Seyran Ateş wird mit Menschenrechtspreis geehrt
Die Gründerin einer LGBTIQ-freundlichen Moschee in Berlin wird angefeindet und bedroht
An diesem Freitagabend wird der Theodor-Haecker-Preis der Stadt Esslingen vergeben. Den Internationalen Menschenrechtspreis für politischen Mut erhält die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ateş.
Mit dem Preis solle das Bewusstsein gestärkt werden, dass noch immer Frauen – auch in Deutschland – von Diskriminierung und Unterdrückung, von Zwangsheirat, häuslicher Gewalt bis hin zum Mord vermeintlich im Namen der Ehre betroffen sind, hiess es in der Ankündigung (MANNSCHAFT berichtete). Der Preis ist mit 10’000, Euro dotiert.
Die offen bisexuelle Ateş ist Frauenrechtlerin, Rechtsanwältin, Autorin und Moscheegründerin. Geboren 1963, ist sie im Alter von sechs Jahren als Kind von Gastarbeiter:innen aus der Türkei nach Berlin gekommen. Als Tochter einer türkischen Mutter und eines kurdischen Vaters ist Ateş in einer muslimischen und traditionellen Grossfamilie aufgewachsen. Gerade diese Erfahrungen haben sie politisch geprägt. Aus ihrer eigenen Biographie begründet hat Seyran Ateş angefangen, sich für andere Frauen und Mädchen einzusetzen, die ähnliche Unterdrückung erlebt haben. Sie studierte Rechtswissenschaften und arbeitete neben ihrem Studium in einer Beratungsstelle für türkische Frauen. Dabei wurde sie Opfer eines politischen Anschlags, bei dem sie lebensgefährlich verletzt wurde.
Als gläubige Muslimin gründete Seyran Ateş 2017 eine alternative, LGBTIQ-freundliche Moschee, die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, die immer wieder angefeindet wird, etwa beim Hissen der Regenbogenfahne (MANNSCHAFT berichtete). Mit der Kampagne «Liebe ist halal» warb Ateş in Berlin für mehr Akzeptanz für queere Muslim*innen (MANNSCHAFT berichtete).
Die Moschee vertritt einen progressiven, zeitgemässen Islam, der mit Demokratie und Menschenrechten vereinbar ist. Mit der Moschee möchte Ateş «den Islam von innen heraus reformieren». Durch ihren Aktivismus für die Gleichberechtigung der Frau und ihren Einsatz für einen säkularen liberalen Islam ist Seyran Ateş immer wieder Morddrohungen ausgesetzt. Trotzdem positioniert und äussert sie sich weiterhin in der Öffentlichkeit vor allem zu den Themen Kopftuch bei Musliminnen, Zwangsheirat, Ehrenmorde und Migrationsfragen. Sie schrieb diverse gesellschaftskritische Bücher. Ihr Engagement für Frauenrechte sorgte schliesslich dafür, dass 2011 die Zwangsheirat als Tatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen wurde.
Die Preisvergabe findet im Esslinger Neckar Forum statt.
«Ich möchte als Schwuler angstfrei durch ‹Migrantenviertel› spazieren können!» Yannick Shetty fordert eine konsequente Vermittlung von Grundwerten (MANNSCHAFT berichtete).
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