Ryan Murphys «Hollywood»: Erigierter Mittelfinger für Homohasser?
Manche sehen die neue Netflix-Serie als Sieg der LGBTIQ-Community über Homophobie und Rassismus, andere sind irritiert, dass das reale Leid vieler Schwuler und Schwarzer einfach wegediert wurde
Die Netflix-Serie «Hollywood» ist ein «Revisionismus»-Projekt Ryan Murphys, der darin die queere Geschichte der US-amerikanischen Filmindustrie nicht nur in Frage stellt, sondern neu erzählt und in eine gloriose LGBTIQ-Utopie umformt.
Das hat manche Zuschauer*innen entzückt, als später «Sieg» über eine weit weniger gloriose Realität im Hollywood in den späten 1940er-Jahren. Andere waren irritiert, dass die Serie reale Charaktere wie Filmstar Rock Hudson und den berüchtigten Agenten Henry Willson einführt und sie zu «Out and Proud»-Figuren umdeutet, die sie niemals waren. Die Frage stellt sich: Ist es legitim, die Geschichte von Unterdrückung und Ausgrenzung einfach umzuschreiben und den realen Menschen, um die es geht, ihr Leid und ihre Tragik zu nehmen? Ist das Geschichtsverfälschung? Ist es queere Selbstermächtigung? Ist es ein politischer «Bildersturm»? Und: Ist es typisch für unsere Community im Jahr 2020?
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Natürlich gibt es viele Antworten auf all diese Fragen. Deshalb hat MANNSCHAFT in den letzten Wochen verschiedene Personen in Beirut, Bremen, Berlin und Los Angeles befragt, wie ihre Reaktionen auf «Hollywood» ausfallen. Das Resultat ist ein ungewöhnliches Gruppeninterview, das zwar unmöglich alle Positionen abdecken kann, aber wenigstens versucht, diverse Blickwinkel in einem Long-read zu offerieren. Denn das, was Ryan Murphy hier tut, verdient es, genauer analysiert zu werden.
Seit Donald Trump im Weissen Haus sitzt, kursiert der Begriff der «alternativen Fakten», meist negativ konnotiert als Umschreibung von «Fake News» bzw. Lügen, die Trump gerade ins politisch-ideologische Konzept passen. Nun hat Regisseur-Produzent Ryan Murphy im LGBTIQ-Zusammenhang solche «alternativen Fakten» geschaffen mit der Serie «Hollywood»: Er schreibt die Film- und US-amerikanische Gesellschaftsgeschichte der 1940er-Jahre einfach um. Aus einer zutiefst rassistischen, misogynen und homophoben Welt wird ein queeres Utopia. Ist das Geschichtsverfälschung oder ein Akt der Selbstermächtigung? Stephanie Kuhnen (50, Anglistin, Kunsthistorikerin, Journalistin und Herausgeberin von «Lesben raus!»): Der Vergleich hinkt leider. Alternative Fakten werden so kontextualisiert, dass sie vorgeben immer noch Fakten zu sein, um eine Gegenrede ohne Inhalt zu produzieren und Fakten zu schwächen. «Fake News» oder «Alternative Facts» sind Orwell‘scher Newspeak für «Lüge». Eine Fernsehserie ist eine Fiktion, die das nicht vorgibt. Anders wäre dies, wenn sich «Hollywood» eine «alternative Dokumentation» nennen würde. Daher wird auch keine Geschichte tatsächlich umgeschrieben, die immer noch in einem Aussen unverändert existiert.
Es ist vielmehr das Genre der Fanfiction, das hier als Rahmen dient, um eine endlose Reihe an unrealistischen Happy Ends zu produzieren. Dafür spricht auch, «reale Personen» wie beispielsweise Rock Hudson in den Plot einzubauen, stellenweise unverblümt kitschig zu sein und durch die durchweg idealisierte Darstellung von männlicher Sexarbeit eine gewisse Pikanterie zu geben. Ich habe kein ideologisches Anliegen an Kunst, ich fühle mich von dieser anmassenden Fan Fiction und dem Kitsch-Overload gut unterhalten.
Tilman Krause (60, Literaturkritiker und Feuilleton-Redakteur bei der Zeitung «Die Welt»): Grundsätzlich gilt die künstlerische Freiheit. Ein Regisseur kann mit der Geschichte machen was er will. Es gibt schliesslich viele «kontrafaktische Darstellungen» von geschichtlichen Epochen in der Literatur und im Film bzw. Fernsehen.
Finn Jackson Ballard (37, Historiker, LGBTIQ-Stadtführer): Spekulative Fiktion ist ein extrem wirkungsmächtiges Genre. Normalerweise geht es dabei eher um eine neu imaginierte Zukunft, nicht um die Vergangenheit! Die Idee erinnert mich ein bisschen an Leo Herreras «The FATHERS Project», wo er sich eine Welt vorstellt, in der die Aids-Epidemie nie stattgefunden hat. Ich glaube, wir brauchen und verdienen solche Visionen, selbst wenn sie nur einen flüchtigen Moment dauern.
