Queer feiern – zusammen mit Heteros?
Dragqueen Nikita Ferreira schimpfte über hetero Frauen, die in Schwulenclubs feiern gehen
Worum geht es bei dieser Frage? Eine hetero Frau versucht das herauszufinden: Dafür hat sie in sich hineingehorcht und fünf queere Clubbing-Persönlichkeiten befragt, die sich einig und uneinig sind.
Am 6. September entdeckte ich eine Schlagzeile, die ihren Namen wirklich verdient hatte, denn sie traf mich mit Wucht an meinem wunden Punkt: «Wiener Dragqueen: Hetero Frauen in Schwulenclubs unerwünscht!» titelte der Beitrag auf MANNSCHAFT.com – und jeder dieser Buchstaben neonleuchtete mir ins Herz. Ich las weiter:
Die Dragqueen Nikita Ferreira hat in einem Video auf Instagram über hetero Frauen geschimpft, die in Schwulenclubs feiern gehen [. . .] . Die ganze Tanzfläche sei «voll mit Mädchen, die sich nicht benehmen können, die jeden Schwulen, der oberkörperfrei ist, anfassen müssen und dann auch noch Typen einladen in den Club, die hetero sind, weil sie ja keine hetero Männer hier haben», so Nikita, die in Wien das Public Viewing von Drag Race Germany moderiert. [. . .]
«Wer stört, fliegt raus, egal ob queer oder straight»
Meine Erfahrungen mit Heteros an queeren Partys sind gemischt, aber genau dafür gibt es Security, und wer sich so verhält, dass andere gestört werden, fliegt raus, egal ob queer oder straight. Ich war immer dafür, die Partys so offen wie möglich zu gestalten. Ich glaube, der Dialog ist der beste und wichtigste Weg zu einer Gesellschaft, in der alle miteinander auskommen.
Aber wenn die Organisator*innen einer Veranstaltung entscheiden, sie nur für eine bestimmte Gruppe von Menschen zu öffnen und andere abzuweisen, dann verstehe ich das auch. Das ist nicht meine persönliche Art, sondern es steht den Veranstaltenden frei, wie sie ihre Events gestalten. – tamaramascara.com
Als Reaktion auf Medienberichte zu ihrem Video erklärte sie . . . : Es gehe nicht darum, dass Frauen nicht in Schwulenclubs dürften. Aber: Sie sollten die Ausnahme und nicht die Regel sein. «We want our safe space back again.» [. . .] «Wenn du auf ein schwules Event gehen möchtest, das für schwule und queere Männer gedacht ist, dann halte in dieser Situation deine Fresse.»
Diese Zeilen gruben in mir Unsicherheiten aus, die ich meinte, überwunden zu haben. Wie Teufelchen säuselten sie mir ins Ohr: «Na, siehste, du bist ein Eindringling. Was willst du als Hete mit ihnen feiern? Sie wollen unter sich sein. Nikita spricht doch bloss aus, was alle denken.» Als ich im September die Forderungen von Nikita las, arbeitete ich seit 17 Monaten bei der MANNSCHAFT als Co-Chefredakteurin des Magazins.
Ich, eine hetero Frau mit klassischer Familienkonstellation, schreibe für das grösste queere Magazin im deutschsprachigen Raum. Zu Beginn brauchte ich eine Weile, um mir die Legitimation dafür zu geben, fragte mich, ob ich der Community mit meiner Arbeit gerecht werde. Zum Glück verflog diese Unsicherheit mit jedem Artikel, den ich schrieb, jeder Ausgabe, die ich mitherausbrachte, mit jedem Tag mehr, der sich anfühlte wie Arbeiten mit Freund*innen, durch die eine neue Leichtigkeit in mein Leben einzog, auch weil sie so schön aufdrehen können, sei es die Lautstärke der Weihnachtslieder im Büro oder die hüpfende Lebensfreude an queeren Partys, und ja, das auch mit mir.
