Hass auf Queers: Ugandas Mütter kämpfen mit Liebe
Zwei Jahre nach dem Anti-Homosexuellen-Gesetz
In Uganda kann gleichgeschlechtliche Liebe mit lebenslanger Haft oder sogar der Todesstrafe bestraft werden. Trotzdem wählen in diesem Land einige Eltern den gefährlichsten Weg überhaupt: den der bedingungslosen Liebe.
Statt sich von Angst oder gesellschaftlichem Druck treiben zu lassen, stehen sie offen zu ihren queeren Kindern – und riskieren dafür alles.
Eine von ihnen ist Mama Joseph. Ihr Sohn lebt offen schwul – er weiss, dass das Bekenntnis zur eigenen Identität für ihn tödlich enden kann. «Ich habe meinen Sohn hier in Uganda grossgezogen. Sehr afrikanisch – und sehr queer», sagt sie im Gespräch mit DW. «Wer behauptet, Queerness sei unafrikanisch, kennt unsere Kinder nicht.»
Mama Josephs Geschichte widerspricht der gängigen Propaganda, nach der queeres Leben eine «westliche Erfindung» sei. «Er hat kein ausländisches Fernsehen geschaut, war nie auf einem Internat. Ich habe ihn hier grossgezogen, in unserer Kultur.» Doch ihre Offenheit hat einen Preis: Nachbar*innen meiden sie, Verwandte drohen ihr. Trotzdem bleibt sie bei ihrem Kind.
Auch Mama Arthur, deren Sohn sich 2021 outete, entschied sich für die Liebe. Zuerst habe sie Angst gehabt, sagt sie. «Aber dann sind wir den Weg gemeinsam gegangen.» Ihr Fazit: «Queere Kinder werden oft verurteilt – dabei sind sie wunderbare Menschen.»
«Viele Eltern verstoßen ihre Kinder, und die Kirche schaut zu»
Mama Thandi, Südafrika
Die porträtierten Mütter sind gläubig, viele treffen sich regelmäßig zum Beten, Reden, gegenseitigen Stärken. Was sie verbindet: Sie sagen Nein zu Hass – auch wenn das bedeutet, sich gegen Kirchen, Nachbarschaften oder sogar das eigene Familiennetz zu stellen. Sie protestieren nicht auf der Straße, sondern in Wohnzimmern. Mit offenen Armen statt mit Parolen.
Doch der Preis für diese Haltung ist hoch: Drei andere Mütter, deren Kinder 2016 und 2022 verhaftet wurden, verloren ihre Lebensgrundlage. Eine verkaufte ihre einzige Kuh für Anwaltskosten, eine andere musste mit ihrer Tochter vor einem gewalttätigen Ehemann fliehen.
In Südafrika, wo queere Rechte gesetzlich geschützt sind, kämpfen Mütter wie Mama Thandi dennoch mit ähnlichen Problemen. «Viele Eltern verstossen ihre Kinder, und die Kirche schaut zu», sagt sie. «Ich möchte, dass Eltern ihre Kinder lieben, damit auch die Gesellschaft lernt, sie zu lieben.»
Für viele queere Menschen in Afrika ist es genau diese familiäre Liebe, die sie vor psychischer und physischer Gewalt schützt – oder eben nicht. Die neue Generation von Müttern will diesen Kreislauf durchbrechen.
«Ich werde mein Kind nicht aus Scham begraben»
Mama Joseph, Uganda
Ugandas Präsident Museveni unterzeichnete das Anti-Homosexuellen-Gesetz im Mai 2023 (MANNSCHAFT berichtete). Seither sind Angriffe auf queere Menschen, Verhaftungen und Vertreibungen an der Tagesordnung. Die UN fordert die Abschaffung des Gesetzes – doch die Regierung bleibt hart.
Inmitten dieser Repression setzen Mütter wie Mama Joseph und Mama Arthur ein leises, aber starkes Zeichen. «Ich werde mein Kind nicht aus Scham begraben», sagt Mama Joseph. «Wir haben schon zu viele begraben.»
Was sie tun, ist keine laute Revolution. Es ist eine stille – eine der Liebe, der Zärtlichkeit, des Widerstands in kleinen Gesten. Und vielleicht ist genau das die Art von Revolution, die Uganda am dringendsten braucht.
Mehr: Die Demo für lesbische Sichtbarkeit findet jährlich am Tag vorm CSD in Berlin statt. Diesmal war alles ein bisschen anders. Aber die Stimmung war – im Gegensatz zu 2024 – weitgehend friedlich und ausgelassen (MANNSCHAFT berichtete).
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