Yousef Iskandar (36, Performance-Künstler und Filmemacher): In Fiktion geht es darum, Möglichkeiten aufzuzeigen – Sachen zu zeigen, die nicht wirklich passiert sind. Das Beste an «Hollywood» ist, dass Murphy den Zuschauern demonstriert, wie sie Dinge verändern können. Vielleicht haben sich die Verhältnisse in Hollywood und Europa seit den 1940er-Jahren stark gewandelt, aber glaube mir: Wenn ein Schauspieler im Mittleren Osten sich heute als schwul outen würde, wäre das das Ende seiner Karriere. Dadurch, dass Murphy zeigt, dass es trotzdem okay ist, so etwas zu tun und erfolgreich weiterzuarbeiten, kreiert er ein extrem empowerndes Bild in unseren Köpfen!
Die Serie haut uns die Diskriminierung um die Ohren, die vor 60 Jahren hätte aufhören müssen, es aber nicht tat!
María López-Fanjul y Díez del Corral (40, Kuratorin der LGBTIQ-Ausstellung «Der zweite Blick: Spielarten der Liebe» im Bode Museum Berlin): Absolut! «Hollywood» ist für mich ein Akt der Selbstermächtigung, denn die Serie zeigt, dass jeder von uns Geschichte verändern kann, wenn er oder sie eine richtige Entscheidung trifft. Aus meiner Sicht kreiert Ryan Murphy keine neue Geschichte, die vorgibt wahr zu sein. Vielmehr hat er eine Hypothese erstellt, wie die Filmindustrie sich entwickelt haben könnte, wenn nur eine Handvoll Menschen mutig genug gewesen wäre, Dinge zu wagen. Er führt uns gleichzeitig die beschämende Tatsache vor Augen, dass wir das eben nicht früher gewagt haben. Die Serie haut uns die Diskriminierung um die Ohren, die vor 60 Jahren hätte aufhören müssen, es aber nicht tat. Weil die Mehrheit von uns sich damals nicht traute, etwas zu unternehmen.
«Der zweite Blick: Spielarten der Liebe» – Revolution im Museum
Julien Nitzberg (54, Hollywood-Drehbuchautor und Dramatiker): Es gibt seit Jahrhunderten Bücher mit alternativer Geschichtsschreibung. In den 1490er-Jahren wurde «Tirant der weisse Ritter» veröffentlicht, ein Buch, das sich ausmalt, was gewesen wäre, wenn das Byzantinische Weltreich den Krieg gegen die Ottomanen gewonnen hätte. In jüngerer Vergangenheit gab es Bücher wie Philip K. Dicks «The Man in the High Castle», das 1962 erschien und sich vorstellte, was wäre, wenn die USA den Zweiten Weltkrieg verloren hätten. Es ist immer ermächtigend und bildend sich vorzustellen, wie Geschichte anders hätte verlaufen können.
«The Man in the High Castle» stellt sich vor was wäre, wenn die USA den Zweiten Weltkrieg verloren hätten
Jeder hat in seinem Leben schon mal den Moment erlebt, wo man sich fragt, was gewesen wäre, wenn man sich anders entschieden hätte. Ich selbst frage mich oft, was gewesen wäre wenn Al Gore damals weniger Hemmungen gehabt hätte die Präsidentschaft einzufordern, statt sie George W. Bush zu überlassen. Daran sieht man, wie scheinbar kleine Details die Weltgeschichte massiv verändern. Und deshalb ist das Nachdenken über solche Details ein zutiefst politischer Akt.
Wie schwierig ist es für Zuschauer bei «Hollywood» zwischen Fakten und Fiktion zu unterscheiden? Yousef Iskandar: Also, ich musste tatsächlich erst mal nachforschen, um herauszufinden, wer die ganzen Charaktere sind. (lacht) Es wäre cool gewesen, wenn der Regisseur am Ende der Serie oder jeder Einzelfolge einen Hinweis eingeblendet hätte, dass alles erfunden ist.
María López-Fanjul y Díez del Corral: Fakten sind objektiv und können überprüft werden. Fiktion ist die subjektive Vorstellung eines Autors. Ich möchte das mal vergleichen mit unserer Ausstellung «Der zweite Blick» im Bode Museum. Das ist ein wissenschaftliches Projekt, das auf akademischer Forschung basiert. Was wir da erzählen in Bezug auf Geschichte ist nicht neu. «Neu» würde bedeuten, dass die Narrative irgendwann erfunden wurden. Aber die visuelle und/oder künstlerische Repräsentation von Gender-Diversität kann in der gesamten Menschheitsgeschichte gefunden werden. Sie war zwar manchmal unsichtbar, verfolgt oder wurde schlichtweg ignoriert, aber sie ist nicht «neu». Deshalb spreche ich auch lieber von «versteckten Narrativen» in Bezug auf unsere Ausstellung.
