Schweiz bleibt binär: Kein drittes Geschlecht!
Bundesrat erachtet Voraussetzungen für die Einführung als nicht erfüllt
Das binäre Geschlechtermodell ist in der schweizerischen Gesellschaft nach wie vor stark verankert. Dies hält der Bundesrat in einem Postulatsbericht fest, den er an seiner Sitzung am Mittwoch verabschiedet hat.
Die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder für einen generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister sind derzeit nicht gegeben. Eine Änderung des binären Geschlechtermodells wäre ausserdem mit zahlreichen Anpassungen der Verfassung und der Gesetze von Bund und Kantonen verbunden, heisst es in einer Bekanntmachung.
In der Schweiz werden Personen ab dem Zeitpunkt der Geburt im Personenstandsregister als männlich oder weiblich eingetragen. Es sei nicht zulässig, den Eintrag offen zu lassen oder eine weitere Geschlechtskategorie zu wählen, hiess es. Und zwar, weil an den Eintrag des Geschlechts zahlreiche rechtliche Konsequenzen geknüpft seien. Eine Änderung des binären Geschlechtermodells würde darum eine Vielzahl von rechtlichen Anpassungen bei Bund und Kantonen nötig machen.
Angepasst werden müsste laut Bundesrat auch die Bundesverfassung, da diese namentlich im Bereich der Militär- und Ersatzdienstpflicht keine Regelung für Personen enthält, die keinen Geschlechtseintrag haben oder die mit einem anderen Geschlecht als männlich oder weiblich im Register eingetragen sind.
Die rechtliche Anerkennung nicht-binärer Menschen ist eine Frage der Wahrung ihrer Grund- und Menschenrechte. Dies ist eine verfassungsrechtliche Aufgabe der Politik.
Beim Transgender Network Switzerland (TGNS) zeigt man sich in einer ersten Reaktion «entsetzt» und spricht von einer «Ohrfeige» für nicht-binäre Menschen. «Die rechtliche Anerkennung von nicht-binären Menschen ist eine Frage der Wahrung ihrer Grund- und Menschenrechte. Dies ist eine verfassungsrechtliche Aufgabe der Politik, unabhängig der Anzahl betroffener Menschen oder persönlicher Meinungen von Bundesratsmitgliedern», so Sigmond Richli, Co-Präsidium von TGNS. «Wir erwarten deshalb vom Bundesrat konstruktive Ansätze, wie er die gesellschaftliche Diskussion voranbringen wird».
Gesellschaftlicher Diskurs müss neuem Geschlechtermodell vorangehen In seinem Bericht zur Erfüllung zweier Postulate aus dem Parlament (17.4121; 17.4185) macht der Bundesrat auf zahlreiche weitere Auswirkungen aufmerksam, die die Einführung eines dritten Geschlechts oder ein genereller Verzicht auf den Geschlechtseintrag zur Folge hätte. So müssten etwa zahlreiche Register angepasst und die Statistikerhebung neu ausgestaltet werden.
Aufgrund seiner Ausführungen komme der Bundesrat zum Schluss, dass die Auswirkungen eines neuen Geschlechtermodells in der Gesellschaft noch nicht ausreichend diskutiert worden und deshalb die Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder den generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag derzeit nicht gegeben seien. (Diskussionen dürfte es in diesem Jahr durch den Buchpreis für Kim de l’Horizon reichlich gegeben haben – MANNSCHAFT berichtete)
Diese Haltung teile auch die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) in ihrem Bericht aus dem Jahr 2020. Darin halte sie fest, dass die heutige Regelung und Praxis zwar unbefriedigend seien, zuerst aber die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Aufgabe des binären Geschlechtermodells geschaffen werden müssten.
«Auf halber Strecke stehen geblieben!» – In Deutschland wurde kürzlich auf 5 Jahre «Dritte Option» zurückgeblickt. Die Kritik: Immer wieder müssen sich Gerichte mit Ungleichbehandlung befassen (MANNSCHAFT berichtete).
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