Zukunft afghanischer Queers ist unsicher – Entscheidung vertagt

Zivilist*innen am Hamid Karzai International Airport (Foto: U.S. Marine Corps via ZUMA Wire/dpa)
Zivilist*innen am Hamid Karzai International Airport (Foto: U.S. Marine Corps via ZUMA Wire/dpa)

Mit der Entscheidung, vorerst keine Charterflüge für gefährdete Menschen aus Afghanistan zu organisieren, überlässt die geschäftsführende Bundesregierung das Thema der neuen Koalition. Für Queers keine gute Nachricht.

Ob die rund 2.600 Afghan*innen mit einer Aufnahmezusage aus Deutschland noch in die Bundesrepublik einreisen können, wird die nächste Bundesregierung entscheiden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte in Berlin, «dass in den kommenden zwei Wochen nach aktuellem Stand kein Flug geplant ist». Die Visaverfahren und Sicherheitsüberprüfungen würden aber fortgesetzt.

«Unserer Kenntnis nach werden keine weiteren Personen aus Aufnahmeprogrammen von Afghaninnen und Afghanen vor dem 6. Mai im Grenzdurchgangslager Friedland untergebracht», teilte ein Sprecher der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen auf Anfrage mit. Friedland ist für die Aufgenommenen immer nur der Ort der ersten Unterbringung. Von dort aus werden sie dann innerhalb von zwei Wochen auf die Bundesländer verteilt.

Der SPDqueer Bundesvorstand fordert die Unionsparteien auf, sich in einer möglichen zukünftigen Bundesregierung an bestehende, rechtlich verbindliche Aufnahmezusagen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan zu halten. Dort werden immer wieder Menschen wegen des «Vergehens» Homosexualität ausgepeitscht (MANNSCHAFT berichtete).

«Auch queere Menschen, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung durch das Taliban-Regime droht, sind betroffen.»

Oliver Strotzer, SPDqueer

«Wir beziehen uns hier auf Presseberichte, nach denen die Union bereits getroffene Aufnahmezusagen für gefährdete Afghan*innen erneut prüfen will. Davon wären neben afghanischen Aktivist*innen, Journalist*innen und Frauen auch queere Menschen, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung durch das Taliban-Regime droht, betroffen», so Oliver Strotzer, Co-Bundesvorsitzender der SPDqueer.

«Darum ist für uns als SPDqueer ganz klar, dass die Bundesrepublik zu ihrem Wort stehen muss und die Evakuierung und Sicherheit dieser Menschen nicht in Frage gestellt werden darf. Wir haben diesen Menschen ein Zusage gegeben und auch eine humanitäre Verpflichtung, eine Rücknahme wäre aus unserer Sicht nicht nur nicht akzeptabel, sondern schlicht illegal», ergänzt Carola Ebhardt, ihren Co-Vorsitzenden.

Der SPDqueer Bundesvorstand werde in diesem Zusammenhang auch die SPD-Parteiführung um Unterstützung bitten und erwarte eine klare Absage hinsichtlich der Rücknahmeforderung in Richtung Union. «Deutschland muss sein Wort halten: Es darf keine Rücknahme von Aufnahmezusagen geben!», so Ebhardt.

«In einer Situation, in der täglich bestehende Schutzhäuser für Aktivist*innen aufgelöst werden und Betroffene zum eigenen Schutz untertauchen, ist es besonders schwierig, Strukturen vor Ort zu finden und zu erreichen, die sich für LGBTIQ einsetzen», warnten Organisationen wie die Schwulenberatung Berlin und die bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) schon vor vier Jahren.

Während der vergangenen 20 Jahre seien LGBTIQ als Zielgruppe internationaler Hilfs-und Kooperationsmassnahmen ausgeblendet werden. Jene Menschen, die sich in Afghanistan für LGBTIQ Rechte einsetzen, seien für die politischen Entscheidungsträger*innen unsichtbar.

Die Päpstliche Schweizergarde hat nach dem Tod von Papst Franziskus die Verschiebung ihrer Vereidigungszeremonie bekanntgegeben. Wie geht man dort eigentlich mit Homosexualität um? (MANNSCHAFT berichtete).

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