Was für Folgen hat es, Fakten auszublenden und dadurch bewusst zu diskriminieren?
Neu ist, wie wir diese Narrative in eine Dauerausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin integriert haben. Dadurch wollen wir die Öffentlichkeit animieren, historische Zusammenhänge besser zu verstehen und auch die Kunstwerke, die dabei entstanden. Aber auch zu zeigen, was für Folgen es hat, Fakten auszublenden und dadurch bewusst zu diskriminieren. Um das an einem Netflix-Beispiel zu illustrieren: Da gibt’s den Film «The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben» zu sehen, die Geschichte des Cambridge-Professors Alan Turing. Turing hat mit seiner Enigma-Maschine geholfen, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen und die Nazis zu besiegen.
Man könnte seine Story als «Kriegsheld» erzählen und fertig. Man kann sie aber auch erzählen als die tragische Geschichte eines Kriegshelden, der mit 41 Jahren Selbstmord beging, weil er wegen seiner Homosexualität zu einer chemischen Kastration verurteilt wurde. Turings Leid ist keine Fiktion, das sind Fakten. Aber sie wurden lange verschwiegen, sie kommen erst jetzt ans Licht und verändern unser Verständnis von Geschichte. Ganz ohne Fiktion. Das ist also ein alternativer Weg zu dem, was Ryan Murphy tut. Er ist auch ermächtigend. (MANNSCHAFT berichtete über den Alan-Turing-Film mit Benedict Cumberbatch.)
Tilman Krause: Ein intelligenter Mensch weiss, dass man die Geschichte nie so bekommt, wie sie tatsächlich geschehen ist. Jeder bringt seine Perspektive in die jeweilige Darstellung ein. Das ist immer so gewesen und wird immer so sein. Es gibt keine vollkommen neutrale Haltung gegenüber einer geschichtlichen Epoche. Ein bisschen Distanz zu solchen Sachverhalten gehört dazu, selbst bei jungen Queers.
Julien Nitzberg, in deinen zwei erfolgreichen Bühnenwerken hast du die Geschichte von 9/11 und Popstar Michael Jackson auf sehr «surreale» Weise neu erzählt. Wie würdest du den Unterschied zwischen deinen Stücken «The Beastly Bombing» und «For the Love of a Glove» zu «Hollywood» beschreiben? Ist Murphys Serie auch eine Satire? Julien Nitzberg: «For the Love of a Glove» ist ein fantasievoller Blick aufs Leben von Michael Jackson und erzählt dieses neu. Die Schuld für schlimme Entscheidungen des King of Pop wird auf Ausserirdische geschoben, die aussehen wie sein Handschuh. Diese Aliens bieten den Jackson 5 «überirdisches Talent» an, wenn Michael und seine Brüder sie mit Blut füttern. Unser Stücktitel enthält bewusst das Wort «Fabel», also sind Zuschauer sofort gewarnt, dass das Ganze ein Kommentar auf Jacksons Leben ist, keine reale Darstellung. Dadurch, dass die Sache als Komödie verpackt ist, ist es einfacher über wichtige politische Themen wie Rassismus und Kindesmissbrauch zu sprechen, als wenn wir das aktivistisch-didaktisch getan hätten. Das gilt auch für «Beastly Bombing» und die Diskussion über Terrorismus.
Zu oft versuchen Aktivisten ihre Positionen bierernst rüberzubringen, sie verschrecken bzw. langweilen damit sogar diejenigen, die eigentlich ihrer Meinung sind. Deshalb ist ein realistischer Ansatz bei solchen Themen oft nicht so wirkungsvoll wie eine satirische Überzeichnung.
«Don’t Masturbate»: Michael-Jackson-Biografie als Musical
In der Queer Community geht es schon seit Jahren um eine Neuschreibung der (eigenen) Geschichte, berühmtestes Beispiel ist der Umgang mit den Stonewall Riots. Statt das Narrativ zu erweitern und zu berücksichtigen, wer alles dabei war und bislang nicht genügend berücksichtigt wurde, ist eine Art ideologischer Krieg entbrannt. Erleben wir einen queeren «Bildersturm» – und wie passt «Hollywood» zu diesen Entwicklungen? Stephanie Kuhnen: Ich sehe keinen «Bildersturm», also eine gewaltvolle Vernichtung von Tatsachen zur Errichtung eines neuen Bilddiktates. Kritik an der Produktion von Narrativen und Kritik an Sehen als Herrschaftspraktik sind Binsen der Filmwissenschaft und Kunstgeschichte. Herausragende Texte dazu gibt es nicht nur von bell hooks, aber besonders ihre kritischen Texte aus den frühen 90ern wie «Is Paris burning?» oder «Oppositional Gaze» sollten zumindest bekannt sein, um in eine Diskussion einzusteigen. Jedes Bild spricht nicht nur über das Gezeigte, sondern immer auch über Positionierung oder die Blickposition der Person, die das Bild geschaffen hat. Es gibt nicht einen «neutralen Kern» von dem aus ein Bild additiv erweitert wird.
