Kämpfer*innen gegen «LGBT-freie Zonen» müssen vor Gericht
92 Resolutionen gegen Queers gelten in 31% des polnischen Staates
Die polnischen Aktivist*innen, die den Atlas of Hate über LGBT-freie Zonen im Land erstellt haben, sollen im Juli vor Gericht erscheinen.
Die ersten beiden Anhörungen sind für Juli angesetzt. Das Atlas-of-Hate-Team muss vor Gericht erscheinen, weil lokalen Regierungseinheiten, die Resolutionen zur «Anti-LGBT-Ideologie» oder die Charta der Familienrechte angenommen haben, Verleumdungsklagen eingereicht haben. Sie haften für mindestens 165.000 Złoty (über 36.000 EUR). Die erste Anhörung findet am 20. Juli in Ostrołęka statt, eine weitere am 29. Juli in Nowy Sącz.
Das Atlas-of-Hate-Team besteht aus vier Personen – Kuba Gawron, Kamil Maczuga, Paulina Pająk und Paweł Preneta. Sie trafen sich im Internet während einer Welle lokaler Regierungen, die Anti-LGBT-Resolutionen verabschiedeten, um ihre Aktionen zu überwachen. Aufgrund ihrer Überwachung wurde www.atlasnienawisci.pl erstellt. Diese Karte zeigt lokale Verwaltungseinheiten, die Resolutionen zur «Anti-LGBT-Ideologie» und/oder die Familienrechtscharta der lokalen Regierung annehmen, sowie diejenigen, die gegen diese Resolutionen stimmen oder sich von ihnen zurückziehen, was einige wenige getan haben (MANNSCHAFT berichtete)
Durch den Atlas und die Arbeit der Aktivist*innen erfuhr die ganze Welt von den lokalen Anti-LGBT-Resolutionen. Die internationale Gemeinschaft ging mit Druck gegen die polnische Regierung vor und forderte die Regierung auf, ihre radikal homophobe Richtung aufzugeben. Das Europäische Parlament hat zwei Entschliessungen zur LGBT-Gemeinschaft in Polen angenommen. Westliche Partnerstädte haben die Zusammenarbeit mit ihren polnischen Partner*innen eingestellt. Darunter sind laut den Aktivist*innen Saint-Jean-de-Braye und Illingen mit Tuchów, Fermoy mit Nowa Dembia, Nieuweigen mit Puławy, Schwerte mit Nowy Sącz, die Region Mittellothringen mit der Woiwodschaft Kleinpolen und Puurs mit Dębica).
Die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, hat ein Mikroförderungsprogramm für 6 Partnerschaften mit polnischen Städten ausgesetzt (MANNSCHAFT berichtete), auch Norwegen kürzte Zuschüsse in Höhe von 8 Millionen Euro (MANNSCHAFT berichtete). Der polnische Bürgerrechtsbeauftragte Adam Bodnar reichte bei Verwaltungsgerichten 9 Beschwerden gegen Gesetze ein, die sich gegen die LGBTIQ Community richten. Jetzt müssen sich die vier Aktivist*innen Kuba, Kamil, Paulina und Paweł wegen ihres Menschenrechtsaktivismus vor Gericht verantworten.
«Wir haben damit begonnen, diese diskriminierenden Beschlüsse zu überwachen, weil wir festgestellt haben, dass sie viel weiter verbreitet sind als in den Medien beschrieben. Ich glaube, sie sind ein Symptom einer Krise in der lokalen Demokratie: Kommunalverwaltungen sollten Gemeinschaften aufbauen, die auf Respekt und Solidarität basieren, Vorurteile gegenüber der LGBTIQ nicht stärken und homophobe Gewalt effektiv zurückdrängen», so Paulina Pająk. Als Lesbe und als Bürgerin Polens wolle sie gleiche Rechte für LGBTIQ: «Gleichberechtigung der Ehe, ein würdevolles Übergangsverfahren und Schutz vor homophober Gewalt. Für alle, die ausgewandert sind, für diejenigen, die keine Gleichberechtigung erfahren haben, und für diejenigen, die nach uns kommen.»
165.000 Złoty Geldstrafe für den Kampf gegen Homophobie Die erste Anhörung des Atlas-of-Hate-Prozesses findet am 20. Juli in Ostrołęka statt, Kläger ist der Bezirk Przasnysz. Die nächste Anhörung folgt am 29. Juli in Nowy Sącz, Kläger dort ist der Bezirk Tatry. Beide Anhörungen finden online statt. Darüber hinaus wartet das Atlas-Team auf Verhandlungstermine vor den Bezirksgerichten in der Stadt Piotrków Trybunalski (im Falle des Komitats Opoczno), der Stadt Radom (Kreis Przysucha), der Stadt Tarnów (Kreis Tarnów) und der Stadt Jelenia Góra (Gromadka).
Die lokalen Beamt*innen, vertreten durch die christlich-konservative Organisation Ordo Iuris, behaupten, sie seien von den vier Aktivist*innen verleumdet worden, die über ihre Beschlüsse aufgeklärt haben. Gefordert werden Entschuldigungen, die der Atlas-Homepage zu veröffentlichen sind, das öffentliche Verlesen einer Entschuldigung auf den Stufen des Europäischen Parlaments in Brüsse und bei einer polnischen Presseagentur in einem Konferenzraum, den die Aktivist*innen mieten sollen. Auch 40.000 Złoty für eine 5-Personen-Reise nach Brüssel sollen sie übernehmen. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf 165.000 Złoty. Diese Forderungen sind höher als das Jahresgehalt von Kuba, Kamil, Paulina und Paweł. Das Atlas-Team erwartet ausserdem eine weitere Klage aus dem Kreis Gromadka. Dies würde die Kosten auf 200.000 Złoty erhöhen.
«Man kann sich für viele Jahre lang verschulden, wenn man einfach nur auf homophobe Politik hinweist», erklären die Aktivist*innen. All dieses Geld fliesst in den Haushalt eines Landes, in dem Meinungsfreiheit und Antidiskriminierung im politischen Leben in der Verfassung verankert sind – sagt Kuba Gawron. Die Geschichte der Vier sei ein Beispiel dafür, wie viel Mühe eine homophobe Regierung unternimmt, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich für Menschenrechte einsetzen.
«Repressionen gegen uns – Menschen, die sich für Menschenrechte einsetzen, werden immer stärker.» Die Aktivist*innen sprechen von einer Hexenjagd der Medien. «Indem sie uns zu einer langwierigen und kostspieligen Rechtsverteidigung zwingen, zielen öffentliche Organe darauf ab, uns zum Schweigen zu bringen. Sie tun dies auch, um andere Menschenrechtsorganisationen zu warnen, die beispielsweise LGBTIQ-Studenten vor der vom Land verübten homophoben Hexenjagd schützen wollen», so Kuba Gawron.
Egal wie oft wir verklagt werden, unser Ziel ist es, weiterzuarbeiten.
Zu Beginn der Aktivitäten habe man Kritik von Konservativen und Fundamentalist*innen erwartet. Schliesslich sei es das Ziel, die Diskriminierung von Queers in ganz Polen zu stoppen. «Egal wie oft wir verklagt werden, unser Ziel ist es, weiterzuarbeiten. Das Grundrecht auf Sicherheit für die LGBT-Community, insbesondere in kleineren Städten, hat für uns oberste Priorität. Daran wird auch keine Klage etwas ändern, denn keine Klage wird Teenagern helfen», erklärt Kamil Maczuga.
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