch für die Familie“, der weit rechten Gegenveranstaltung zur #ViennaPride. Eine enorme Niederlage. Hunderte linke und queere Aktivist*innen protestieren lautstark gegen den Fundi-Aufmarsch: „Halt die Fresse!“ #Pride2022 #pride pic.twitter.com/ezjyyMFtjU

— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) June 11, 2022

Am Vorabend vor 26. Parade hat mit dem «Vienna Pride Run» auch der sportliche Höhepunkt im Pride-Monat wieder real, nach zwei Jahren Corona-Pandemiepause und virtuellem Lauf, im Prater stattgefunden. Rund 150.000 Läufer*innen haben auch diesmal begeistert teilgenommen. Mit dem Ausdruck für Diversität, Liebe und Freiheit haben unter dem Motto: «Laufen für Freiheit und Sichtbarkeit» der österreichische Sportminister Werner Kogler (Grüne) gemeinsam mit der Wiener Frauenstadträtin Kathrin Gaal den diesjährigen «Vienna Pride Run» eröffnet.

«Die Vielfalt im Sport, sowie Gleichberechtigung und Akzeptanz ist hier wichtig. Daher fördern wir vom Sportministerium auch über die Initiative Fairplay viele solche Projekte im Sport», sagt Kogler und macht auch auf die bevorstehenden EuroGames im Jahr 2024 in Wien aufmerksam. Bern ist bereits im kommenden Jahr 2023 Gastgeber der Spiele (MANNSCHAFT berichtete).


Aber auch die Wiener Frauenstadträtin Gaal machte mit ihren Eröffnungsworten klar, wie sehr die LGBTIQ-Community auch von den politischen Verantwortlichen der Stadt Wien unterstützt und vor Diskriminierung beschützt werde, weil Homophobie in der Stadt auch keinen Platz habe.

Schliesslich haben auch die beiden Initiatorinnen und Veranstalterinnen des «Vienna Pride Run» namens Katharina Kacerovsky-Strobl und ihre Partnerin Stefanie Strobl bei dieser queeren Laufsportveranstaltung mit ein paar einleitenden Eröffnungsworten die zahlreichen Läufer*innen und Zuschauer*innen begrüsst.

Wien
Foto: Veronika Reininger

«Solche Side-Events bei der Parade sind wichtig, besonders beim Vienna Pride Run werden auch Familien, Nachbar*innen und Arbeitskolleg*innen eingeladen hier als solidarische Unterstützer*innen der Community dabei zu sein», sagt Kacerovsky-Strobl. Für sie sei „Vienna Pride Run“ auch ein Ort, um Mut für den Alltag zu holen, weil «hier sind wir viele zusammen, nach Hause gehen wir alleine», sagt sie. Dabei betone sie wie unterschiedlich es sei, den «Vienna Pride Run» endlich nach zwei Jahren wieder physisch zu ermöglich. Jedoch das Ziel des «Vienna Pride Run“ sei den LGBTIQ-Menschen ganz normal Platz in der Gesellschaft zu geben.


Daher gebe es ausserhalb dieses sportlichen Höhepunkts im Pride-Monat auch regelmässiges Lauftraining, die einerseits eine Anlaufstelle für junge Mitglieder der LGBTIQ-Community biete, andererseits mehr queere Sichtbarkeit im Alltag ausdrücke, um eine bessere Welt zu schaffen, wo alle akzeptiert seien, so Kacerovsky-Strobl. Aber auch ihre Partnerin und Obfrau des Run-Vereins.

Wien
Schweigeminute in Wien (Foto: Veronika Reininger)

Strobl, die dieses Jahr aus gesundheitlichen Gründen nur via Videobotschaft aus dem Krankenhaus teilnehmen konnte, sagt: «Vienna Pride Run ist eine wichtige politische Bedeutung, nach dem Motto: ,We run with pride – keep on running‘, weil jede teilnehmende Läufer*in ist wichtig, um gemeinsam ein starkes Zeichen für Akzeptanz der LGBTIQ-Community zu setzen». Unter musikalischer Begleitung mit «Don´t stop me now» von Queen geben die beiden österreichischen Politiker*innen Kogler und Gaal schliesslich den Startschuss für die zahlreichen Läufer*innen der LGBTIQ-Community aus Österreich, die in zwei Distanzen von fünf und zehn Kilometer infolge loslaufen. Auch vier Läuferinnen vom Basketballteam des grössten österreichischen LGBTIQ-Sportvereins Aufschlag sind dabei. Das beste individuelle Ergebnis ist mit siebzehn Minuten beim zehn Kilometerlauf bewertet.

Am Folgetag endlich fanden sich schliesslich rund 60 Gruppen mit mehr als 300.000 Teilnehmer*innen bei der Regenbogenparade ein. Sie gehen entlang des Wiener Rings und entgegen der Fahrtrichtung, um die verstärkte Sichtbarmachung der LGBTIQ-Community in Wien zu feiern und abzutanzen. Aber auch unter dem Motto: «Make love not war» nehmen die Ukrainer*innen auch als eigene Gruppe mit grosser solidarischer Unterstützung bei der Wiener Regenbogenparade teil. So spricht auch die Obfrau der HOSI-Wien Ann-Sophie Otte davon, dass queere Ukrainer*innen, die zuerst nach Polen flüchten, dort nicht sicher seien, weil es ein homosexuellenfeindliches Land sei.