«Nur Queers im Raum heisst nicht automatisch, dass sich die Einzelnen wohl fühlen»
Ich finde es absurd, eine queere Party nur für «Queers» zu machen. Wichtig an queeren Partys ist doch, dass sich Menschen unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität und Sexualität wohl fühlen können. Dafür ist es meines Erachtens wichtiger, wie die Feiernden miteinander umgehen, als wie sie sich selbst definieren. In dieser Hinsicht habe ich bei queeren Veranstaltungen von vielen Allys und Heteros ein achtsameres Verhalten wahrgenommen als von einzelnen Queers. Wenn nur Queers im Raum sind, heisst das nicht automatisch, dass sich die einzelnen Personen dort auch wirklich wohl fühlen. Zudem, wie sollte ich so was an der Tür durchsetzen?
Ich denke, wir sollten wirklich davon wegkommen, Menschen nach ihrem Sein zu schubladisieren und mehr darauf achten, wie wir miteinander umgehen. Mir persönlich ist es viel wichtiger, wie sich eine Person verhält, als wie sie sich selbst bezeichnet. Ich hoffe, dass es irgendwann keinen Unterschied mehr zwischen queerem und straightem Clubbing mehr gibt und dass man das auf einer Party gar nicht mehr unterscheiden kann.
Alle Menschen, die gleiche Interessen, Werte und Absichten haben, sollten miteinander feiern können. Es wird immer unterschiedliche Partys geben, eben aufgrund dieser unterschiedlichen Ansprüche: Die einen wollen lieber im Technokeller tanzen, die anderen zu Pophits mitsingen, die dritten wollen möglichst viele neue Leute kennenlernen und so weiter. Es wäre schön, wenn queer oder straight nur eine kleine Rolle unter vielen anderen Vorlieben spielen würde. – clausette.ch
Queerhübeli, do you believe in love? Letztes Jahr überreichte mir mein Chefredaktionskollege Greg den Flyer für die Berner «Queerhübeli»-Partyreihe, die er seit Jahren mitorgansiert. Ich fragte ihn: «Ist es ok, wenn Heteros kommen?» «Sicher, hetero Frauen feiern gern mit uns.» «Kann ich meinen Mann mitbringen?» «Klar.»
Klar, wollte ich meinen Mann dabeihaben – er und ich lieben es seit 18 Jahren, zusammen zu feiern. Unsere Gelegenheiten dazu haben Kinder und zuletzt Corona eingedampft. Entsprechend hibbelig kamen wir im «Queerhübeli» an. Eine Mischung aus ungezügelter Vorfreude, zäher Tanzabstinenz und Prosecco-kribbeligem Blut katapultierte mich auf die Tanzfläche.
Nach einer Weile waren wir Teil einer tanzenden Traube, gewachsen aus dem Mannschaft-Team und seinen Freund*innen, die schliesslich selbst verschwand in der clubausfüllenden Tanztraube. Wer heimwollte, den zerrten die Backstreet Boys und Bonny Tyler zurück auf die Tanzfläche.
Irgendwann in dieser Nacht hüpfte ich körperkontaktet mit vier schwulen Männern umher – meinen beiden Chefs, unserem Art Director und seinem Freund – und wir sangen mit Cher «Do you believe in love». Gegen drei Uhr morgens kehrten mein Mann und ich glückbeseelt heim.
An diese Party musste ich denken, als ich von Nikita las – und fühlte mich ertappt. Ich, eine hetero Frau, hatte einen hetero Mann zu einer queeren Party mitgebracht, hatte Körperkontakt mit schwulen Männern (die noch ihre T-Shirts anhatten), und anstatt «meine Fresse zu halten», hatte ich schief-schrei-mitgesungen. Ich hielt kurz die Luft an.
Ich fragte mich, ob sich jemand an mir und meinem Mann gestört haben könnte. Und während ich mich das fragte, ärgerte ich mich gleichzeitig über mich selbst, weil ich im Begriff war, die Leichtigkeit zu vertreiben, die mir in dieser Nacht die Tanzflügel geweitet hatte.
