Rechte Demo «gegen den CSD-Terror» zur Berliner Pride

1'300 Polizeikräfte sind im Einsatz

CSD Berlin am 22.7.2023 (Foto: Hannes P. Albert/dpa)

Am Samstag zieht die queere Gemeinschaft mit Hundert Gruppen durch die Hauptstadt. Am Bundestag weht dann wohl keine Regenbogenflagge. Dafür aber an anderen Orten.

Nach kontroversen Debatten um das Hissen der Regenbogenflagge soll es beim diesjährigen Christopher Street Day (CSD) in Berlin besonders laut und kämpferisch werden. Unter dem Leitsatz «Wir hören nicht auf, bis alle gehört werden!» zieht der Demonstrationszug am Samstag durch die Berliner Innenstadt.

Die «Zirkuszelt»-Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz («Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt») hatte im Vorhinein für eine Welle des Protests gesorgt (MANNSCHAFT berichtete). Der CDU-Politiker hatte damit die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) verteidigt, während des CSD in Berlin nicht erneut die Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude zu hissen.

Aus Protest wollen Aktivist*innen schon am morgigen Freitag eine 400 Quadratmeter grosse Regenbogenflagge auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude hissen. Das entspricht fast der Grösse eines Basketballfeldes. Auch vor dem Willy-Brandt-Haus will der SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf die Regenbogenflagge aufhängen. Die BVG lässt Teile der U-Bahn-Station am Bundestag in den Farben der progressiven Regenbogenflagge erstrahlen.

Der CSD will mit 80 Trucks und 100 unterschiedlichen Gruppen dem politischen Gegenwind und zunehmenden Anfeindungen von Rechtsextremen etwas entgegensetzen. Die Strecke verläuft wie in den Vorjahren vom Leipziger Platz in Mitte über den Potsdamer Platz nach Schöneberg und von dort zur Straße des 17. Juni und zum Brandenburger Tor. Am Ende der Strecke im Tiergarten findet eine grosse Abschlusskundgebung statt. Danach ist auf sechs Bühnen ein bunter Mix aus Live-Musik und politischen Statements geplant - inklusive musikalischem Surprise-Act, der am Freitag bekannt gegeben werden soll.

Der Aufbau beginnt am Donnerstag, sagte CSD-Pressesprecherin Sandrina Koemm-Benson der Deutschen Presse-Agentur. Die Wagen würden traditionell am Tag vor dem CSD, also am Freitag, auf dem Tempelhofer Feld aufgebaut und geschmückt.

Die Veranstalter rechnen mit mehreren Hunderttausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Für Sicherheit soll die Polizei mit einem grösseren Einsatz sorgen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin sind 1.300 Polizist*innen im Einsatz. Ausserdem sind etwa 1'000 zusätzliche Kräfte privater Unternehmen mit dabei. Hinzu kommen unter anderem 280 Ärzt*innen und Sanitäter*innen.

In der jüngsten Vergangenheit hatten in Deutschland mehrfach Rechtsextremisten gegen CSD-Veranstaltungen mobil gemacht. In Bad Freienwalde im Osten Brandenburgs griffen Mitte Juni mutmasslich Rechtsextremisten ein Fest für Toleranz an (MANNSCHAFT berichtete). In Berlin ist diesen Samstag eine Gegendemonstration unter dem Motto «Gemeinsam gegen den CSD-Terror und der Identitätsstörung» - inklusive falschem Artikel - mit 400 Teilnehmer*innen angemeldet.

Mit Blick auf die Sicherheitslage sagte Koemm-Benson: «Wir wünschen uns sehr, dass nichts passiert» und ergänzte: «Wir sind auf alles so weit vorbereitet.» In den vergangenen Jahren seien Demonstranten auf dem Weg nach Hause angegriffen worden. «Wir hoffen natürlich, dass das dieses Jahr ausbleibt.»

Das Team der East Pride Berlin will am Samstag als Fussgruppe am CSD teilnehmen. Motto: «Homos Juden Frauen – Ein Kampf für Leben und Freiheit!» In einer Mitteilung heisst es: «Wenn Hamas-kritische Stimmen aus Gaza in Berlin nicht zu Wort kommen, dann kommen auch Homos, Juden und Frauen bald nicht mehr zu Wort. Und wenn Juden in Berlin nicht sicher sind, dann sind es Homos und Frauen auch nicht.» Deshalb wolle man auf dem Berliner CSD ein Zeichen von «Selbstbewusstsein und echter Solidarität» setzen.

«Der CSD wird stattfinden, egal bei welchem Wetter» Teilnehmer*innen sollten besser eine Regenjacke einpacken. Am Samstagvormittag seien Schauer möglich, am Nachmittag bleibe es der aktuellen Vorhersage nach trocken, sagte eine Sprecherin des Deutschen Wetterdiensts am Mittwoch. Das könne sich aber noch ändern, zurzeit sei das Wetter sehr unbeständig.

Die Veranstalter*innen wollen sich davon nicht beirren lassen. «Der CSD wird stattfinden, egal bei welchem Wetter», sagte Koemm-Benson. Ausser natürlich es stürme oder gebe eine amtliche Wetterwarnung. «Aber davon gehen wir nicht aus.»

Berlins U-Bahnhof Bundestag ist jetzt regenbogenbunt: «Helfen beim Flagge zeigen.» Nach Angaben eines BVG-Sprechers wurden auch andere Stationen dekoriert (MANNSCHAFT berichtete).

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