Johannes Kram feiert 10 Jahre Nollendorfblog
... und zahlreiche Prominente aus Kultur und Politik feiern im Berliner TIPI mit
Der Nollendorfblog wird 10. Autor Johannes Kram hat zum Jubiläum ins Berliner TIPI geladen. Und viele tolle, hauptsächlich queere Gäste sind gekommen.
Seit 10 Jahren thematisiert, analysiert und entlarvt Johannes Kram in seinem Nollendorfblog die tagtägliche Homo- und Transphobie in der deutschen Gesellschaft und Politik. 2016 war er für den Grimme online Award nominiert. Das Who is Who der queeren deutschen Kultur- und Medienszene kam nun am Dienstagabend ins TIPI, um das 10-jährige Jubiläum zu feiern.
Ralf König, Barrie Kosky und Katharina Franck, früher Sängerin der Rainbirds («Blueprint») begrüsste er als Talkgäste. Aus der Politik kamen Tessa Ganserer, die erste trans Abgeordnete (GRÜNE) im bayerischen Landtag, Klaus Lederer (LINKE), Berlins Kultursenator und der – offen heterosexuelle – Ex-SPD-Chef Martin Schulz.
«Der Sigmar ist manchmal ein bisschen emotional. Aber er hat die Ehe für alle sehr unterstützt», so Schulz zu den irritierenden Einlassungen seines Vorgängers Sigmar Gabriel, seine Partei habe die Eheöffnung im Jahr 2017 zu sehr gefeiert.
Und noch eine Botschaft hatte Schulz mitgebracht: «Wenn die Rechten in die Gesellschaft vordringen, dringen auch ihre Themen vor. Homophobie, Rassismus usw.» Man müsse bei entsprechenden Äusserungen immer direkt aufstehen und sagen: So nicht, solange ich im Raum bin! Auch Abgeordnete sollten das tun, findet Schulz. «Ich glaube, es ist Kampfeszeit.»
Ehrung für Johannes Kram und Kathrin Bertschy mit Tolerantia Award
Einige Gäste im Saal glauben, Schulz wolle sich in Stellung bringen, um nach einem eventuellen Sturz der glücklosen Parteichefin Andrea Nahles erneut die SPD-Führung zu übernehmen.
Krams erster Blog im Jahr 2009 handelte von den queeren Protesten gegen eine Eisdiele in der Schöneberger Maaßenstraße. «Meine heterosexuellen Freunde sagten: ‚Was hast du denn für ein Problem, es gibt doch keine Diskriminierung mehr. Wir haben alle gelernt’», erzählte Kram kürzlich im Magazin Siegessäule.
«Im Laufe der Zeit hatte sich jedoch einiges bei mir angesammelt, wo ich dachte: Da stimmt was nicht! Und dann attackierte in meiner Nachbarschaft in der Maaßenstraße ein Eisdielenwirt ein sich küssendes Lesbenpärchen mit dem Argument, er selber habe ja kein Problem, aber: die Kinder!» Das brachte sein Gefühl auf den Punkt, und es wurde zum Motto seines Blogs: ‚Ich habe ja nichts gegen Schwule, aber …‘ Schwul deshalb, weil er zunächst mal über sich selbst geschrieben habe.
Kein aktuelles Thema wurde im TIPI ausgelassen, nicht die Bedrohung durch die jüngsten Wahl-Erfolge der AfD in Sachsen und Brandenburg, auch nicht die seltsamen Äusserungen der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer über die Regulierung freier Meinungsäusserungen. Auch die Reform des Transsexuellengesetzes und die Transphobie-Vorwürfe gegen Ralf König kamen zur Sprache.
Barrie Kosky, der Intendant der Komischen Oper Berlin, war ebenfalls als Talk-Gast auf der Bühne. «Meine Kunst existiert nicht ohne meine Sexualität. Auch nicht ohne meine jüdische Identität», sagte er auf Krams Frage, ob sein Schwulsein für seine Arbeit eine Rolle spiele. «Es ist nicht notwendig, um die sexuelle Orientierung eines Künstlers zu wissen. Aber es macht es interessanter.»
Als Beispiel nannte er den russischen Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowski. «Wagner ist einer der queersten Künstler überhaupt», so Kosky weiter. «Er war ein Crossdresser.»
Berlins Kultursenator Klaus Lederer dazu: «Kunst ist schwul. Oder lesbisch. Oder jüdisch … Kunst ist alles – und verträgt sich nicht mit Schubladen.»
„Ohne Homophobie funktioniert der Markenkern der Konservativen nicht“
Knapp vier Stunden lang sprach Kram mit seinen spannenden Gästen, unterbrochen wurden die Interviews von Showeinlagen wie etwa der lesbischen Berliner Kabarettistin und Aktivistin Sigrid Grajek. Sie war es auch, die am Ende der Gala nochmal zum Mikrophon griff, um Kram für das zu danken, wofür die gut 300 Gäste an diesem Abend ins TIPI gekommen waren – für 10 Jahre Nollendorfblog.
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