Keuschheit gegen Aids? «Ihr spinnt wohl! So machen wir das nicht»
Rita Süssmuth über die ersten Jahre der Epidemie
Rita Süssmuth war Bundestagspräsidentin von 1988 bis 1998 und zuvor Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit. Nun blickt das Ehrenmitglied der Deutschen Aids-Hilfe auf die ersten Jahre der Epidemie zurück.
Rita Süssmuth (CDU) war unter Kanzler Helmut Kohl Ministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Bei einem Festakt in der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Süssmuths 80. Geburtstag wurde vor allem der Einsatz der heute 88-Jährigen für die Reform des Abtreibungsparagrafen 218 hervorgehoben sowie ihr Engagement für Aids-Kranke.
Was den Umgang mit Aids-Kranken anging, sorgte ihr Ansatz in der eigenen Partei für Ärger: Während Politiker wie Peter Gauweiler (CSU) sich für eine Art Kasernierung der Erkrankten stark machte, setzte Süssmuth auf eine gross angelegte Aufklärungskampagne. Und liess sich von einem offen schwulen Mann beraten, Siegfried Rudolf Dunde. Auch das sahen ihre Parteifreunde kritisch.
Angesprochen in einem aktuellen Interview mit Zeit online darauf, wie sie sich damals gegen viele in ihrer Partei auf die Seite der Betroffenen stellte, sagt Süssmuth, es habe Ältere gegeben, die über Homosexuelle schimpften. «Ich habe die Kritiker in meiner Partei und in der Kirche gefragt: Was sollen die denn machen? Da haben die geantwortet: Keuschheit. Da sagte ich: Ihr spinnt wohl! So machen wir das nicht.»
«Wir haben es geschafft. Sonst hätte ich die Politik verlassen.»
Rita Süssmuth
Der CSU-Politiker Peter Gauweiler wollte damals Aids durch Ausgrenzung bekämpfen. Bundeskanzler Helmut Kohl habe gewollt, dass Süssmuth schweigt. Auf einer Sitzung habe nicht sie das Wort bekommen, sondern Gauweiler. «Später hat Helmut Kohl mich doch machen lassen. Hätte er ja nicht gebraucht. Und in einem halben Jahr sind die Infektionszahlen signifikant heruntergegangen. Wir haben es geschafft. Sonst hätte ich die Politik verlassen.»
Wie Süsmuth in ihrem 2024 erschienen Buch «Über Mut» schreibt, hätten Populisten damals gefordert, HIV positive Menschen «auf eine Ostseeinsel zu verschiffen und einen Zaun um das Lager zu ziehen». Dies habe die Poitikerin zutiefst empört. Sie habe immer auf Aufklärung gesetzt und war damit schliesslich auch erfolgreich.
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