«Troja»: Stephen Fry auf den homoerotischen Spuren Homers
Der britische Schauspieler und Autor schildert den Trojanischen Krieg neu
Die «Ilias» gehört zu den Ursprüngen der europäischen Kultur. In «Troja» werden die teils sehr homoerotischen Geschichten um Achill, Hektor und Paris nun neu erzählt – vom LGBTIQ-Aktivisten Stephen Fry
Für den Abschluss seiner Mythen-Trilogie nimmt sich der Brite Stephen Fry eine der grössten Geschichten der Menschheit vor: Nach seinen erfolgreichen Bänden «Mythos» (über die Eskapaden der griechischen Götter) und «Helden» (über die Abenteuer antiker Heroen) erzählt der 65-jährige LGBTIQ-Komiker, Moderator und Autor in «Troja» auf fast 400 Seiten nun den Krieg um die sagenumwobene Stadt.
Ihr hatte vor mehr als 2700 Jahren der griechische Dichter Homer mit seiner «Ilias» ein ewiges Denkmal gesetzt. Seitdem sind etwa die Kampfkunst des griechischen Halbgottes Achill, der edle Mut seines trojanischen Gegenspielers Hektor, Odysseus‘ Listenreichtum und Helenas Schönheit eingebrannt in das kulturelle Denken Europas.
«Dichter müssen diese Geschichte immer wieder besingen, sie von Generation zu Generation weitertragen», sagt Fry. «Denn wenn wir Troja verlieren, verlieren wir einen Teil von uns.»
«Bienenstock, dessen Honig reif für die Ernte war» Wie unzählige Bearbeitungen vor ihm erzählt auch Fry die bekannte Story vom brutalen Feldzug, an deren Anfang Troja-Prinz Paris Aphrodite als die schönste Göttin auswählt und dafür Helena, die Gattin von Sparta-König Menelaos, als Geschenk erhält. Der gehörnte Ehemann und seine griechischen Verbündeten ziehen aus Rache gegen die Festung im Westen der heutigen Türkei. Erst rund zehn Jahre später wird die List mit dem hölzernen Pferd die Stadt offenlegen wie einen «Bienenstock, dessen Honig reif für die Ernte war».
Fry überträgt das komplexe Gerüst des Homer-Epos in eine lebhafte, detailreiche Prosa. Es ist ein Genuss, egal ob man den Troja-Mythos erstmals liest oder schon tiefe Kenntnis über die «Ilias» besitzt.
Dabei ist sein Stil an einigen Stellen durchaus vom antiken Dichter inspiriert, indem er etwa pedantisch Familienverhältnisse, Stammbäume und Herkunftsorte teils seitenlang aufführt. «Haben Sie Nachsicht mit mir», schreibt er über sein «Feuerwerk der Geografie und Genealogie». Für Kenner*innen des griechischen Mythos sind solche Stellen allerdings eine Freude.
Während Fry in den Vorgänger-Bänden noch stärker auf den Effekt seines Witzes setzte, so kommt doch auch «Troja» nicht gänzlich ohne britischen Humor aus. «Heirate Klytämnestra!», lässt er etwa Odysseus zu Mykenes König Agamemnon sagen. «Was soll schon schief gehen?» Wenn der Ehemann in spe nur wüsste!
Verherrlichung von Pädophilie? Die griechische Antike war für homosexuelle Männer in der Vergangenheit immer wieder ein besonderer Bezugspunkt, wegen der scheinbar offeneren Haltung der Gesellschaft damals in Bezug auf Liebesbeziehungen zwischen Männern (MANNSCHAFT berichtete). Allerdings gab es in letzter Zeit vermehrt Vorwürfe, dabei würde Pädophilie verherrlicht.
Bis in die 1950er Jahre hinein galt das Wort «Grieche» im deutschen Sprachgebrauch oft als Synonym für «homosexuell», in den Zwanzigern zelebrierte der schwule Regisseur Erik Charell am Grossen Schauspielhaus in Berlin in seinen Revuen die Nacktheit der Griechen (und damit verbunden ihre erotischen Freiheiten) als modernes Ideal. In einem Programmheft hiess es damals «Die Welt wird nackt» und alle zu «Griechen». Marlene Dietrich spielt damals in den Charell-Revuen mit und sammelte erste Bühnenerfahrungen.
Und natürlich war Wolfgang Petersens Film «Troja» 2004 ebenfalls ein von Homoerotik durchzogenes Starspektakel mit Brad Pitt, Orlando Bloom und Eric Bana in den Hauptrollen – weitestgehend entkleidet und mit schweissüberzogenen Muskelkörpern. Derzeit kann man den Film bei Netflix streamen.
(mit dpa)
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