Jedes Bild spricht nicht nur über das Gezeigte, sondern immer auch über Positionierung oder die Blickposition der Person, die das Bild geschaffen hat
Die Frage ist, ob die Addition nur den Kern dekoriert und bestätigt oder ob sich der Kern mit verändert und die Gesamterzählung sich neu ausrichtet. Es ist legitim zu fordern, dass mehr Filme von Frauen gemacht werden, mehr B/POC-Künstler*innen in den Filmkanon aufgenommen werden, der Einfluss jüdischer Filmschaffender sichtbarer und aussprechbarer wird, Menschen sich generell mehr selbst erzählen können und weniger erzählt werden. Dies anzuerkennen wäre ein Schritt aus den Repräsentationsstreitereien heraus.
Und bis heute gibt es keine zufriedenstellende Antwort darauf, warum Roland Emmerich den Fehler der Stonewall-Verfilmung von 1995 von Nigel Finch, an dem sich sein Film stark orientiert, wiederholt, und die Erzählung eines historischen Ereignisses an die Entwicklung eines fiktiven weissen, jungen Helden als Leadcharacter bindet. Nach zwanzig Jahren zusätzlicher Zeit, in der eine immense Geschichtsaufarbeitung stattgefunden hat, gibt es kaum eine Ergänzung der Meistererzählung oder nur einen Millimeter einer Änderung der Blickposition. Stattdessen wird Finchs Version unverändert und geringfügigst erweitert übernommen. «Hollywood» versucht erst gar nicht, eine «wahre Geschichte» zu erzählen. (MANNSCHAFT führte mit Roland Emmerich ein Interview zur Kritik an seinem «Stonewall»-Film.)
Die Serie erzählt, wie es hätte sein können innerhalb einer tolldreisten Erfindung, die mitunter schon mit dem Holzhammer übertreibt
Die Serie erzählt, wie es hätte sein können innerhalb einer tolldreisten Erfindung, die mitunter schon mit dem Holzhammer so übertreibt, dass man meinen kann, es läge die Absicht dahinter, sich von den realen Pionierleistungen vieler Frauen, Schwulen und Lesben, jüdischer, älterer und B/POC Menschen im Hollywood dieser Ära bewusst abzugrenzen. Nicht in der Absicht der Unsichtbarmachung, sondern in der Kennzeichnung der eigenen Künstlichkeit.
Könnte man «Hollywood» auch so sehen, dass Ryan Murphy – als «alter weisser schwuler Cis-Mann» – hier aktuelle Entwicklungen der Queer Community ad absurdum führt? Stephanie Kuhnen: Ungeachtet Murphys Positionierung möchte ich erwähnen, was in den Diskussionen zu kurz kommt: was diese Utopie mit seinem Publikum macht. Sie produziert mit jedem Handlungsstrang ein Happy End. So sehr, dass es kurz vor Schluss wirklich ermüdend wird, weil selbst das Unwahrscheinlichste noch eine gute Wendung nimmt. Das ist eine neue Seh-Erfahrung. Die eigenen Negativ-Erwartungen werden unterwandert und das eigene Wissen wird von einer Kitsch-Geschichte über den Haufen geworfen. In der homosexuellen Literatur dauerte es selbst für schwule und lesbische Schriftsteller*innen lange, bis diese es wagten, ihren Texten einen glücklichen Ausgang zu geben.
«Hollywood“» zeigt auf einer Meta-Ebene dieses Dilemma: wünsche ich mir eine gute oder eine schlechte Zeit?
Es ist interessant zu beobachten, wann gegenüber den ganzen Erfolgen gegen Rassismus, Homophobie, Sexismus, Altersdiskriminierung und Antisemitismus ein gewisser Ennui einsetzt. «Hollywood“» zeigt auf einer Meta-Ebene dieses Dilemma: wünsche ich mir eine gute oder eine schlechte Zeit? Gleichzeitig hat es in der queeren Filmgeschichte schon weit mutigere und radikalere Übertretungen zwischen Realität und Utopie in einer Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte gegeben, wie beispielweise Cheryl Dunyes Hollywood-Mockumentary «The Watermelon Woman» von 1996.
Richard McCowen (49, Musicaldarsteller): Als Kind in Kalifornien habe ich 1978 im Fernsehen gesehen, wie die grosse Leontyne Price von Präsident Jimmy Carter eingeladen wurde, im Weissen Haus ein Konzert im sogenannten East Room zu geben: eine schwarze Operndiva vor all diesen weissen Leuten und vor ganz Amerika. Das hat mich total inspiriert. Bei mir war unmittelbar der Wunsch geboren, auch Sänger zu werden. Weil mir das als ein Weg erschien, aus meiner Situation mit streng christlichen afro-amerikanischen Menschen rauszukommen, die meine Homosexualität und mein Anderssein nicht akzeptierten, eine Situation, bei der ich das Gefühl hatte, nie in eine tolerantere Gemeinschaft zu kommen. Mit diesem einen Moment im Fernsehen öffnete sich meine ganze weitere berufliche Zukunft. Und vielleicht schafft das «Hollywood» mit seiner Darstellung von Schwarzen und Schwulen im Filmgeschäft auch.
