«Verbotenes Begehren» – Zweiteilige Doku über verfolgte Homosexuelle

Szene aus dem Dokumentarfilm «Verbotenes Begehren» (Foto: Arte)
Szene aus dem Dokumentarfilm «Verbotenes Begehren» (Foto: Arte)

Eine junge Frau wird zur «Heilung» in Psychotherapie geschickt, weil sie lesbisch ist. Ein Mann sitzt Jahre im KZ, weil er schwul ist. Die Dokumentation «Verbotenes Begehren» zeigt Schlaglichter queerer Geschichte.

Es gab Zeiten in Deutschland, da wurden lesbische Frauen und schwule Männer aufgrund ihrer Sexualität verfolgt, entrechtet und ermordet. Davon erzählt die Doku «Verbotenes Begehren». Sie hat zwei Teile. Der erste «Margarethe und Leonie» spielt im Wien des Jahres 1919: Sigmund Freud (Karl Markovics) soll die junge Margarethe Csonka (Christina Cervenka) von ihrer Schwärmerei für eine preussische Baronin «heilen», woraus nichts wird, da er sie gar nicht für krank befindet.

Immerhin wurde eine derartige «Unzucht» mit fünf Jahren Kerker bestraft, was in Österreich auch für Frauen galt. Margarethe unternahm mehrere Selbstmordversuche, die sie alle überlebte – sie wurde 99 Jahre alt.

An ihrem Beispiel erzählt der Film, wie sich im Wien und Berlin der 1920er Jahre erstmals ein gewisses Selbstbewusstsein unter homosexuellen Menschen entfalten konnte – in einer heteronormativen Gesellschaft, die jedwedes Anderssein als Krankheit oder gar als Straftat betrachtete.

Der zweite Teil der Dokumentation heisst «Der Mann mit dem rosa Winkel» und spielt ebenfalls in Wien, aber Ende der 1960er Jahre. An einem geheimen Ort erzählt Josef Kohout (Stefan Gorski) dem Autor Hanns Neumann (Pseudonym: Heinz Heger) von seiner Zeit als Gefangener. Als schwuler KZ-Häftling mit dem rosa Winkel gebrandmarkt, wurde Kohout ab Herbst 1939 über fünf Jahre lang in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Flossenbürg interniert.

Er überlebte, indem er sich «sexuell gefügig» verhielt und von Lagerältesten ausgebeutet wurde. Abgesehen von einem Bezugsschein für einen Gasherd, wurde Kohout nach 1945 jegliche finanzielle Entschädigung als NS-Opfer verweigert, da homosexuelle Männer in Österreich und in Deutschland weiterhin als Kriminelle galten.

Die Dokumentation von Autor Fritz Kalteis zeigt klar und deutlich, wie die Nazis die lesbisch-schwule Subkultur, die in der Zwischenkriegszeit vor allem in Berlin aufblühte, brutal zerstörten – homosexuelle Männer und Frauen wurden ins KZ gesteckt, kastriert oder ermordet.

Die Verfolgung und Diskriminierung ist nach dem Ende der Diktatur nahtlos fortgesetzt worden. In dem gut recherchierten Film kommen Historiker*innen, Soziolog*innen und Publizist*innen zu Wort, in den eindrücklichen Spielszenen wenden sich die Hauptfiguren direkt an die Zuschauer*innen.

Margarethe Csonka hat nie eine Partnerin gefunden, sich aber das Recht, als Frau auch Frauen zu lieben, nicht mehr nehmen lassen. Nach den Erinnerungen von Josef Kohout erschien 1972 das Buch «Die Männer mit dem rosa Winkel», der erste Erfahrungsbericht eines schwulen Mannes in einem KZ.

Der stigmatisierte rosa Winkel wandelte sich durch den Mut von Kohout, der einen langjährigen Partner hatte und kurz vor seinem Tod 1994 die Anrechnung seiner KZ-Haft auf die Rente erkämpfte, zu einem mit Stolz getragenen Zeichen für viele Schwule und Lesben. Letztlich haben zwei mutige Menschen nach einem beharrlichen Kampf über ein unmenschliches Regime triumphiert.

Die zweiteilige Dokumentation «Verbotenes Begehren» läuft diesen Donnerstag ab 20.15 Uhr auf Arte.

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