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Neues Meldegesetz mit alternativen Geschlechts­bezeichnungen

Gegen LGBTIQ-feindliche Hassverbrechen soll Runder Tisch kommen

trans inter
Bild: Delphotostock/AdobeStock

Der Nationalrat ermöglicht die Berücksichtigung alternativer Geschlechtsbezeichnungen und fremdländischer Namensbestandteile im Meldegesetz. Zudem herrschte Einstimmigkeit für einen Runden Tisch zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ.

Personen, die der herkömmlichen Geschlechterzuordnung von Mann und Frau nicht entsprechen, sollen künftig im Meldegesetz Berücksichtigung finden. Mit einer am Donnerstag mehrheitlich beschlossenen Gesetzesänderung soll einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) aus dem Jahr 2018 Rechnung getragen werden. Laut Regierungsvorlage gehe es konkret um Varianten der Geschlechtsentwicklung, die sich «durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts kennzeichnen» und explizit nicht um trans Identitäten – d.h. Personen, die genetisch oder anatomisch bzw. hormonell eindeutig einem Geschlecht zugewiesen sind. Daraus folge auch das Recht von inter Menschen auf eine adäquate Bezeichnung im Personenstandsregister und in Urkunden, was Anpassungen im Meldegesetz nötig mache.

Insgesamt beinhaltet die Novelle die Neugestaltung sämtlicher Anlagen zum Meldegesetz im Rahmen der Einführung alternativer Geschlechtsbezeichnungen (divers, inter, offen, keine Angabe) sowie des Feldes «Sonstiger Name».

Anstatt mit der üblichen Adressierung von Damen und Herren am Anfang seiner Wortmeldung, begann Hannes Amesbauer (FPÖ) mit der Begrüssung mannigfaltiger Arten der Geschlechtsidentität, womit er den Grund der Ablehnung der Novelle seiner Fraktion illustrierte. Er sprach von «genderideologischem Murks». Zudem untergrabe die Novelle Sinn und Zweck des Meldewesens, wie Christian Ries (FPÖ) ergänzte. Er verwies auf die weiteren Auswirkungen der Gesetzesänderung etwa auf das Passgesetz, den Strafvollzug oder die allgemeine Wehrpflicht und fragte, wie in diesen Bereichen beispielsweise mit «diversen» Personen umzugehen sei.


Die Einlassungen der FPÖ wurden von Mario Lindner (SPÖ) scharf kritisiert

Grauslich, grauslicher, FPÖ 🤮 Die Blauen lesen im #OeNR eine AfD-Rede vor & warnen vor der „Zerstörung der Gesellschaft“. Worum geht’s? Die Übernahme alternativer Geschlechtseinträge ins Meldegesetz … dieser Rechtsaußen-Kulturkampf in Trump-Manier ist nur mehr zum Speiben.

— Mario Lindner (@MarioLindner82) October 13, 2022

ÖVP-Mandatarin Johanna Jachs betrachtete die Novelle vor allem als zeitgemässe Anpassung des Meldegesetzes. Die Entscheidungen des VfGH seien für manche zwar nicht immer einfach nachvollziehbar, hätten jedoch respektiert zu werden.

Die Berücksichtigung von trans und inter Personen sei keine Frage der Ideologie, sondern der Anerkennung und Menschenwürde, erklärte David Stögmüller von den Grünen. Es gehe darum, Klarheit und Sichtbarkeit für tausende Österreicher:innen zu schaffen und das Leben für die «vulnerabelsten» in der Gesellschaft zu erleichtern. Er erwarte sich, dass solche „formalen Änderungen» im Hohen Haus zur Routine werden und sehe nicht ein, warum etwas „so Selbstverständliches“ schwer erkämpft werden müsse. Der FPÖ empfahl Stögmüller «endlich im 21. Jahrhundert anzukommen».



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Gewalt und Hassverbrechen gegen LGBTIQ
Um geeignete Massnahmen zur Bekämpfung und Prävention von Gewalt und Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Personen zu erarbeiten, sprachen sich ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS für die Einberufung eines Runden Tisches mit Vertreter*innen der Community und betroffenen NGOs aus. Auf Basis der dazu seit 1. November 2020 erhobenen Daten (beispielsweise Anzeige- und Verurteilungsstatistiken) und Erfahrungen etwa aus der Bewährungshilfe, soll der Bundesminister für Inneres und die Justizministerin gemeinsam mit den LGBTIQ-Vetreter*innen Bilanz ziehen und mögliche nächste Schritte beraten. Der Vier-Parteien-Antrag erzielte Einstimmigkeit im Plenum.

Zwei ebenfalls in diese Richtung gehende Anträge der SPÖ fanden hingegen keine Mehrheit unter den Abgeordneten. Darin fordert sie einerseits einen umfassenden Plan zum Vorgehen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit und eine gezielte Kampagne gegen deren Diskriminierung sowie andererseits die Einsetzung eines unabhängigen Expertengremiums zu dieser Thematik.

Das Thema Hassverbrechen sei kein neues, wie Nico Marchetti (ÖVP) unter Berufung auf bereits gesetzte Massnahmen des Innenministeriums erklärte. Es habe dazu bereits eine Schulungsoffensive für Exekutivbeamt*innen stattgefunden und Hasskriminalität werde seit November 2020 statistisch erfasst. Dass zwei Jahre danach nun Expert*innen auf Basis der erfassten Daten Massnahmen ausarbeiten sollen, sah Marchetti als sinnvolle Vorgehensweise. Laut Meri Diskosi von den Grünen ist es zu begrüssen, dass auch Betroffene selbst bei der Ausarbeitung der künftigen Massnahmen mitreden können.

Angesicht einer steigenden Anzahl an Hassverbrechen in den letzten Jahren bräuchte es die Umsetzung zahlreicher Massnahmen, wie sie etwa in den Anträgen der NEOS oder der SPÖ dargelegt würden, erklärte Yannick Shetty (NEOS). 10% aller LGBTIQ in Österreich seien in den letzten fünf Jahren Opfer physischer Übergriffe geworden. Diese kämen aus dem «rechten, identitären» Umfeld, aber auch aus dem migrantischen Milieu. In Gleichstellungsfragen sei von der Koalition nicht viel zu erwarten, doch seine Fraktion wolle sich beim Runden Tisch einbringen, so Shetty.

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