Yousef Iskandar: Für mich ist «Hollywood» ein erigierter Mittelfinger vorm Gesicht als jener, die LGBTIQ unterdrückt haben. Und es ist toll, einen solchen «Sieg» über sie feiern zu können. Auch wenn dieser Sieg noch winzig ist, er wird sich in den Köpfen der nächsten Generation voll entfalten. Wenn die sagen: «Ich habe es doch in dieser Serie gesehen, also kann ich es auch schaffen.» Wird’s im echten Leben so einfach gehen wie bei Ryan Murphy? Natürlich nicht. Aber wenn nur eine Person daran glaubt, dass es trotzdem geht, und wenn daraus irgendwann 10.000 Menschen werden, dann wird es klappen. Dieses Siegergefühl muss sich ausbreiten – weltweit. Dann wird sich die unglückliche Realität auch in eine glückliche LGBTIQ-Realität verwandeln.
Dieses Siegergefühl muss sich ausbreiten – weltweit. Dann wird sich die unglückliche Realität auch in eine glückliche LGBTIQ-Realität verwandeln
Genau wie von YouTube eine Revolution ausging, als man plötzlich als diese Kids sah, die Make-up-Tutorials rausbrachten. Auf einmal waren da Jungs, die Make-up trugen – und heute sehe ich auf der Strasse so viele Männer mit Make-up wie noch nie. Unsere Community ist dadurch aus den rigiden Männlichkeitsidealen von Muskeln und Steroiden ausgebrochen und hat etwas Neues entdeckt und akzeptieren gelernt. Aber man muss dafür erst mal sichtbare Vorbilder schaffen.
Richard McCowen: Ich nenne mich einen «Recovering Catholic», der das Trauma einer hardcore-christlichen Umwelt hinter sich gelassen hat. Das war schwierig. Und bedeutet, dass ich bis heute mit meinem deutschen Ehemann nicht zu meiner Mutter in die USA fahren kann. Oder wenn sie uns besucht und meinen Mann trifft, behandelt sie ihn wie einen «Bekannten», weil sie findet, alles andere wäre eine Todsünde.
Wenn es eine Serie wie «Hollywood» in meiner Kindheit gegeben hätte, hätte meine Mutter mit Sicherheit sofort den Sender gewechselt, oder sie hätte die Bibel rausgeholt und mir jede einzelne Stelle vorgelesen, wo es darum geht, dass Homosexualität verdammt werden müsse. Die historische Glorifizierung von Schwarzsein und Schwulsein in «Hollywood» sehe ich als Inspiration. Das ist wie mit der Bibel, die auch niemand liest, um die Wahrheit zu finden, sondern um Lebenshilfe zu bekommen. Die Bibel selbst ist total unauthentisch. Jeder dreht und wendet sie für seine Bedürfnisse.
Die Bibel liest auch niemand, um die Wahrheit zu finden, sondern um Lebenshilfe zu bekommen
Stephanie Kuhnen: Ich bin eine katholisch erzogene, immer noch bibelfeste Frau und Lesbe, da lassen sich keine Gewichte aus den Sprechpositionen an die Bedeutung des Anwurfes hängen. Religion ist wesentlich komplexer als Ideologie, womit sich nicht ausschliesst, dass eine Religion auch Vorwand für eine Ideologie sein kann. Ich finde die Analogie populistisch und diffamierend. «Hollywood» gibt nicht vor, eine «Wahrheit» zu sein. Die Bibel hingegen schon. «Hollywood» übt unter der Behauptung der «alleinigen Wahrheit» keine Gewalt gegen «Ungläubige» und «Widersacher» aus. Es ist eine Fernsehserie unter sehr, sehr vielen. Da kann man auch gelassener mit umgehen.
Tilman Krause: Es gibt natürlich das uralte Genre der Heiligen-Vita; das ist aber hier ein bisschen zu hoch gehängt, wenn man es auf Netflix anwenden wollte. Oder?
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Glaubt ihr «Hollywood» wird einmal von Menschen als bare Münze gesehen? Tilman Krause: Ich hoffe schon, dass die jüngere LGBTIQ-Generation in der Lage ist, den fantastischen Anteil vom realistischen zu unterscheiden. Es wäre schlimm, wenn’s nicht so wäre, denn das würde ein völlig falsches Bild von Geschichte hervorrufen. Auch wenn manche junge Menschen es sich nicht vorstellen können oder gar schön finden: In der Geschichte gab es sehr viel Leid und Unterdrückung, gerade der schwulen und schwarzen Minderheiten. Das darf man nicht vergessen!
