Stadt Bern will Quote für FLINTA einführen

Aktuell liegt der Frauenanteil in der Kaderstufe bei 38 Prozent

Teilnehmende der Bern Pride 2024.
Bern Pride im August 2024. (Bild: BernPride 2024 / Jana Leu)

Ab 2026 sollen mindestens 50 Prozent der städtischen Führungspositionen von Frauen, inter, trans, nicht-binären und agender Personen besetzt werden.

Die Stadt Bern strebt eine Neuerung in der Personalpolitik an: Mindestens 50 Prozent der städtischen Führungskräfte sollen gemäss Der Bund künftig von FLINTA besetzt werden – das umfasst heterosexuelle, lesbische und bi Frauen sowie intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans- und agender Personen. Wenn umgesetzt würde diese Massnahme die bestehende Frauenquote ablösen und die Stadt Bern zur Vorreiterin im Bereich Gleichstellung unter öffentlichen Arbeitgebern in der Schweiz machen.

Der Stadtrat stimmte einem Antrag der Juso zu, die bisherige Frauenquote von 40 Prozent im Führungskader auf 50 Prozent FLINTA zu erhöhen. Aktuell liegt der Frauenanteil bei 38 Prozent, nachdem er 2018 noch bei 28 Prozent lag. Für Juso-Stadträtin Paula Zysset ist es unverständlich, warum man sich nicht ein ambitionierteres Ziel setzen sollte: «Wir sind der Meinung, dass das mindestens 50 Prozent sein muss», betonte sie im Stadtrat.

Die neue Quote soll nicht nur Frauen berücksichtigen, sondern auch die Vielfalt der Geschlechter widerspiegeln. Das bisherige binäre Geschlechtermodell sei überholt, so Zysset weiter. Ein Novum in der Schweiz: Bisher gibt es keine gesetzlichen Grundlagen für eine solche FLINTA-Quote, erst kürzlich hatte der Bundesrat hat die Einführung eines dritten Geschlechts abgelehnt (MANNSCHAFT berichtete).

Daher ist der Weg zu einer praktischen Umsetzung noch nicht ganz geklärt. Das Personalamt der Stadt Bern erfasst nur, ob sich jemand als Mann oder als Frau identifiziert. Eine Umstellung der Datenbanken wäre technisch machbar, wie Amtsleiter Urs Röthlisberger gegenüber Der Bund erklärt, doch bleibt die Frage, wie der Persönlichkeitsschutz gewahrt werde. Eine Zwangsdeklaration des Geschlechts soll vermieden werden, betonte Zysset. Stattdessen solle die Quote auf freiwilliger Selbstdeklaration beruhen.

«Cis Männer besetzen seit jeher die deutliche Mehrheit der Führungsposten in der Stadt Bern.»

Paula Zysset, Juso

Diskriminierung gegen Männer?

Der Bund will von Zysset wissen, ob eine solche Quote cis Männer benachteiligen könnte. Immerhin dürften nach dem neuen Modell höchstens 50 Prozent der Führungsposten mit cis Männern besetzt werden. Die Stadträtin weist diesen Vorwurf entschieden zurück: «Cis Männer besetzen seit jeher die deutliche Mehrheit der Führungsposten in der Stadt Bern, FLINTA-Personen sind seit jeher krass untervertreten.» Diskriminierend sei vielmehr, dass die Stadt Bern bislang eine Frauenquote von lediglich 40% umgesetzt habe.

Die Mehrheit der städtischen Angestellten sind Frauen (55 Prozent), doch im Kader sind sie noch deutlich in der Minderheit. Auch im privaten Sektor gelten niedrigere Quoten, wie Der Bund schreibt: Unternehmen an der Schweizer Börse sollen mindestens 30 Prozent Frauen im Verwaltungsrat und 20 Prozent in der Geschäftsleitung haben.

Der Antrag der Juso wurde im Stadtrat mit 35 Ja-Stimmen gegenüber 28 Nein-Stimmen angenommen. Unterstützung kam von SP, Grüne, AL und PdA. Die Umsetzung der FLINTA-Quote ist jedoch noch nicht beschlossene Sache. Der Vorschlag wird erst ab 2026 im Aufgaben- und Finanzplan berücksichtigt und muss nächstes Jahr nochmals verhandelt werden.

Ob die Planungserklärung Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. In der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass der Stadtrat Absichtserklärungen später zurücknahm. Ein Beispiel ist die geplante Kürzung der Finanzmittel für den Verein Casablanca, die letztlich doch nicht umgesetzt wurde.

Die Lesbenorganisation LOS braucht finanzielle Unterstützung und ruft zum Crowdfunding (MANNSCHAFT berichtete).

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