Wie queer ist ... Iris Berben?

Die Schauspielerin setzt sich seit Jahrzehnten für Toleranz ein

Iris Berben auf der Berlinale
Iris Berben auf der Berlinale (Bild: Harald Krichel)

Die Grand Dame des Deutschen Films lebte nicht nur in WG-Zeiten mit schwulen Kunststudenten, sondern mahnt auch immer wieder zu mehr Akzeptanz und Offenheit in der Gesellschaft.

#1 Schwule WG Iris Berben lebte als Studentin in einer WG mit zwei schwulen Kunststudenten. Das war jedoch für sie keineswegs ungewöhnlich. Sie selbst sei von «klein auf in einem Umfeld, in dem Anderssein nichts Anrüchiges war», aufgewachsen. Sie ist in Detmold geboren, lebte dann später in Hamburg, Münster, Essen und Portugal. Dazwischen war sie auch auf verschiedenen Internaten und flog dreimal von unterschiedlichen Schulen. Offenbar hat dieses ständig wechselnde Umfeld sie offener für ganz gegensätzliche gesellschaftliche Einflüsse gemacht.

Heute lebe sie, wie sie sagt, in der schwulsten Gegend von Berlin. Dort sei sie die «die Königin der Jungs».

#2 «Sketchup» Als sie in Deutschland schon eine bekannte Schauspielerin in vielen Filmen und Serien war, gelangte sie an die Rolle der Sketch-Partnerin von Diether Krebs. In dessen Serie «Sketchup» gelangte Iris Berben von 1985-86 zu noch breiterer Bekanntheit im deutschen TV-Publikum als ohnehin schon.

Diese Gags damals zeichneten sich durch schräge Kostüme, platte Kalauer, und auch das Überschreiten von Geschlechterrollen aus. Sie entsprachen manchmal durchaus dem Camp-Style, der ja aus der queeren Untergrund-Kultur stammt. Unter manchen queeren Menschen hat diese Serie bis heute, auch wegen Iris Berben, eine Art Kultstatus entwickelt.

#3 Verunglückter Aprilscherz Zu den eher denkwürdigen Auftritten von Berben gehört ihr «Aprilscherz» von 1992. In einer TV-Sendung behauptete sie, dass sie «als Junge geboren worden wäre». Was genau sie dazu bewog, scheint heute mehr denn je fraglich. Es war jedoch die Zeit, in der etwa bei Hape Kerkeling und Alfred Biolek durch Rosa von Praunheim Zwangsoutings stattfanden. Daraufhin entwickelte sich eine regelrechte Hetzjagd von Teilen der Presse, die das Privatleben von Prominenten durchleuchtete, um den nächsten zu finden, den man unvorbereitet und gegen den eigenen Willen outen konnte. Vielleicht wollte Berben hier durch einen offensichtlichen «Scherz» etwas den Druck herausnehmen – da sie gleich danach alles als Fake offenbarte und damit zeigte, wie schnell Menschen bei so einer reisserischen Begeisterung mitmachten.

«Heute würde ich es nicht mehr machen», sagt Berben. Es sei damals nicht aus einer Verachtung gegenüber trans Menschen heraus geschehen. «Heute wird ganz anders über queere Identitäten diskutiert, und das ist auch richtig», so Berben.

#4 Für die Ehe für alle «Dass es jetzt die Ehe für alle gibt, ist ein wichtiges politisches Statement», sagte Berben 2017, im Jahr der Einführung der Ehe für alle in Deutschland. Was heute vielen selbstverständlich gilt, war vor der Einführung, gerade auch in der Mitte Gesellschaft, teils umstritten. Umso wichtiger war es, dass eine breit respektierte öffentliche Person wie Berben sich dafür aussprach.

Für sie selbst ist die Ehe jedoch nicht unbedingt etwas Wichtiges. Damals sei es noch rebellisch gewesen, sich gegen das traditionelle Konzept der Ehe zu stellen, sagte Berben. Sie wollte sich damals nie von gesellschaftlichen Konventionen einengen lassen. Heute sei sie nicht mehr so vehement dagegen, sondern sieht es eher praktikabel. «Es geht eigentlich auch so ganz gut», erklärt sie dazu, dass sie bisher nie geheiratet hat. Sie hoffe aber, dass sie immer noch rebellsich sei, «oder ob man das jetzt wach nennt oder neugierig und lernfähig und korrekturfähig.»