Man muss also als junger Zuschauer hin und her switchen können und sich ein bisschen für die eigene leidvolle LGBTIQ-Geschichte interessieren. Das muss einen nicht daran hindern sich vorzustellen, was alles gewesen wäre, wenn andere Bedingungen geherrscht hätten. Das wissen wir ja auch: Es hat in der Geschichte immer wieder Perioden gegeben, wo Homosexualität nicht verfolgt wurde, jedenfalls nicht in dieser drakonischen Form, wie sie heute der Iran oder andere Länder zeigen, wo Homosexualität unter Todesstrafe steht.
Stephanie Kuhnen: Wenn im Jahr 2050 «Hollywood» für bare Münze genommen würde, also wenn alle andere Geschichtsaufarbeitung nicht vermittelt werden konnte, dann stellt sich automatisch die Frage, was im Jahr 2020 alles schiefgelaufen ist. Es würde in diesem Fall das Fortschrittsnarrativ infrage stellen. Wie konnte es einen solchen Backlash für alle die erzählten Gruppen geben? Das wäre doch erst mal ein gutes Ergebnis. Es ist immer eine Frage der Allgemeinbildung. Da stehen andere Institutionen in der Verantwortung.
Weiss heute ein junger Queer, wer Anna May Wong, Hattie McDaniel, Rock Hudson oder George Cukor sind? Stephanie Kuhnen: Natürlich würde ich mir wünschen, dass alle Anna May Wong kennen, Dolly Wilde, Ofra Haza, Mercedes De Acosta usw. Ich frage aber auch gerne zurück: Ist das noch wichtig und wofür? Jeder Kanon verändert sich. Als ich 1989 Abitur machte, hielt mein kurz vor der Rente stehender Lehrer Grillparzer für einen der wichtigsten deutschen Dichter. Grillparzer ist mir in den folgenden Semestern Germanistik nicht einmal begegnet.
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Jede Generation hat ihren eigenen Kanon und jeder Kanon gibt auch Aufschluss über seine Rezipient*innen. Wissen ältere, queere Generationen alles, was Jüngere wissen? Wichtig ist zu vermitteln, wie Gesellschaft funktioniert, wie Kolonialismus, Rassismus und Sexismus kapitalistische Gesellschaften traditionell formen und hierarchisieren. Und vor allem ist es wichtig, Ideen zu entwickeln, wie diese Gesellschaft globaler, gerechter und weniger gewaltvoll zu gestalten ist.
Wichtig ist zu vermitteln, wie Gesellschaft funktioniert, wie Kolonialismus, Rassismus und Sexismus kapitalistische Gesellschaften traditionell formen und hierarchisieren
Nur weil mich ein Roman wie «Giovannis Room» als Teenager tief beeinflusst hat, muss das nicht bei Teenagern heute funktionieren. Das wäre ja auch katastrophal. Stell dir vor, alle müssten immerzu «Revolver» von den Beatles hören. Es wachsen jetzt Genrationen auf, die gar nicht mehr wissen, wer die Beatles sind. Und auch: Ich treffe so viele ältere Schwule und Lesben, die die letzten 20 Jahre einfach nur ihr altes Wissen vor 2000 pflegen und ausgebaut haben und die sich in der Gegenwart nicht mehr zurechtfinden. Natürlich geht auch Wissen verloren oder wird überschrieben, unbeabsichtigt oder auch beabsichtigt. Und gleichzeitig gibt es noch so viel, was einem Kanon hinzugeführt werden muss. Vor allem neue Perspektiven und Blickpositionen.
Finn Jackson Ballard: Die Touristen, die an meinen LGBTIQ-Touren durch Berlin teilnehmen, sind meist ziemlich gut vorbereitet. Sie lieben die Storys von Überlebenskämpfen gegen alle Widerstände, Storys von couragiertem Widerstand. Aber sie kennen auch die schrecklichen Seiten. Meine Tourteilnehmer*innen sind oft leidenschaftliche Leser*innen, die ein ausgeprägtes kritisches Bewusstsein der Vergangenheit haben. Aber manchmal merke ich, wie die Medien Geschichte durcheinanderbringen. Zum Beispiel im Fall von John Boynes Konzentrationslagerroman «Der Junge im gestreiften Pyjama» bzw. dessen Filmversion. Beide sind sehr bekannt, aber auch sehr irreführend.
Julien Nitzberg: Ich liebe den Film und das Theaterstück «Amadeus». Glaube ich, dass sie auf Fakten basieren? Nein. Haben sie mein Interesse geweckt, mich mit dem wirklichen Mozart und Salieri näher zu beschäftigen? Ja. Hält sich Shakespeare in seinem Königsdrama «Richard III» ans reale Leben? Nein. Ist es trotzdem ein grossartiges Stück? Natürlich.
