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Marcella Rockefeller & Peter Plate: Benefizsong zum Welt-AIDS-Tag

Der alte Rosenstolz-Song «Ich hab genauso Angst wie du» wird in neuer Version veröffentlicht

Peter Plate
Zum Welt-AIDS-Tag erscheint «Ich hab genauso Angst wie du» von Marcella Rockefeller (li.) von Peter Plate (Foto: Jörn Hartmann)

Zum Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember erscheint «Ich hab genauso Angst wie du», das neue musikalische Baby von Peter Plate und Marcella Rockefeller. Ein Rosenstolz-Klassiker, neu arrangiert und mit Marcellas eindringlich rauchiger Stimme gefühlvoll interpretiert. Warum er perfekt ist als Benefiz-Song, aber auch wunderbar in die Corona-Zeit passt, haben die beiden der MANNSCHAFT erzählt.

Es ist die dritte Zusammenarbeit zwischen der Kölner Drag Queen Marcella Rockefeller und Peter Plate, der gemeinsam mit Ulf Leo Sommer deutsche Stars wie Sarah Connor, Michelle und viele andere produziert. Und es wird nicht die letzte sein.

Entdeckt hat er Marcella bei Instagram. «Ich habe sie gestalkt», erzählt Peter lachend, der noch relativ neu bei Instagram ist. „Man spielt da so rum und schaut, und Marcella fiel mir auf. Die Art, wie sie mit Menschen umgeht, so verbindend und gar nicht böse, gar nicht zynisch. So sind Ulf und ich auch textlich unterwegs – es gibt schliesslich schon so viel Zynisches auf der Welt.» Und dann hörte er sie singen!

Sie hatte ihr Cover von «Vincent» von Sarah Connor hochgeladen, erzählt Marcella. Und dafür gab es ein Like von Peter. «Und ich dachte: Oh Gott, Peter Plate! Und jetzt folgt er mir auch noch! Da fiel mir ein, ich hatte noch ein Rosenstolz-Cover und das lud ich auch noch hoch.»


Mit MANNSCHAFT überwintern – Die neue Ausgabe ist da!

Nun schrieb ihr Peter, für den Marcella wie die «Drag-Version von Rio Reiser» klingt, eine Nachricht mit dem Vorschlag, mal richtig ins Studio zu gehen und einen Song aufzunehmen. Da musste Marcella nicht lange überlegen.

Das hätte sie vielleicht auch schon früher haben können. Denn 2014 gewann Marcella alias Marcel Kaupp die Ausgabe von «Das Supertalent» und wollte damals schon eigentlich nur mit einem arbeiten: mit Peter Plate. «Ich bin mit Rosenstolz gross geworden. Das ist die Musik, die ich bei meinem Coming-out gehört habe und als das erste Mal mein Herz gebrochen wurde.» Sie schrieb also eine Mail an eine Adresse, die sie im Internet gefunden hatte, doch erhielt nie eine Antwort: Die Adresse war falsch, wie sie inzwischen weiss.

Anfang dieses Jahres erschien «Der größte Trick», im Sommer folgte zusammen mit FASO «Heller (High Heels)» und nun also: «Ich habe genauso Angst wie du». Im nächsten Jahr dann das Debütalbum von Marcella. «Das grösste Ziel, das ich je hatte!», erzählt Marcella.


Geschrieben wurden die Musik von Peter Plate und Ulf Leo Sommer – eine Mischung aus neu interpretierten Rosenstolz-Songs und neuen Songs. Marcella ist happy. Sie will sich endlich auch über die Musik mitteilen. Ihre Fans sagen ihr schon lange: «Du musst Deutsch singen, und ruhige Lieder stehen dir so gut.»