Wien
Foto: Veronika Reininger

Daher sollten alle diese geflüchteten Ukrainer*innen auch rasch in andere europäische LGBTIQ-freundliche Länder aufgenommen werden. Auch kritisiert sie bei ihrer Rede die politische homophobe Politik der Regierungspartei ÖVP. So gebe es immer noch keinen umfangreichen vollständigen Schutz für homosexuelle Paare, weder in Kaffeehäusern noch bei der Wohnungssuche, so die Obfrau der HOSI-Wien. Das notwendig «Levelling-up» , also Diskriminierungsschutz für LGBTIQ-Menschen per Gesetz in Österreich fehle immer noch, was die homofeindliche Politik der grösseren Regierungspartei ÖVP massiv blockiere, sagt Otte.

Nach einer Schweigeminute Zeit des Gedenkens für die Opfer der Hate-Crimes und HIV-Tote innerhalb der LGBTIQ-Community folgen weitere politische Redebeiträge, wie auch eine politische Videobotschaft von dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, der von der LGBTIQ-Community bei der Abschlusskundgebung am Wiener Rathausplatz lautstark begeistert bejubelt wird. Auch politische Statements von Politiker*innen der Grünen, Sozialdemokratischen Partei und NEOS sind auf der Bühne vor Ort zu hören. Diese sind sich einig: Die homophobe politische Haltung der ÖVP müsse weg. Denn es gebe immer noch Drohungen gegen die LGBTIQ-Community, wie zum Bespiel durch das Verbrennen von Regenbogenfahnen, es sei daher mehr Schutz gegen Hass und Diskriminierung notwendig, sagt der Abgeordnete zum Nationalrat der SPÖ Mario Lindner: «Bei der ÖVP gehört endlich ein Teil der Abgeordneten auf die Oppositionsbank und ein anderer Teil auf die Anklagebank verbannt.» Die Rechte und Freiheit der österreichischen LGBTIQ-Community dürften nicht weiter blockiert werden, so Lindner.

Die Abgeordnete zum Nationalrat der Grünen Ewa Ernst-Dziedzic, die am Tag der Wiener Regenbogenparade mit ihrer Frau ihren dritten Hochzeitstag feiern dürfen, sagte: Es sei leider nur den österreichischen Gerichten, nicht aber der Politik, zu verdanken, seit drei Jahren mit ihrer Frau verheiratet zu sein. Auch betone die Grüne Nationalratsabgeordnete, wie wichtig inklusive Politik sei. «Auch das Blutspendeverbot für Homosexuelle wird ab Herbst endlich fallen und per Gesetz verankert, dafür ist ein entsprechender Gesetzesentwurf gegen die Conversionstherapie bereits im Entstehen», sagt Ernst-Dziedzic, die eine klare verbale, angriffige Ansage an den Koalitionspartner ÖVP und gegen ihre homophobe Politik machte.

Schliesslich sprach sich auch der Wiener Vizebürgermeister Wiederkehr von den NEOS dafür aus, das erste queere Jugendzentrum ab Herbst des Jahres 2022 sowie mehr finanzielle Förderungen für LGBTIQ-Projekte in Wien umzusetzen. – Im Sinne für mehr Sichtbarkeit feiert die LGBTIQ-Community mit musikalischer Begleitung und Tanz bis in den frühen Morgenstunden für Akzeptanz und Freiheit sowie für die Gleichstellung der LGBTIQ-Rechte in Österreich und weltweit.

Aber der Pride Monat ist noch lange nicht vorüber: Noch gut eine Woche ist die Ausstellung über «Queere lost places» zu sehen. Die Architekturfotografin Barbara Essl lebt in Kärnten, im südlichen Bundesland Österreich, und reist gerne durch die Weltgeschichte auf der Suche nach ihren Fotomotiven über solche «Queere Lost Places». Bei diesen Orten handelt es sich um verlassene historische Gebäude und Plätze, die die Fotografin in unterschiedlichen Kategorien mit spannenden archetektonischen Strukturen, von Krankenhäusern, alte Hotelgebäude bis zu privaten Wohnhäusern, bildhaft künstlerisch aufgenommen hat. Diese sind in Simmering zu finden, beispielsweise verlassene historische Gebäude und Plätze, wie der Friedhof der Namenlosen oder ein Teil des Zentralfriedhofs, aber auch leerstehende Werkshallen oder das besagte Schloss Neugebau gehören dazu.

Dort fotografiert Essl erstmals menschliche Porträts, die das queere Leben im Gemeindebau sichtbar machen, um diese verlassenen Plätze zu beseelen. Diese Session entwickelt die Künstlerin zu einem fotografischen Kunstprojekt. Besonderen Anteil bei ihren Fotomotiven habe sie beispielsweise an einem Simmeringer Abbruchhaus genommen, weil es sie stets sehr berühre, wie immer wieder obdachlose Menschen solche unbewohnten leeren Gebäude bewohnen, sagt Essl. Die Ausstellung mit rund 20 unterschiedlichen Porträts ist noch bis 24. Juni im Simmeringer Bezirksamt zu sehen.


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