«Ich, Claudius» war auch ein grossartiges Buch und eine tolle Fernsehserie; beide waren vollkommen spekulativ und haben Kaiser Claudius nicht als Vollidioten gezeigt, für den ihn viele lange hielten. Aber wer weiss: Wenn irgendwann alle Menschen von einer glorreichen Kombination aus Coronavirus und Klimawandel getötet wurden, kommt vielleicht irgendwann eine ausserirdische Zivilisation und findet all diese Bücher, Filme und TV-Serien und hält sie für die wirkliche Geschichte der Menschheit. So, wie wir teils die «Ilias» lesen. Ja, es gab vermutlich einen Trojanischen Krieg – aber glauben wir wirklich, dass dieser losgetreten wurden von ein paar Göttinnen, die sich um einen goldenen Apfel stritten?
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Netflix ist Entertainment. Kann das auch das Bode Museum inspirieren? María López-Fanjul y Díez del Corral: Als Museum arbeiten wir auch mit Präsentation und damit, wie wir Geschichten erzählen wollen. Wenn eine Ausstellung die Besucher nicht unterhält, dann haben wir als Kuratoren versagt. Netflix ist eine der wichtigsten Bilder-Plattformen des Jahrzehntes, ein zentraler Player in Bezug auf unsere kollektive visuelle Erinnerung. Netflix hat die Macht, sein Publikum zu inspirieren und unsere Haltung zu Themen zu verändern. Damit geht viel Verantwortung einher.
Durch Serien wie «Hollywood», «Pose», «Madam C. J. Walker» oder «Most Beautiful Thing» hat Netflix sich deutlich positioniert gegen misogyne, homo- und transphobe oder rassistische Diskriminierung. (MANNSCHAFT berichtete über aktuelle Netflix-Reaktion auf LGBTIQ-Anfeindungen.) Und dass hat politische Auswirkungen beim Publikum.
María López-Fanjul y Díez del Corral: Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass eine spanische Serie wie «Haus des Geldes» mit Schwulen, missbrauchten Frauen und Roma-Mädchen in den Hauptrollen ein Blockbuster werden könnte – also mit Aussenseitercharakteren, die viele bewundern? Auch wenn wir im Bode Museum nicht mit Fiktion arbeiten, haben diese Beispiele trotzdem etwas mit uns zu tun. Denn als Museum müssen wir gesellschaftlich relevant bleiben und Wege finden, unsere Besucher zu inspirieren. Da hat Netflix Massstäbe gesetzt. Und wir lernen davon: Es ist toll, wenn Museumsbesucher von der Ästhetik eines Kunstwerks angesprochen werden; aber um wie vieles besser ist es, wenn eine 500 Jahre alte Skulptur mit der Geschichte dahinter die Besucher*innen als Individuum «bestätigt» und ihnen zeigt, dass es jemanden wie sie schon früher gab? Und dass diese Geschichte nun in einem staatlichen Museum vorkommt, ganz offiziell und für alle sichtbar?
Es ist toll, wenn eine 500 Jahre alte Skulptur mit der Geschichte dahinter die Besucher*innen als Individuum «bestätigt» und ihnen zeigt, dass es jemanden wie sie schon früher gab
Yousef Iskandar: Als junger Teenager habe ich im Mittleren Osten die Filme von Pedro Almodovar geschaut, und ich erinnere mich ganz genau, was für ein Freiheitsgefühl ich danach spürte. Ich habe die ganzen Ungerechtigkeiten erkannt, die mir widerfuhr, indem ich eine andere Welt sah. Und ich fühlte mich schlagartig mit dieser anderen Welt verbunden. Mir wurde klar, dass es okay ist, ein Rebell zu sein, ausbrechen zu wollen. Und auch ausbrechen zu können! Idealerweise vermittelt «Hollywood» einer neuen LGBTIQ-Generation im Mittleren Osten oder anderswo, wo sie unterdrückt wird, ebenfalls solch ein Gefühl von Freiheit und Community. Einer Community, die vielleicht woanders ist, die man aber erreichen kann. Die Serie betont die Wichtigkeit von Community, eine Community, die wir vor lauter Streitereien in den letzten Jahren ein bisschen aus den Augen verloren haben.
Richard McCowen: In «Hollywood» sieht man eine Spassseite der Geschichte, nicht den Kampf, der nötig war, um diesen «Spass» zu erreichen. Das ist ganz anders als bei Filmen wie «Hidden Figures». Da ist bestimmt auch nicht alles wahr, aber man erkennt trotzdem bei diesen schwarzen Frauen, die in den 1960er-Jahren ihren Weg bei der NASA machen, gegen welche Widerstände sie sich durchsetzen mussten. Ich fand das faszinierend anzuschauen. Als Ansatz fand ich das auch besser als «Hollywood».
Julien Nitzberg: «Hidden Figures» hat sich für einen realistischen Ansatz entschieden. Aber es macht doch Spass, dass wir wählen können, wie wir Geschichte erzählen wollen. Ich mag es, wenn man wichtige Themen mit Humor und Fantasie angeht. Kunst-mit-Botschaft ist oft unerträglich langweilig, sie fühlt sich an wie eine Medizin, die wir nehmen müssen. Mary Poppins wusste schon wovon sie redete als die sang: «A Spoonful of Sugar Makes the Medicine Go Down.» Wenn wir über Politik reden wollen, dann sollten wir nicht vergessen, den Zucker hinzuzufügen. Das hat Ryan Murphy verstanden.
