Ex-«Homoheiler» arbeitet als Seelsorger für Schweizer Bistum
Ein Westschweizer Seelsorger hat Konversionstherapien durchgeführt – und es gibt noch schlimmere Vorwürfe gegen ihn.
Ein Sexualstraftäter als Domherr und ein Bischof, der womöglich alles einfach unter den Teppich kehren wollte. Das Bistum von Lausanne, Genf und Freiburg kommt nicht mehr aus den Schlagzeilen raus. Jetzt folgt der nächste Skandal: Ein Seelsorger des Bistums hat früher Konversionstherapien durchgeführt. Ein Priester wirft ihm ausserdem vor, einen jungen Ministranten sexuell missbraucht zu haben.
Das katholische Bistum Lausanne, Genf und Freiburg hat momentan mit einer Reihe von Skandalen zu kämpfen. Paul F., Domherr der Kathedrale Freiburg, soll gemäss Tamedia-Berichten 1998 einen 17-jährigen Ministranten missbraucht haben. Bischof Charles Morerod nahm dazu im Schweizer Fernsehen SRF Stellung und sah sich dann gezwungen, den Pfarrer zu suspendieren.
Zwang Bischof Missbrauchs-Opfer zum «Schwulentest»?
Morerod war gemäss Tamedia-Recherchen bereits bei seinem Amtsantritt 2011 im Besitz des entsprechenden Dossiers. Der Bischof bestreitet jedoch, schon damals von den Missbrauchsvorwürfen gewusst zu haben. Erst als ihn Tamedia mit den Vorwürfen konfrontierte, übergab er die Unterlagen der Polizei.
«Ex-Homo-Heiler» als Seelsorger Nun kommen weitere Details zu Personen aus dem Umfeld des suspendierten Pfarrers F. ans Licht. Dabei geht es um einen beim Bistum Lausanne, Genf und Freiburg angestellten Seelsorger.
Der Schweizer Boulevardzeitung Blick zufolge soll sich dieser vor einigen Jahren in Paris aktiv als «Homoheiler» betätigt haben. Mit der Gruppe «Courage – Märtyrer der Keuschheit» habe er nachweislich Konversionstherapien durchgeführt, bevor in Vevey eine Anstellung als Vikar erhielt.
Bischof findet Therapie «absurd» Das katholische Bistum Lausanne, Genf und Freiburg sagte zwar in einer Stellungnahme, dass es «absurd» sei, Homosexualität als Krankheit zu bezeichnen. Es betonte, dass der Mann während seiner Zeit als «Homoheiler» mit dem Bistum nicht in Verbindung stand. Man liess jedoch offen, ob dem Seelsorger nun irgendwelche Konsequenzen von kirchlicher Seite drohen. Es liefen momentan drei verschiedene interne Untersuchungen.
MANNSCHAFT wollte vom Bistum wissen, was die nächsten Schritte sind und ob der Mann trotz seiner Vergangenheit als «Heiler» weiterhin als Seelsorger arbeiten darf. In der schriftlichen Mitteilung zitiert die Mediensprecherin die nicht ganz direkte Antwort des Bischofs Morerod auf unsere Frage.
Es sei richtig, dass sich der Seelsorger auch um Beichten von Homosexuellen gekümmert habe. Es scheine jedoch so, dass der Mann niemals im Zuge dieser seelsorgerischen Tätigkeit eine Konversionstherapie vorgeschlagen hätte. So eine «Therapie» fände der Bischof ohnehin «absurd».
Schweissgeruch im Zimmer Es gibt noch weitere Vorwürfe gegen den Seelsorger: Auch er soll sich sexuell an einem Jungen vergriffen haben. Nicodème Mekongo, Priester in Neuenburg, sagte gegenüber dem SonntagsBlick, dass er vor etwa 10 Jahren beobachtet hatte, wie der Seelsorger mit einem jungen Ministranten auf sein Zimmer ging. Der Raum hätte anschliessend stark nach Schweiss gerochen, wie sich der Priester erinnert.
Mekongo war es auch, der dem suspendierten F. bereits Ende 2019 vorwarf, mit anderen Geistlichen eine sexuelle Beziehung zu pflegen und damit das Zölibat nicht einzuhalten. Ausserdem beschuldigte er ihn der Belästigung, da er auch mit ihm wiederholt sexuellen Kontakt suchte.
Hamburger Erzbischof kritisiert Umgang mit Homosexuellen
Weltweite Verbote In verschiedenen Ländern gehen die Regierungen zurzeit gegen die äusserst gefährlichen «Therapien» vor. In Kanada will Premierminister Justin Trudeau dir «Homoheilung» in verbieten lassen. Die Einführung eines Verbots bezeichnete er als «Top-Priorität» der neuen Regierung (MANNSCHAFT berichtete).
Wer in Deutschland die Pseudotherapien gegen Homosexualität an Minderjährigen durchführt, soll gemäss einem Gesetzesentwurf künftig mit Bussgeldern und bis zu einjährigen Gefängnisstrafen rechnen (MANNSCHAFT berichtete). In Malta gilt ein Verbot der gefährlichen Therapien schon seit drei Jahren (MANNSCHAFT berichtete). In Neuseeland dagegen möchte man Rücksicht auf die Religionsfreiheit nehmen (MANNSCHAFT berichtete).
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