Gedenken an Zerstörung des Hirschfeld-Instituts vor 90 Jahren
Wie kaum eine zweite Institution repräsentierte das Haus den liberalen Geist der Weimarer Republik
Am 6. Mai 1933 zerstörten die Nationalsozialisten das Institut für Sexualwissenschaft von Dr. Magnus Hirschfeld nahe dem Haus der Kulturen der Welt im Berliner Tiergarten. Vier Tage später wurden Teile der geraubten Bestände des Instituts bei der Bücherverbrennung auf dem Opernplatz vernichtet, dem heutigen Bebelplatz.
Die barbarische Bibliotheksschändung war nur ein Vorbote vieler weiterer Verbrechen des NS-Regimes gegen die Menschlichkeit, gegen Kultur und Wissenschaft. 1933 begann, was später in den mörderischen Vernichtungskrieg gegen Europa und im Massenmord insbesondere an Menschen jüdischen Glaubens, Sinti und Roma und auch Menschen, die nicht-heterosexueller oder nicht-cis-geschlechtlicher Identität waren, mündete. Am Vortag, dem heutigen Freitag, hat BMH-Vorstand Helmut Metzner im Berliner Tiergarten Blumen am Denkmal, das ein Lehrpult symbolisiert, niedergelegt.
Dazu erklärt Helmut Metzner (BMH): «Ich freue mich, dass nun auch der Senat von Berlin das Andenken an Dr. Magnus Hirschfeld, einen der grössten Vorkämpfer der ersten queeren Emanzipationsbewegung in Europa, künftig nicht nur weiter unterstützen, sondern noch verstärken möchte.» Hintergrund sind Pläne des neuen Berliner Senats, künftig an jedem 14. Mai einen «Magnus-Hirschfeld-Tag» zu begehen.
Am Mittwoch um 19.00 Uhr wird die BMH an Hirschfeld und sein Erbe erinnern. Zu der Gedenkveranstaltung in der Staatsbibliothek Berlin hätten sich schon über 200 angemeldete Gäste, darunter Vertreter*innen der Bundes- und Landespolitik sowie auch die eigens aus Australien angereisten Nachfahren Hirschfelds. «Die Tage zwischen dem 6., 10. und 14. Mai stehen im Zeichen des Gedenkens an die NS-Verbrechen, die Vernichtung queerer Infrastruktur und das Ende der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, sowie millionenfache Grundrechtsverletzungen, die uns auffordern: Wir dürfen nicht zulassen, wenn Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Nie wieder!», heisst es in einer Pressemitteilung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
Wie kaum eine zweite Institution repräsentierte das 1919 von Magnus Hirschfeld gegründete Institut für Sexualwissenschaft den liberalen Geist der Weimarer Republik (MANNSCHAFT berichtete). Konzipiert als Forschungs-, Lehr-, Heil- und Zufluchtsstätte ermöglichte es insbesondere allen von der heterosexuellen Norm abweichenden Menschen vielfältige Möglichkeiten der Beratung und Diagnostik, des Austausches und der Fortbildung. Darüber hinaus war das Institut bei allen weiteren Fragen zur menschlichen Sexualität eine wichtige Anlaufstelle und betrieb Ehe- und Schwangerenberatung, befasste sich mit Empfängnisverhütung, Abtreibung und der Wirksamkeit von Potenzmitteln.
Als weltweit erste und für lange Zeit einzige Einrichtung nahm das Institut somit alle, das Sexuelle betreffende Aspekte der menschlichen Existenz ernst und bezog insbesondere in Person seines Gründers Magnus Hirschfeld darüber hinaus auch in politischen und juristischen Fragen eindeutig Stellung. Beispielsweise kamen wesentliche Impulse zur Abschaffung des Paragraphen 175 des Reichsstrafgesetzbuches von Institutsmitarbeitern oder dem Institut angeschlossenen Einrichtungen.
In der Nähe des Instituts erinnert heute eine kleine Gedenktafel an die ehemalige Geburtsstunde der modernen westlichen LGBTIQ-Bewegung. Dort kommt es leider immer wieder zu Vorfällen von Vandalismus (MANNSCHAFT berichtete).
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