«Schande für den Islam» – Schwuler Lehrer beklagt Mobbing an Grundschule

«Ich lebe in einem Albtraum»

schule schüler
Symbolbild (Bild: iStockphoto)

An einer Berliner Grundschule soll ein Lehrer nach seinem Coming-out von Schüler*innen gemobbt worden sein. Auch Vorwürfe gegen die Leitung der Schule werden laut.

Ein Lehrer aus Moabit, Oziel Inácio-Stech, soll eineinhalb Jahre lang von Schüler*innen homophob angefeindet und gemobbt worden sein. Darüber berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ), die der Mann kontaktiert habe, um von seinen Erfahrungen zu berichten. Mittlerweile könne der Betroffene nicht mehr arbeiten, leide an Panikattacken und sei in psychologischer Behandlung.

Die Carl-Bolle-Grundschule hat laut SZ mit 95 Prozent einen sehr hohen Anteil an Schüler*innen mit Migrationshintergrund. Der betroffene Lehrer Oziel Inácio-Stech unterstützt dort laut Tagesspiegel Kinder mit Förderbedarf im Unterricht oder in Extra-Stunden.

Inácio-Stech soll sich vor eineinhalb Jahren vor Schüler*innen als schwul geoutet und auch seinen Ehemann zu einem Schulfest mitgenommen haben. Zuvor habe er lange überlegt, ob er sich lieber «schützen» solle, weil viele Eltern «sehr religiös» seien und aus «traditionellen Kulturen» stammten. Seit dem Coming-out habe er nun mit extremen Anfeindungen zu kämpfen wie «Schwul ist ekelhaft, Herr Inácio-Stech ist ekelhaft.»

Schüler*innen hätten ihn körperlich bedroht. Der Lehrer sei «eine Familienschande», er werde «in der Hölle landen» und sei «eine Schande für den Islam».

Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch hält sich mit Informationen und Bewertungen zu dem mutmasslichen Mobbingfall zurück. «Wie Sie wissen, geben wir zu Personaleinzelangelegenheiten grundsätzlich keine Auskunft», sagte die CDU -Politikerin im Abgeordnetenhaus auf die Frage eines Parlamentariers.

«Grundsätzlich möchte ich aber auch betonen, dass wir selbstverständlich mit allen Fällen, die bekanntwerden, höchst sensibel umgehen und diesen umgehend nachgehen.» Ziel sei dabei, Betroffenen entsprechende Unterstützungsangebote machen zu können.

«Queerfeindliche Haltungen zeigen sich auch im Kontext Schule mittlerweile vehementer als noch vor einigen Jahren.»

Bundesverband Queere Bildung

Homophobie an Schulen ist nach Einschätzung des Bundesverbands Queere Bildung kein Ausnahmefall. «Queerfeindliche Haltungen zeigen sich auch im Kontext Schule mittlerweile vehementer als noch vor einigen Jahren», sagte Vorstandsmitglied Rebecca Knecht auf dpa-Anfrage.

Das Phänomen religiös motivierter Abwertung queerer Menschen sei bekannt, sagte Knecht. Dabei seien aber nicht nur muslimische Argumentationsmuster zu beobachten, sondern auch christliche. «Wir sehen ausserdem einen grossen Zuwachs rechtsmotivierter Queerfeindlichkeit.»

Nicht alle Kinder seien feindselig gewesen. Einige hätten sich bedankt, da er ihnen das Lesen beigebracht habe. Die Schule äusserte sich auf Anfrage nicht.

Die Schulleitung soll den Lehrer nicht geschützt haben, schreibt die SZ. Stattdessen habe sie ihm nach Vorwürfen von Eltern und einer Kollegin Fehlverhalten vorgeworfen – «zu grosse Nähe» zu Schüler*innen – und Anzeige gegen ihn erstattet. (mit dpa)

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