Schwule Genossen streiten über Homophobie unter Muslimen
Aus der CDU kommt eine Rücktrittsforderung gegen den Queer-Beauftragten
Laut Kevin Kühnert machen muslimische Männergruppen häufiger homophobe Sprüche als andere. Kritik an dieser Äusserung kommt prompt aus der eigenen Partei.
Der Berliner Queer-Beauftragte Pantisano wirft dem SPD-Generalsekretär Rassismus vor.
Kevin Kühnert hatte zuvor mit dem Spiegel über Homofeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft gesprochen. «Klassische Treiber von Homophobie sind unter anderem streng-konservative Rollenbilder und religiöser Fundamentalismus», so der SPD-Generalsekretär. Aggressive Homophobie habe ein klar männliches Gesicht. «Und so kommt es in meinem Erleben aus muslimisch gelesenen Männergruppen häufiger zu einem homophoben Spruch, als man es sonst auf der Strasse erlebt.»
«Die Homophoben schränken meine Freiheit ein und haben kein Recht darauf.»
Kühnert erklärte, er halte den Grossteil der muslimischen Bevölkerung in seinem Berliner Wahlkreis Tempelhof/Schöneberg nicht für homophob. «Aber die, die es sind, schränken meine Freiheit ein und haben kein Recht darauf. Und darüber werde ich nicht aus taktischen Gründen schweigen», so der SPD-Politiker.
Hintergrund war ein Gastbeitrag von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) in der FAZ, auf den Kühnert angesprochen wurde. Özdemir hatte darin beklagt, es komme häufiger vor, dass seine Tochter «oder ihre Freundinnen von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert» würden.
Berlins Queer-Beauftragter Alfonso Pantisano warf seinem Parteifreund sogleich via Instagram Rassismus vor. Denn: Die von homophoben Angriffen Betroffenen könnten schliesslich nicht wissen, ob die Täter muslimisch seien oder nicht, wenn sie nach der Tat flüchten. Dies reicherte er mit Fotos aus seiner Model-Karriere an: «Immerhin habe ich jahrelang im arabischen Raum viel Geld damit verdient, in allen möglichen Werbekampagnen mitzuwirken, weil ich eben für diesen Markt problemlos als muslimisch gelesen und /oder arabisch-gelesen durchgehe.»
Auf einem der Bilder, Pantisano zufolge stammt es aus dem Jahr 2007, ist er mit Kufiya zu sehen, dem in der arabischen Welt üblichen Kopftuch. Inwieweit seine frühere Verpflichtung als Model den arabischen Raum weniger homophob macht, die Erklärung bleibt er schuldig.
Viele Kommentator*innen widersprechen Pantisono und geben Kühnert Recht. «Als schwuler Migrant kann ich das nur bestätigen», schreibt ein User. Ein andere meint: «Ich habe mein Outing unter muslimischen Freunden gehabt, man hat sich mit mir gefreut. Dennoch werde ich am meisten von Moslems angegriffen, von der Schulzeit bis heute.»
Am Sonntag äusserte sich auch Michael Roth zu dem Thema, ein weiterer offen schwuler Genosse. Roth war einst Europastaatsminister im Auswärtigen Amt. Er schrieb bei X: «Es ist absurd, wenn einige in der identitätspol. Bubble meinen, Homophobie nur dann benennen zu dürfen, wenn sie von „weissen, alten Männern» kommt. Viele wurden Opfer muslimischer Jungs». Dies zu kritisieren, sei weder rassistisch noch islamophob. «Solidarität mit Kevin», schrieb Roth.
Mario Röllig, Mitglied im Landesvorstandes der LSU Berlin, spricht bei Instagram von Pantisano als «Schande für Berlin». Begründung: «Ausgerechnet vor dem 7. Oktober, dem Jahrestag des Massakers der terroristischen Hamas auf Israel postet er einen unsäglichen Text mit einem Modelfoto in den sozialen Medien, welches ihn in der traditionellen Kufiya zeigt, dem Symbol der Palästinenser für Nationalismus, Kampfbereitschaft und Anti-Zionismus. Dies lässt jegliches politisches Feingefühl, ja jegliche Weitsicht vermissen.» Röllig weiter: Ein Rücktritt sei überfällig.
Die Berliner CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein schreibt auf X von einem «albernen Austausch einer selbstreferentiellen linken Identitätspolitik» und weiter: «Mit der Realität hat das alles wenig zu tun.»
«Ich will als Schwuler angstfrei durch ‹Migrantenviertel› gehen.» Neos-Politiker Yannick Shetty fordert eine konsequente Vermittlung von Grundwerten (MANNSCHAFT berichtete).
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