Der Papst, die Schweizergarde und die Lust der Geistlichen

Bild: instagram.com/dario_muzzin
Schwuler Ex-Gardist Muzzin (Bild: instagram.com/dario_muzzin)

Die Päpstliche Schweizergarde hat nach dem Tod von Papst Franziskus die Verschiebung ihrer Vereidigungszeremonie, die traditionell am 6. Mai stattfindet, bekanntgegeben. Wie geht man dort eigentlich mit Homosexualität um?

Der tote Papst wurde im offenen Sarg aus der Kapelle der Residenz Casa Santa Marta, wo Franziskus am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben war, in Begleitung einer Ehrengarde von acht Wachmännern der Schweizergarde in die Kirche getragen. An der Prozession nahmen auch zahlreiche Kardinäle teil. Dazu läutete wieder die grösste Glocke des Petersdoms das Trauergeläut.

Die Päpstliche Schweizergarde hat nach dem Tod von Franziskus derweil die Verschiebung ihrer Vereidigungszeremonie, die traditionell am 6. Mai stattfindet, bekanntgegeben. Die Zeremonie werde auf einen noch festzulegenden Termin im Herbst 2025 verschoben.

Vor ein paar Jahren klagte ein Ex-Gardist: Die Schweizer dienten nicht nur dem Schutz der Geistlichen, sondern auch als Lustobjekt. Wie er 2014 gegenüber der Zeitung Schweiz am Sonntag erklärte, habe er im Pontifikat von Johannes Paul II. von 20 Geistlichen Sexangebote bekommen. Nicht nur von Priestern, sondern auch von Bischöfen und Kardinälen soll er belästigt worden sein.

2021 dann outete sich der ehemalige Schweizergardist Dario Muzzin. Den Ausschlag dafür habe das Segnungsverbot für Homosexuelle des Vatikans gegeben, sagte er (MANNSCHAFT berichtete).

Er habe während seiner Zeit als Schweizergardist von 2014 bis 2016 schöne, lehrreiche Erfahrungen gemacht, erklärte er. Die Garde wurde zur Ersatz-Familie. «Niemals würde ich sagen, der Vatikan oder die Garde seien scheisse, weil sie Schwule ablehnen», sagt er. Hingegen störe es ihn gewaltig, «wenn man dort zu sein vorgibt, was man nicht ist.»

Die Glaubenskongregation begründete den Ausschluss von Segnungen damit, dass Homosexualität nicht im Schöpfungsplan Gottes vorgesehen und daher eine Sünde sei. Das mache ihn wütend und traurig zugleich, wie Muzzin damals gegenüber dem Tages-Anzeiger sagt. Das Coming-out soll ein Zeichen gegen die «Heuchelei und Schizophrenie im Vatikan sein».

In der Garde habe man über Homosexualität höchstens gewitzelt, für Intimität mit anderen Soldaten ist das Risiko zu gross. Wer erwischt werde, erhalte die fristlose Kündigung. Nicht aussergewöhnlich war es jedoch, dass hübsche Gardisten von hohen Klerikern Geschenke oder eine Einladung in die privaten Gemächer erhielten. So gab es auch die eine oder andere unerwartete Beförderung. Muzzin selbst erlebte während seiner Zeit im Vatikan keine solchen Avancen. Er sei auch nicht der «klassische Typ des sportlichen Hellebardiers» sagt er gegenüber dem Tages-Anzeiger.

Als Muzzin in die Schweizergarde kam, war er sich der Ablehnung der katholischen Kirche gegenüber Homosexuellen sowie des homophoben Umfelds im Vatikan bewusst. «Ich wusste ja, wohin ich ging. Ich war nicht naiv.» Es war auch nicht der von Männern geprägte Alltag, der den damals 21-Jährigen am Dienst in der Schweizergarde faszinierte, sondern die Lebenserfahrung. «Früher war ich extrem introvertiert. Die Garde wurde zum Katalysator und half mir, Selbstbewusstsein aufzubauen.»

Das Feedback auf das öffentliche Coming-out sei «nur positiv» gewesen, sagte Muzzin damals gegenüber MANNSCHAFT. Er sei sich bewusst, dass ihm die mediale Aufmerksamkeit die Mitgliedschaft in der Vereinigung ehemaliger Schweizergardisten kosten könne. Für viele Soldaten ist das Netzwerk nach der Zeit im Vatikan ein Sprungbrett für die Karriere in der Schweiz. Doch Muzzin erklärte: «Solange die Kirche aber so homophob ist, werde ich mich nicht in ihr engagieren.»

Nach dem Tod von Papst Franziskus: «Für LGBTIQ bleibt katholische Kirche eine Quelle des Leids» (MANNSCHAFT berichtete).

Das könnte dich auch interessieren