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Erste queere Konferenz in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Ende der Woche findet das Dialogforum statt

Holocaust
Szene aus dem Spielfilm «Bent» von 1997, der die bewegende Liebesgeschichte von zwei schwulen Männern im KZ erzählt (Foto: Channel Four Films)

Führende Historiker*innen werden sich am 29. und 30. September erstmals in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit der Verfolgung von queeren Personen beschäftigen. MANNSCHAFT hat sich auf Spurensuche über queere Menschen in Mauthausen begeben.

In Mauthausen befand sich das grösste Konzentrationslager der Nationalsozialisten auf dem Gebiet Österreichs. Das KZ Mauthausen hatte auch viele Nebenlager. Schätzungsweise wurden dort 190’000 Menschen gewaltsam festgehalten. Davon kamen 100’000 ums Leben.

Am 29. und 30. September wird in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen zum 14. Mal ein Dialogforum abgehalten. Dieses Jahr geht es in der Konferenz erstmals um die Verfolgung von queeren Personen. Zwei Tage lang werden sich führende Historiker*innen aus dem In- und Ausland in Vorträgen und Workshops mit queeren Lagergeschichten beschäftigen. Die Teilnahme ist für alle interessierte Personen kostenlos – eine Anmeldung ist erforderlich.

In Österreich wurden die nationalsozialistische Vergangenheit lange Zeit verdrängt. Jahrzehntelang wurde behauptet, dass Österreich das «erste Opfer» der Nationalsozialisten war. Doch seit der Affäre um den früheren Bundespräsidenten Kurt Waldheim im Jahr 1986 wurde die Opferthese als Lüge enttarnt. Heute ist klar, dass es unter den Österreicher*innen besonders viele Täter*innen gab. So kämpften viele Österreicher*innen zwischen 1939 und 1945 für die Wehrmacht. Eine halbe Million Österreicher*innen waren Mitglieder der NSDAP.


Besonders schwer hatten es in Österreich homosexuelle Opfer, die von den Nazis verfolgt wurden. Erst 2005 erfolgte deren Anerkennung im Opferfürsorgegesetz. Doch zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Betroffenen schon tot. Auch unter Historiker*innen galt die Beschäftigung mit homosexuellen Opfern lange Zeit als Tabuthema. Daher ist die Konferenz in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der Vergangenheit.


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Grundlage für die Inhaftierung von queeren Personen in NS-Haftstätten und Konzentrationslager war Paragraf 129 des österreichischen Strafgesetzes – laut deutschem Strafgesetzbuch war es der Paragraf 175. Queere Menschen wurden in den Vernichtungslagern mit dem «rosa Winkel» gebrandmarkt.


Die Suche nach der queeren Verfolgung in der NS-Zeit ist wegen der marginalen Quellenlage schwierig. Auch bei der Zahl der queeren Personen im Konzentrationslager Mauthausen gibt es unterschiedliche Angaben. So sind dem schwulen Geschichtsforscher, Aktivist und Autor Rainer Hoffschildt 243 homosexuelle Häftlinge im Konzentrationslager Mauthausen namentlich bekannt. Von 219 Personen hat er auch den Geburtsort herausgefunden. Sie kamen hauptsächlich aus Süddeutschland und aus Österreich.

17 Prozent waren in München und 11 Prozent in Wien geboren. Der Soziologe  und Politikwissenschaftler Andreas Kranebitter schrieb später in einem Buch, dass es in Mauthausen 187 Personen gab, die unter die Haftkategorie Paragraf 175 (rosa Winkel) fielen. Die Differenz zu den Zahlen von Hoffschildt erklärt Kranebitter damit, dass viele der in anderen Konzentrationslagern unter Paragraf 175 angegebenen Personen im Konzentrationslager Mauthausen als «Berufsverbrecher» oder «Schutzhäftlinge» registriert wurden. Die Nazis haben Menschen oft von einem Konzentrationslager in ein anderes deportiert. Dabei kam es immer wieder zu Umkategorisierungen. Der Grund für diese Umkategorisierungen ist laut Kranebitter nicht bekannt.

Somit ist es schwierig, die tatsächliche Zahl der queeren Personen in Mauthausen herauszufinden, weil eben viele queere Menschen nicht nur unter dem Paragraf 175, sondern auch unter anderen Haftkategorien registriert waren. So wurde beispielsweise Liddy Bacroff in Mauthausen als «Berufsverbrecherin» geführt. Aus ihren Selbstzeugnissen geht hervor, dass sie sich als «Transvestit» bezeichnete. Dies war damals eine übliche Selbst- und Fremdbezeichnung für trans Personen. Liddy Bacroff (1908 in Ludwigshafen geboren) wurde am 6. Jänner 1943 im Konzentrationslager Mauthausen ermordet.

KZ Mauthausen
(Bild: KZ-Gedenkstätte Mauthausen)

Das Schicksal von queeren Personen in den Konzentrationslagern war besonders schlimm. So ist bislang bekannt, dass während der NS-Zeit alleine aus Wien 100 queere Personen in ein Konzentrationslager eingewiesen wurden. Von ihnen überlebten nicht einmal 30 Prozent. 1984 wurde in der Gedenkstätte Mauthausen die weltweit erste Gedenktafel für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus enthüllt. Derzeit wird in der Gedenkstätte ein Themenrundgang unter dem Titel «Totgeschlagen – Totgeschwiegen. Queere Menschen im KZ Mauthausen» angeboten.

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