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Motion: Kanton Bern soll «Konversionstherapien» verbieten

Die schädlichen Behandlungen führen häufig zu schweren psychischen Traumatisierungen mit teils lebenslangen Folgen

Konversionstherapie
Foto: Rosie Sun/Unsplash

In der Wintersession des Grossen Rates des Kantons Bern wurde eine breit abgestützte Motion eingereicht, die ein Verbot von sogenannten «Konversionstherapien» fordert.

Mit diesen Therapien wird das Ziel verfolgt, Menschen mit einer homosexuellen Veranlagung zu heterosexuellen Menschen «umzupolen». Die Folge sind oft schwere psychische Traumatisierungen mit lebenslangen Folgen. Der Motion wurde Dringlichkeit gewährt, wie der Verein «Network – gay leadership» in einer Pressemitteilung erklärte, der die Motion mitinitiert hat. Sie wurde von Vertreter*innen der Grünen, der GLP, der AL, der SP, Die Mitte, der FDP und der SVP unterschrieben.

Sogenannte Konversionstherapien erfolgen jeweils in der Falschannahme, dass es sich bei Homosexualität um eine Krankheit handelt, die es zu heilen gilt. Die WHO hat anerkannt, dass es sich bei Homosexualität nicht um eine Krankheit handelt und sie deshalb bereits 1994 aus der Liste der Krankheiten gestrichen. Homosexuelle Menschen sind nicht krank und können daher per se nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung «behandelt» werden. «Solche Therapieversuche stellen einen schweren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung jener Menschen dar und sind deswegen unter Strafe zu stellen», fordert Grossrätin Anna-Magdalena Linder (Grüne).

Die sexuelle Reifungsphase homosexueller Menschen stelle von der Pubertät bis zum jungen Erwachsenenalter eine ausserordentlich sensible und gefährdete Lebensphase dar. Diese Zeit müsse einem besonderen Schutz unterliegen, sind sich die Mitunterzeichnenden aus allen grossen Berner Parteien einig.


Versuche von selbsternannten «Therapeut*innen», auf die sexuelle Entwicklung der Betroffenen durch sogenannte «Konversionstherapien» Einfluss zu nehmen, sind aus fachlicher Sicht schädlich und führen häufig zu schweren psychischen Traumatisierungen mit teilweise lebenslangen Folgen. Diese können auch für das persönliche Umfeld der Betroffenen äusserst belastend sein. Die Therapien oder sogenannten «reparativen» Behandlungen werden in seltenen Fällen von ausgebildeten Ärzt*innen durchgeführt. Diese verstossen damit gegen die Berufspflichten und können mit Disziplinarmassnahmen bestraft werden.

Daneben gibt es Coaches, Sexualberater*innen und Geistliche, die diese Therapien durchführen und wegen den fehlenden gesetzlichen Grundlagen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Genau diese Gesetzeslücke soll mit der vorliegenden Motion geschlossen werden. Auch in anderen Kantonen, namentlich in den Kantonen Genf, Basel-Stadt und Zürich werden ähnliche Forderungen diskutiert oder haben bereits Zustimmung in den Parlamenten für die Umsetzung entsprechender Gesetzesbestimmungen erhalten (MANNSCHAFT berichtete)

Die Motion «Konversionstherapie im Kanton Bern verbieten» wurde von «Network – gay leadership», dem Schweizer Verein schwuler Führungskräfte, zusammen mit Anna-Magdalena Linder (Grüne) und Barbara Stucki (GLP) initiiert und von Christa Ammann (AL), Samantha Duning (SP), Philip Kohli (Die Mitte), Hans-Rudolf Saxer (FDP) und Annegret Hebeisen (SVP) mitunterzeichnet.


Die Motion will den Regierungsrat beauftragen, die gesetzlichen Grundlagen für ein Verbot sogenannter Konversionstherapien bei Erwachsenen und Minderjährigen zu erlassen bzw. dem Grossen Rat zu unterbreiten. Zudem soll eine gesetzliche Grundlage für den besonderen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung homosexueller Menschen geschafft werden und Versuche jeglicher sexuellen Umorientierung durch Dritte unter Strafe gestellt werden. Der Motion wurde Dringlichkeit gewährt.

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