Iris Berben auf dem Radio Regenbogen Award 2017
(Bild: Sven Mandel)

#5 Gendern «Es ist ganz klar und essenziell, dass sich Sprache verändert. Das hat sie schon immer und das wird sie auch weiterhin tun. Nicht nur Sprache verändert sich, sondern mit ihr auch eine Haltung», sagte die Schauspielerin in einem Interview. Auch sie selbst habe erst lernen müssen, richtig zu gendern.

Sie selbst schränkt dabei aber ein, dass sie es nicht gut finde, wenn auf Menschen Zwang ausgeübt werde, wenn sie nicht genderten. Oder sie gar abgewertet würden. Dennoch steht sie nach wie vor hinter dem Zweck des Gendern: «Es geht darum, ausgegrenzte, benachteiligte Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren. Egal ob Religion, sexuelle Ausprägung, Hautfarbe, Geschlecht: Alle gehören dazu. Das ist der Ursprung des Genderns.»

#6 Eine fast-lesbische Rolle Eine lesbische Rolle gemeinsam mit Hannelore Elsner? Nicht ganz, aber dennoch gab es in dem Film einzelne Szenen, in denen sich beide Schauspielerinnen annäherten. In «Andrea und Marie» spielen Berben und Elsner zwei Frauen, die denselben Mann lieben. Eigentlich eine typische Samstag-Abend-TV-Geschichte. Aber dann gibt es da doch die nackte Begegnung im Fotostudio und später noch im Pool der beiden.

Heute würde das niemanden mehr vom Hocker reissen. Doch dafür, dass das ganze 1998 gedreht wurde um im ZDF lief, war es dann doch schon wieder bemerkenswert – wenigstens ein bisschen.

#7 Präsidentin der Filmakademie

Iris Berben war von 2010 bis 2019 Präsidentin der Deutschen Filmakademie in Berlin. Auch wenn der Filmbetrieb nach aussen ja oft so offen und divers daherkommt, hat die Öffentlichkeit in den letzten Jahren durch Skandale und Aufdeckungen immer wieder lernen müssen, welche Formen von Gewalt aber auch von Rückständigkeit dort ebenso zu finden sind. Die Outing-Initiative «Act Out» vom 2021 machte deutlich, welche befreiende Wirkung davon erstmals in dieser Szene ausging. In ihrer Zeit als Präsidentin hatte Berben jedoch schon kleine Türen geöffnet. Dazu gehörte auch die Gründung der AG Diversity, die regelmässig Treffen und Panels veranstaltete.

Iris Berben 2013 in Hannover
(Bild: Ilse Paul in Hannover)

#8 «Liebe wen du willst» Auch in dem Projekt LGBTIQ-Projekt «Liebe wen du willst» trat Iris Berben als Botschafterin auf. In einem Video mahnte sie: «Wer Menschen, egal welche sexuellen Orientierung sie haben, ausgrenzt, mobbt, sie beleidigt, ihnen seelisch oder körperlich wehtut – wer wegschaut, der macht sich schuldig.»

#9 Auszeichnungen für gesellschaftliches Engagement «Hass treibt Risse in unsere Gesellschaft, und wir alle können der Kitt sein», sagte Iris Berben bei der Verleihung des Karnevalsordens «Wider den tierischen Ernst» an sie in Aachen im Jahr 2022. In dieser Rede sprach sie sich auch für Frauenrechte, gegen Rassismus und Antisemitismus aus. Nicht, dass sie das alles immer für sich auch wolle, betonte sie, aber «ich will es dürfen! Ich will die bedingungslose Gleichberechtigung!»

Im gleichen Jahr erhielt sie auch den Ehrenpreis des Deutschen Fernsehpreises ausdrücklich für ihr gesellschaftliches Engagement. Zu dem Zeitpunkt hatte sie bereits zwei Bundesverdienstkreuze erhalten, einmal 1997 und 2003.

Iris Berben in Cannes (Foto: Christophe Simon/AFP/dpa)

#10 Gemeinsam stärker Sinnbildlich für ihre Einstellung des gesellschaftlichen Kampfes für mehr Sichtbarkeit einzelner Gruppen, die aber ihrer Ansicht nach immer im Miteinander und nicht gegeneinander erkämpft werden sollten, steht ihr Auftritt bei dem Filmfestival in Cannes 2021. Dort trug sie ein Kleid mit dem Aufdruck plus forts ensemble, zu Deutsch: «gemeinsam stärker».

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