Mary Poppins wusste schon wovon sie redete als die sang: «A Spoonful of Sugar Makes the Medicine Go Down»
Wie wichtig ist Geschichte um zu verstehen, wer wir sind? María López-Fanjul y Díez del Corral: Viele Leute sind überrascht, wenn sie hören, dass ich als heterosexuelle Frau die Kuratorin der Ausstellung «Der zweite Blick: Spielarten der Liebe» bin. Meine Familie hatte grossen Einfluss auf dieses Projekt. Ich bin die Tochter eines Genetik-Professors, ich bin damit aufgewachsen, dass die Diversität der Natur zelebriert wurde. Und als Mutter von zwei sehr wissbegierigen Kindern bin ich immer wieder damit beschäftigt, ihnen die kompliziertesten Fragen zur Menschenheit zu beantworten. Mich dem «Zweiten Blick» zu widmen war also nur folgerichtig, andererseits will ich einer jungen Generation die Wichtigkeit von Museen für ihr Leben nahebringen.
Deshalb wird die «Zweite Blick»-Serie auch weitergehen, nach dem LGBTIQ-Auftakt folgt eine «Frauen»-Ausstellung. Ich hoffe, das wird Menschen genauso inspirieren, sich mit den verborgenen Frauengeschichten zu beschäftigen wie mit der verborgenen LGBTIQ-Geschichte. Es gab gegen mein Projekt durchaus starke Widerstände. Ein Kollege in meinem Alter fragte mich nach einem Rundgang: «Hast du diese Ausstellung für die LGBTIQ-Community gemacht?» Ich war ein bisschen überrascht und sagte: «Ja, natürlich.» Aber letztlich ist «Der zweite Blick: Spielarten der Liebe» nicht nur für LGBTIQ, sondern für alle. Und bei «Hollywood» ist es das gleiche, Netflix will damit ja auch das breitest mögliche Publikum erreichen.
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Würdest du gern mit Netflix oder Ryan Murphy zusammenarbeiten? María López-Fanjul y Díez del Corral: Sofort! (lacht) Ich bin überzeugt, dass eine Serie über die Museumswelt ein Blockbuster wäre. Dieser ganze Alltag hinter den Kulissen, kombiniert mit dem Glamour der Kunstwerke, den Intrigen, den Affären … Also, Herr Murphy, rufen Sie mich an!
Die MANNSCHAFT kommt jetzt auch nach Österreich
Yousef Iskandar: Ich mache gerade einen Kurzfilm über einen Mann, der sich selbst heilt. Es ist meine Art, meine Geschichte neu zu schreiben und nicht auf Netflix zu warten. Ich habe unter meiner Geschichte gelitten, in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart. Ich habe mich mit 17 geoutet, ich war damals einer der ersten fünf Männer im Mittleren Osten, die bei einem LGBTIQ-Protest durch die Strassen marschiert sind. Ich musste aus dem Haus meiner Eltern wegrennen, meine Brüder haben mit gekidnappt und unter vorgehaltener Pistole zurückgeholt.
Ich musste aus dem Haus meiner Eltern wegrennen, meine Brüder haben mit gekidnappt und unter vorgehaltener Pistole zurückgeholt
Das war schrecklich, aber ich habe mich daraus befreit und bin dadurch stärker geworden. Ich habe eine alternative Familie gefunden. Würde ich das alles gern umschreiben? Nichts lieber als das! Ich würde gern erzählen, dass meine Familie jetzt liebevoll vereint um mich herumsitzt und mich akzeptiert, so wie ich bin, statt mich in den Kofferraum eines Autos zu stecken und zu einer Konversionstherapie zu schleppen.
Yousef Iskandar: Ich fände es toll, wenn sie zu einer meiner Performances kämen oder sich meine künstlerischen Arbeiten anschauen würden. Ich möchte diese tiefe Wut hinter mir lassen, die ich jedes Mal fühle, wenn ich nach Beirut zurückkehre oder an meine Familie denke, die versuchte mich «zu retten» vor meiner «Abnormalität». Wenn ich heute meine Brüder oder Eltern sehe, dann sprechen wir nicht mehr über diese Ereignisse. Aber ich würde das als Utopie gern anders zeigen. Es wäre so toll, aus meiner Horror-Story die Geschichte einer glücklichen Familie zu machen. Und genau so etwas tut Ryan Murphy mit «Hollywood».
Auch wenn das Bode Museum aktuell wegen der Corona-Pandemie noch geschlossen ist, kann man den Katalog zu «Der zweite Blick: Spielarten der Liebe» online kostenlos anschauen und herunterladen, in Deutsch und in Englisch.
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