Wieder mehr LGBTIQ-feindliche Hassverbrechen in Österreich
Allein in den vergangenen drei Monaten gab es 215 mutmasslich strafrechtliche Delikte mit queerfeindlichen Motiven
In Österreich gibt es wieder mehr Gewalt gegen sexuelle Minderheiten. Nachdem LGBTI-feindliche Gewalttaten im ersten Jahr der Corona-Pandemie zurückgegangen waren, steigen diese Zahlen jetzt wieder an, berichtet das Portal GGG.at als «Verein zur Förderung lesbischschwuler Kommunikation». Das Portal beruft sich auf aktuelle Zahlen des Innenministeriums.
Daten zu «vorurteilsmotivierten Verbrechen» werden in Österreich erst seit 1. November 2020 systematisch erfasst und gezählt. Der erste Bericht wurde im Juli 2021 präsentiert. Die Bilanz in Bezug auf Verbrechen gegen Angehörige sexueller Minderheiten ergab dabei: Zwischen November 2020 und April 2021 gab es 97 Vorfälle, 71 Mal ging es um Lesben und Schwule, 14 Mal um Bisexuelle und 12 Mal um Heterosexuelle. (MANNSCHAFT berichtete darüber, dass in Österreich «massive Fortschritte für LGBTIQ nötig wären».)
Das Innenministerium wies damals darauf hin, dass die strafbaren Handlungen, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung richteten, «vermutlich pandemiebedingt unterrepräsentiert» seien, da Übergriffe in diesem Bereich «erfahrungsgemäss häufig mit Ausgeh-, Party- und Festivalaktivitäten einhergehen». Nun gibt es für diese Einschätzung auch eine Bestätigung. Ein Grossteil der mutmasslichen Täter habe die österreichische Staatsbürgerschaft gehabt, wie GGG.at betont.
Während im 1. Halbjahr 2021 mutmasslich 160 strafrechtliche Delikte mit potenziell queerfeindlichen Motiven verübt wurden, so seien es allein in den drei Monaten danach 215 gewesen. Das gehe aus einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ an Innenminister Gerhard Karner von der ÖVP hervor, heisst es.
Körperverletzung und gefährliche Drohung Am häufigsten handelte es sich demnach um Körperverletzung: In dem Zusammenhang seien 51 mögliche Hassverbrechen gegen LGBTI gezählt worden, 25 allein in Wien. 41 Fälle beträfen Sachbeschädigung, in 33 Fällen sei es um das Delikt der gefährlichen Drohung gegangen. (MANNSCHAFT berichtet darüber, wie brennende Regenbogenfahnen Österreich aufrüttelten.)
Je elf Fälle wurden in den Bereichen der pornografischen Darstellung Minderjährigen und des Diebstahls verzeichnet. Einzelne Fälle gab es auch in den Bereichen Cyberbelästigung, Raub, Erpressung sowie des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, schreibt Herwig Hakan Mader auf GGG.at.
Öffentlich gemacht würden diese Fälle nur «sehr selten». GGG.at vergleicht die Situation mit Berlin: «In der deutschen Hauptstadt hat die regelmässige Meldung von Hassverbrechen auch dazu geführt, dass diese zum Thema werden, in der Exekutive und der Community. So soll die Exekutive einen besseren Überblick über die Problemlage bekommen und gezielter handeln können. Zusätzlich zur Meldung von Hassverbrechen wurden bis jetzt mehr als 22.000 Exekutivbedienstete in dieser Thematik geschult.» (MANNSCHAFT berichtete über die Berliner Polizei und ihren LGBTIQ-Aktionsplan.)
Nationaler Aktionsplan zu Menschenrechten Die Sozialdemokrat*innen in Österreich fordern laut GGG.at jetzt erneut einen Aktionsplan gegen queerfeindliche Gewalt. Ein entsprechender Antrag wurde zuletzt Mitte Januar von ÖVP und Grünen im Gleichbehandlungsausschuss «abgeschmettert»: Die Regierung habe einen Nationalen Aktionsplan zu Menschenrechten vereinbart, der auch den Gewaltschutz für besonders verwundbare Gruppen beinhalte, hiess es zur Begründung. (MANNSCHAFT berichtete, dass UN-Staaten Österreich zur Wahrung von LGBTIQ-Rechten aufforderten.)
Mario Lindner, als LGBTIQ-Sprecher der SPÖ, sagt dazu laut Nachrichtenportal Puls24.at: «Zu diesem Aktionsplan liegen weder Details, noch Budget oder konkrete Massnahmen vor. Man kann nicht einfach jedes gesellschaftspolitische Thema in einen NAP packen, der wahrscheinlich nie zum Einsatz kommt. Das ist einfach fahrlässige Politik.»
Puls24.at zitiert Lindner weiter mit den Worten: «Wir erleben in den letzten Monaten nicht weniger als eine Explosion von Hate Crimes gegen die LGBTIQ-Community.» Die Sozialdemokrat*innen sehen Österreich demnach im Kampf gegen LGBTIQ-Feindlichkeit «als West- und Mitteleuropas trauriges Schlusslicht».
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