Wenn ich queeren Partys von nun an nicht aus purer Unsicherheit fernbleiben wollte, musste ich versuchen zu verstehen, worum es bei der Frage geht: Sind queere Partys auch für Heteros? Da ich die falsche Person bin, um darauf eine Antwort zu geben, habe ich fünf spannende Menschen aus der Clubbing-Szene befragt, ihre Perspektiven zusammengetragen und um meine ergänzt. (Nikita hat auf Anfrage bis zum Redaktionsschluss nicht mit einer Stellungnahme geantwortet.)
Danebenbenehmen Was bedeutet «sich danebenbenehmen», wie Nikita es den hetero Frauen vorwarf? Ich fragte in unserer Mannschaft-Redaktion nach. Sie nannte solche Beispiele: Wenn eine grosse Gruppe Frauen kreischend fast die ganze Tanzfläche einnimmt. Wenn es zu laut wird. Wenn angerempelt wird. Wenn Menschen ungefragt betatscht werden.
Ok, denke ich mir, solches Verhalten nervt, und erinnere mich an grölende hetero (?) Männergruppen, denen das Bier aus dem Becher schwappte, der Schaum an der Oberlippe klebte und die in die Knie gingen, damit sie die Hand unters Röckchen schieben konnten. Anders, aber im Kern ähnlich, können auch Heterofrauen die Grenzen von (schwulen) Männern überschreiten.
Aber Achtung vor der Pauschalisierungsfalle: Wenn eine Gruppe (hetero Frauen) sich danebenbenimmt, dann ist es eben nur diese Gruppe (hetero Frauen) und nicht alle auf Erden. Wobei für Aussenstehende sowieso offenbleibt, ob jede Einzelne aus dieser kreischenden Frauengruppe tatsächlich nur auf Männer steht.
Im Grunde ist es unabhängig von der sexuellen Orientierung und Identität: Grenzen anderer sind zu respektieren. An jeder Party. Doch nicht jede Party ist gleich gut. Was also macht die queeren Partys so besonders?
«Die grosse Mehrheit der Gäste sollte queer sein»
Für mich ist es wichtig, dass queeres Clubbing nicht politisch ist und wird, sondern dass innerhalb der Community ausgelassen getanzt und gefeiert werden kann. Das Zusammensein unter sich und die Party sollen im Vordergrund stehen und zu guter Musik soll getanzt werden können. Die Alltagssorgen dürfen für einmal draussen bleiben.
Ich habe kein Problem mit Heteros, solange es sich um Freund*innen der Gäste handelt oder um Leute, die der Community wohlgesinnt sind. Denen muss klar sein, dass es eine queere Party ist, auch zahlenmässig. Das heisst, die grosse Mehrheit der Gäste sollte aus der queeren Community kommen. Für alle anderen gibt es stets genügend Alternativen. Wer Probleme mit queeren Partys hat, ist sowieso nicht willkommen.– Instagram: @djtaylorcruz und Soundcloud: @taylor-cruz-18
Der Hype ums queere Feiern Was mir so gefällt an Queer-Partys: Ich bin als Denise da. Wer mit mir tanzt oder redet, tut das nicht mit meinen primären oder sekundären Geschlechtsmerkmalen, sondern mit mir als feiernder Person.
Zudem sind viele Leute da, die tanzen, tanzen, tanzen. Bloss rumstehen und gucken? Gibt’s nicht. Und: Es feiern Junge, Alte und alle Reifegrade dazwischen – jedes Mal, wenn alle zusammen ihre Ellbogen und Fingerspitzen im «VMCA»-Takt umherschieben, bekomme ich Gänsehaut.
Was andere Heteros an queeren Partys schätzen, hat das Onlinemagazin «Vice» herausgefunden: Mathew Slough sagte, das Beste sei für ihn, dass man nicht verurteilt werde und sich selbst sein könne. Er habe noch nie auch nur einen Funken Aggression verspürt. Und er ergänzte: «Wenn du dich bei einer Queer-Party nicht willkommen fühlst, liegt das wahrscheinlich an deiner Ausstrahlung, nicht an deiner sexuellen Orientierung.»
