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«Jugendliche und junge Erwachsene greifen LGBTIQ häufig an»

Dragqueen Electra Pain wurde in der Frankfurter Innenstadt attackiert, mit der FAZ sprach sie über die Hintergründe

Electra Pain
Dragqueen Electra Pain bei einer Party in Frankfurt (Foto: Facebook / Electra Pain)

In der Innenstadt von Frankfurt am Main wurde die Dragqueen Electra Pain am vergangenen Wochenende mit Reizgas attackiert. Seither sucht die Polizei nach zwei mutmasslichen Tätern: beides junge Männer. In einem Interview spricht Electra Pain darüber, wie sicher es derzeit ist, in Frankfurt als LGBTIQ unterwegs zu sein – und warum ihr Handy eine wichtige Verteidigungswaffe ist.

Zum Hintergrund: In der Nacht zum Sonntag war Electra Pain als Dragqueen aufgestylt auf dem Weg zu einem Club im Zentrum Frankfurts. Als sie über die Konstablerwache lief, wurde sie unvermittelt attackiert und mit Pfefferspray besprüht. Als sie ihre Angreifer verfolgen wollte, knickte sie mit ihren High Heels um und blieb hilflos am Boden liegen.

Umstehende riefen einen Krankenwagen, die Sanitäter spülten ihre Augen mehrmals aus. Danach rief man ihr ein Taxi, das sie nachhause fuhr. Seither fahndet die Polizei Frankfurt nach zwei Tätern im Alter von 15 bis 18 Jahren, basierend auf Beschreibungen von Zeugen. RTL machte daraus «eine Horde Männer» und «eine feige Attacke aus dem Hinterhalt».

Electra Pain
Die RTL News Geschichte zu Electra Pain (Foto: Screenshot / RTL)

«No-go-Areas für queere Menschen»
Nach dem Angriff hat Pain ein Video gedreht und auf ihre Social-Media-Kanäle gestellt. Auf die Frage nach dem Warum, antwortet sie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: «Das war das Einzige, was ich tun konnte. Das Handy hat mir in der Vergangenheit schon geholfen, wenn ich beleidigt oder angegriffen wurde. Das Handy war für mich in Krisensituationen wie eine Waffe, mit der ich mich verteidigte.» (MANNSCHAFT berichtete darüber, dass Frankfurt als erste deutsche Stadt ein «Safe House» für queere Geflüchtete eingerichtet hat.)


So habe ein entsprechender Film der Polizei in der Vergangenheit geholfen, jemanden zu identifizieren, der sie bei einer Solidaritätskundgebung mit Eiern beworfen hatte.

Mit Verweis auf einen Amtsgerichtsprozess wegen eines Angriffs auf die Dragqueen Kween Drama fragt die FAZ, ob die Frankfurter Innenstadt (die sogenannte «Zeil») «so etwas wie eine No-go-Area» für Menschen geworden sei, «die queer sind und sich auffällig kleiden»?

Darauf antwortet Pain, dass die meisten Menschen positiv auf Dragqueens reagieren würden, die als Erscheinung natürlich extrem auffällig seien. Allerdings sagt Pain, dass im Vergleich zu vor fünf Jahren heute LGBTIQ-Personen häufiger angegriffen würden. Und zwar besonders von «Jugendlichen und jungen Erwachsenen».


Zeigen, dass die Welt bunt ist
«Hinter vielem steckt meiner Erfahrung nach einfach nur Unwissenheit», so Pain zur FAZ. «Das merke ich an manchen Kommentaren unter meinen Videos. Manche glauben zum Beispiel ernsthaft, dass man es sich aussucht, LGBT zu sein.» Deshalb finde es Pain wichtig, dass bereits in der Schule mehr Aufklärung in Bezug auf queere Themen stattfinde.

 

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Die Mehrheit in Deutschland sei zwar offener, aber es gäbe einen LGBTIQ-feindlichen Teil, der «lauter und aggressiver» werde: «Früher ist man beleidigt worden, jetzt wird es schnell handgreiflich.»

Pain habe das Gefühl, dass sich manche desto mehr aufregen würden, je mehr Rechte LGBTIQ bekämen. (MANNSCHAFT berichtete über das schwule Teddy-Paradies in Frankfurt, das unlängst mit Hakenkreuzen und Phalli beschmiert wurde.)

Ihr Fazit: «Sichtbarkeit und Aufklärung sind der einzige Weg zu Toleranz.» Deshalb lasse es sich Pain auch nicht nehmen, als Dragqueen auf die Strasse zu gehen: «Ich möchte weiter zeigen, dass die Welt bunt ist», sagt sie zur FAZ.

Electra Pain ist mit 420.000 Follwer*innen auf TikTok sehr erfolgreich. In ihren Videos gehe es – lauts FAZ – um Tanz und Comedy, Liebe, Outing und Mobbing. Privat arbeite Pain in der öffentlichen Verwaltung und lebe in Offenbach.

 

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Ein Foto ihres FAZ-Interviews teilte sie am Freitag auf ihrer Social-Media-Seite und machte es so einer grösseren queeren Öffentlichkeit zugänglich. Das Zeitungsinterview mit Matthias Trautsch befindet sich hinter einer Bezahlschranke. (MANNSCHAFT berichtete über Aufklärungsarbeit von Dragqueens in Berlin – nach schwedischem Vorbild.)


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