Ihr neuer Song «Ich hab genauso Angst wie du» stammt aus dem Jahr 2006 – eine Ode an das Mitgefühl, den Zusammenhalt untereinander, und gleichzeitig ein Aufruf, sich nicht zu verstellen und zu sich selbst zu stehen. Ein Thema, das Peter und Marcella darum am Herzen liegt, ist homofeindliche Gewalt und Ausgrenzung von LGBTIQ – etwa in Polen, wo sich jede dritte Kleinstadt bzw. Gemeinde damit rühmt, «LGBT-frei» zu sein (MANNSCHAFT berichtete). Eine Texttafel am Ende des Video weist darauf hin.

«Für mich ist die Situation in Polen unvorstellbar», sagt Peter. «Ich hatte 1986 mein Coming-out und ich ging davon aus, dass es immer nur bergauf gehen würde, nicht rückwärts.» Er erinnert aber auch an die vielen Kolleg*innen und Aktivist*innen in Polen, die tolle Arbeit leisten. «Es ist da nicht alles nur schlimm.»

Das Video, gedreht von Kasimir Weichert, endet mit einem schwulenfeindlichen Angriff. Den Partner im Clip spielt die Drag Queen Bambi Mercury (bekannt aus «Queen of Drags») – eine Traumbesetzung, findet Marcella. «Bambi war für mich immer einer der Guten. Er kommt auch ohne den Zynismus aus, den viele anderen einsetzen – das mag ich. Wir müssen nicht immer shady sein und anderen einen reinwürgen. Ich kann mit Boshaftigkeit nicht umgehen.»

Was bei HIV geklappt hat, sollte auch bei Corona funktionieren

Veröffentlicht werden Song und Video am diesjährigen Welt-AIDS-Tag, am 1.Dezember. Kein Zufall: Denn immer noch leben fast 38 Millionen Menschen mit HIV/Aids weltweit, in Deutschland sind mehr als 90.000 infiziert. Alle Einnahmen der Single gehen darum an die deutsche AIDS-Hilfe.

Das hat bei Rosenstolz ja schon eine gewisse Tradition: Bei den Konzerten wurde früher Geld für die AIDS-Hilfe gesammelt. Da war die Benefiz-Single «Aus Liebe wollt ich alles wissen» im Jahr 2007, und das Benefiz-Konzert in der Berliner Columbiahalle.

Peter hat einst ein Praktikum bei der AIDS-Hilfe in Braunschweig gemacht – das Thema liegt ihm seitdem am Herzen. Und als Marcella jetzt die Benefiz-Idee hatte, war er direkt dabei.

«Spenden sind nach wie vor wichtig, gerade dieses Jahr: Ohne Weihnachtsmärkte gibt es auch keine Spendenbüchsen, die sonst überall aufgestellt wurden. Und die Arbeit der AIDS-Hilfe ist immer noch wichtig: Denn wer damals die Diagnose HIV bekommen hat und erkrankt ist, musste in Frührente gehen. Diesen Menschen fehlen jetzt Beitragsjahre für die Rente, da droht schnell Hartz IV. Darum ist es wichtig, weiterhin, Geld zu spenden und der AIDS-Hilfe eine Öffentlichkeit zu geben.»

UMFRAGE DER WOCHE: Geld spenden für die AIDS-Hilfe?

Schliesslich werde im Jahr 2020, wenn alle nur noch über Corona reden, leider oft vergessen, wieviel Leid und Stigmatisierung der HI-Virus immer noch mit sich bringt.

Der Song «Ich hab genauso Angst wie Du» ist so vielseitig interpretierbar, findet Marcella. «Das kann die Angst vor HIV sein: Was ist, wenn sich mein bester Freund infiziert? Natürlich bin ich als Freund an seiner Seite. Aktuell gibt es in der Corona-Pandemie anhaltende Beschränkungen, wir haben alle Angst. Und es entsteht ein riesiger zwischenmenschlicher Schaden: Der andere Mensch ist plötzlich eine Gefahr für uns. Und ich glaube, man muss in dieser Zeit einfach sagen können: Es geht mir genauso scheisse wie dir.»


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