«Besorgniserregend» – Dreht Vietnam bei LGBTIQ-Rechten die Zeit zurück?
Was steckt hinter der Absage der Pride in Ho-Chi-Minh-Stadt?
Nach der Absage mehrerer Pride-Veranstaltungen wächst die Sorge, Vietnam könnte seine bisher tolerante Haltung gegenüber LGBTIQ zurückfahren.
Vietnam galt lange als positives Beispiel in Asien, wenn es um Fortschritte für Queers geht.
Doch jüngste Entwicklungen lassen Aktivist*innen zweifeln, berichtet die Times of India. Ende September wurde die zentrale Pride-Parade in Ho-Chi-Minh-Stadt überraschend gestrichen – ebenso mindestens fünf weitere Veranstaltungen mit LGBTIQ-Bezug. Die Entscheidung kam ohne offizielle Begründung und traf die Community hart.
Während in der Hauptstadt Hanoi die Pride wie geplant stattfinden konnte, deutet vieles darauf hin, dass es sich um eine lokale Massnahme handelt – nicht um ein nationales Verbot.
Dennoch interpretieren Beobachter*innen die Absagen als Zeichen einer wachsenden Vorsicht innerhalb der politischen Führung. Laut Times of India könnte der Schritt Teil einer breiteren Reaktion auf jugendliche Protestbewegungen sein, die mehrere asiatische Regierungen unter Druck setzen.
«Das könnte mit internen Machtkämpfen zu tun haben – niemand will in dieser Phase Risiken eingehen oder sich mit kontroversen Themen angreifbar machen.»
Patricia Gossman, Direktorin Human Rights Watch Asien
Patricia Gossman, stellvertretende Direktorin bei Human Rights Watch für Asien, erklärte, es gebe «besorgniserregende Anzeichen» für ein mögliches Zurückrudern: «Das könnte mit internen Machtkämpfen zu tun haben – niemand will in dieser Phase Risiken eingehen oder sich mit kontroversen Themen angreifbar machen.»
Vom Vorzeigeland zum Wackelkandidaten? Vietnam hatte sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als vergleichsweise fortschrittliches Land in der Region erworben. 2015 wurde das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen symbolisch aufgehoben – auch wenn solche Verbindungen bis heute nicht rechtlich anerkannt sind. Im selben Jahr wurde der Zivilkodex reformiert, um Personen eine rechtliche Geschlechtsänderung zu ermöglichen.
Pride-Märsche in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt etablierten sich als jährliche Fixpunkte. Ein weiterer Meilenstein folgte 2022, als das Gesundheitsministerium klarstellte, dass Homosexualität «keine Krankheit» sei und weder «geheilt» noch «konvertiert» werden könne (MANNSCHAFT berichtete).
Ungewisse Zukunft Vor diesem Hintergrund trifft der aktuelle Kurswechsel viele unerwartet. Noch ist unklar, ob die jüngsten Absagen Einzelfälle bleiben oder den Beginn einer restriktiveren Politik markieren. Die LGBTIQ-Community in Vietnam blickt mit gemischten Gefühlen nach vorn: zwischen Hoffnung auf Dialog – und Sorge, hart erkämpfte Freiräume zu verlieren.
Wie kein anderes Paar setzen sich Florin Buhuceanu und Victor Ciobotaru für die Community in Rumänien ein. Für das Recht auf Partnerschaft haben sie ihr Heimatland sogar vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt – und gewonnen (MANNSCHAFT-Story).
Das könnte dich auch interessieren
Schweiz
Drag Queens gegen Zombies – und mehr queere Filmhighlights in Genf
Das Geneva International Film Festival präsentiert erstmals wieder zahlreiche Produktionen, die queere Lebensrealitäten, Geschichte und Körperlichkeit in den Fokus rücken.
Von Newsdesk Staff
News
Drag
Kultur
Film
USA
Trump ehrt ultrarechten Charlie Kirk mit Freiheitsmedaille
Mehr als einen Monat nach dem Tod Charlie Kirks ehrt Trump den rechten Aktivisten. Fast zeitgleich macht sein Aussenministerium mit einer Drohung Ernst.
Von Newsdesk/©DPA
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Religion
News
Europa
Queere Solidarität: Grosse Prides helfen kleineren Prides
Am Wochenende fand in Barcelona die jährliche Konferenz der Europäischen Pride Organisationen statt. Ein Vertreter aus Magdeburg berichtet von solidarischen Vorhaben.
Von Michael Freckmann
Pride
Queerfeindlichkeit