Nach Papst-Tod: «Für LGBTIQ bleibt katholische Kirche eine Quelle des Leids»

Franziskus ist mit 88 Jahren gestorben

21 April 2025, US, New York: An image of Pope Francis is seen in St. Patrick's Cathedral during a memorial service for Pope Francis who died on Monday April 21 at the age of 88
Trauer um Papst Franziskus in der St. Patrick's Cathedral (Bild: SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa)

Papst Franziskus ist tot. Er hat die katholische Kirche nach Einschätzung führender Theologen dauerhaft verändert. Schon jetzt zeichne sich seine historische Bedeutung ab. Aus queerer Sicht allerdings weniger.

Der am Montag verstorbene Papst Franziskus hat die katholische Kirche nach Ansicht des Theologen Daniel Bogner dauerhaft verändert. «Papst Franziskus wird zweifellos als grosser Papst in die Christentumsgeschichte eingehen», sagte Bogner, Professor für Moraltheologie und Ethik an der Schweizer Universität Fribourg, der Deutschen Presse-Agentur. Unter anderem durch seinen einfachen Lebensstil habe er mehr bewirkt als andere vor ihm.

«Die bleibende Aussage seines Pontifikates ist es, dass die Kirche nicht für sich selbst da ist, sondern um in der Aussichtslosigkeit unserer Zeit von Hoffnung und einem besseren Leben Zeugnis zu geben», so der 52 Jahre alte Bogner. «Papst Franziskus könnte als derjenige Papst in die Geschichte eingehen, der die notwendigen ersten Schritte zu einer echten Reform der Kirche gewagt hat.»

Der britische LGBTIQ-Aktivist Peter Tatchell erklärte am Montag: «Ich möchte den Katholiken weltweit mein herzliches Beileid zum Tod von Papst Franziskus aussprechen. Obwohl wir in Fragen der LGBTIQ-Rechte oft unterschiedlicher Meinung waren, würdige ich seinen mitfühlenderen Ton gegenüber sexuellen Minderheiten.» Seine jüngsten Schritte, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, wenn auch mit Einschränkungen, hätten einen kleinen, aber bedeutenden Wandel in der Kirchenlehre signalisierten.

«Für Millionen von LGBTIQ-Menschen weltweit bleibt die katholische Kirche jedoch eine Quelle der Diskriminierung und des Leids.»

Der Theologe Michael Seewald sagte, Franziskus sei ein «Reformpapst» gewesen, dies aber «auf seine eigene Weise». Er habe sich den Erwartungen kirchlicher Reformkräfte oft entzogen. «Es ist ihm jedoch gelungen, Verkrustungen aufzubrechen. Wie Franziskus zum Beispiel mit wiederverheiratet Geschiedenen oder gleichgeschlechtlichen Paaren umging, hat die Kultur des kirchlichen Miteinanders tiefgreifend verändert.»

In der Praxis jedoch änderte sich wenig. Er machte den Weg frei zur Segnung homosexueller Paare und traf sich noch letzten Sommer mit LGBTIQ-Aktivist*innen Ugandas (MANNSCHAFT berichtete). Aber Lockerung des Zölibats oder Priesterweihe für Frauen - mit ihm nicht zu machen.

Im Juli 2013 sagte Franziskus auf dem Rückflug von einer Brasilien-Reise: «Wenn jemand schwul ist, und er den Herrn sucht und guten Willen zeigt, wer bin ich, das zu verurteilen.»

Es gab auch ganz andere Äusserungen: So soll er sich vor einem Jahr so über «zu viel Schwuchtelei» in den Priesterseminaren beklagt haben. Später hatte sich Papst Franziskus offiziell für die Äusserungen entschuldigt: Es gebe in der Kirche für alle Platz (MANNSCHAFT berichtete).

Eine «verbeulte Kirche» nah bei den Nöten der Menschen sei ihm dabei lieber gewesen als eine sterile Kirche, die um sich selbst kreise, sagte der Dogmatik-Professor aus Münster. «Seelsorgliches Handeln, das den Einzelnen jenseits dogmatischer Scheuklappen in den Blick nimmt, war ihm unglaublich wichtig.» Der Synodale Prozess, den er angestossen habe, sei «der grösste Beratungsprozess in der Geschichte der katholischen Kirche».

Das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes könnte sich nach Bogners Erwartung länger hinziehen. Franziskus habe das Kardinalskollegium in seiner Amtszeit stark nach seinem eigenen Stil umgestaltet. «Da sein eigener Stil aber gerade Vielfalt und Unterschiedlichkeit beinhaltet, könnte es durchaus zu einem längeren Meinungsbildungprozess kommen», sagte Bogner.

Wer wird nun auf Franziskus folgen? Bereits seit geraumer Zeit wird spekuliert, dass bald einmal ein Papst aus Afrika kommen könnte. Am häufigsten hört man inzwischen den Namen des Erzbischofs von Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo: Fridolin Ambongo Besungu. Der 65-Jährige gilt im Vergleich zu seinen Kardinalskollegen aus Europa und Nordamerika als recht konservativ. Er gehört ausserdem zu den wichtigsten Kirchenvertretern Afrikas.

Die Öffnung für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren sah er - wie viele Katholiken in Afrika - sehr kritisch. «Der afrikanische Kontinent erlebte das als kulturelle Kolonialisierung des Westens», kommentierte Besungu den überraschenden Schritt von Papst Franziskus.

Auch als potenzieller neuer Papst gehandelt wird Raymond Burke: Der 76 Jahre alte Kardinalpriester aus den USA, ehemaliger Erzbischof von St. Louis, galt als einer der härtesten Gegner des verstorbenen Papstes. Der konservative Hardliner kritisierte selbst vorsichtige Reformversuche wie Segnungen für homosexuelle Paare. Grössere Änderungen wie Abschaffung des Zölibats oder Frauen als Priester sind für ihn schon gar nicht zu machen. Burke gilt als jemand, den das Weisse Haus gern als Papst sehen würde. Allerdings werden seine Chancen als eher gering beurteilt.

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