Regina Belmonte sagte zu Vice: «Ich kann mich auf der Tanzfläche voll verausgaben, ohne befürchten zu müssen, dass man mich belästigt oder verurteilt. Und ich kann anziehen, was ich will.» Hetero Frauen schätzen Queer-Partys als Safe Space: Sie können tragen, was sie wollen, tanzen, wie sie wollen, ohne begrabscht oder aggressiv angegraben zu werden.
Dieser Wunsch nach einem friedlichen und zugleich ausgelassenen Ort hat zu einem «Hype um queeres Feiern» geführt. So titelte die österreichische Zeitung Der Standard im Sommer und berichtete über den Erfolg der Partyreihe Fagtory Club in Graz. Seit 2014 organisiert von den «Rosa-Lila PantherInnen», der steirischen LGBTIQ-Interessenvertretung.
Deren Vereinsvorsitzender Joe Niedermayer sagte: «Die Clubbings finanzieren unsere Projekte mit, sollen aber gleichzeitig ein Service sein. Wir als queere Personen möchten genauso feiern können und uns dabei sicher und willkommen fühlen. Wobei auch nicht-queere Personen eingeladen sind, mit uns zu feiern, solange sie sich respektvoll verhalten.»
Rund 1’000 Menschen pro Monat kommen mittlerweile. Es wird eng vor den Toiletten und auf der Tanzfläche, wo verschiedene Altersgruppen, Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierungen aufeinandertreffen. Doch die Gäste bleiben freundlich und nachsichtig. Fast alle.
Den Safe Space schützen, aber wie? Gefährdet dieser Hype den Safe Space, der ein wichtiger Ort für die Community ist? Gemäss einer Studie von Pink Cross, der Schweizer Organisation für schwule und bisexuelle Männer, ist Queer-Clubbing neben den Festivitäten rund um den Christopher Street Day der häufigste Treffpunkt für queere Menschen. 70 Prozent der Befragten fühlen sich an Community-Orten sicherer. 20 Prozent sind oft beziehungsweise regelmässig im Club, 30 Prozent ab und zu, die Hälfte nie.
Wie viele Heteros verträgt eine queere Party als Safe Space? In Graz stossen die Veranstalter*innen mit ihren 1’000 Gästen an Grenzen: «Wir sind vielleicht zu gross geworden. Zumindest zu gross für Graz», sagte Joe Niedermayer. Die Herausforderung liege darin, bei so vielen Menschen sicherzustellen, dass alle das Konzept verinnerlicht hätten. Im Darkroom, der den Partygästen für sexuelle Kontakte zur Verfügung steht, komme es öfters zu Übergriffen, meist von Männern, zitierte Der Standard eine junge Frau.
Um den Safe Space zu wahren, ist Awareness das A und O. Es braucht Bewusstsein, Aufmerksamkeit und Sensibilität für Grenzen und deren Nichtüberschreiten. Der grösste queere Club Berlins, das SchwuZ, setzt auf ein diskriminierungssensibles und ausgebildetes Sicherheitsteam und eine bewusste Einlass- und konsequente Rauswurfpolitik, die das SchwuZ als queeren Raum kreiert und schützt.
«Bei uns sind alle willkommen, die unsere Werte teilen»
Unsere Philosophie lautet: loud & proud! Denn wir leben queere Kultur – und das nicht nur auf der Tanzfläche. Kunst und Kultur sind der Puls unseres Programms und alle, die mitmachen, gehören zur queeren Familie. Bei uns sind alle herzlich willkommen, die unsere Werte teilen. Es sollte nicht am Geschlecht, der sexuellen Orientierung oder an der eigenen Identität festgemacht werden, ob Menschen zusammen im Club feiern. – schwuz.de
Awareness beginnt an der Tür Die Tür ist das Tor zum Safe Space. Das wissen auch die Veranstalter*innen des Fagtory Clubs – deshalb taucht am Eingang immer wieder Personal zwischen den Gästen auf und verwickelt sie in kurze Gespräche: «Kennst du unsere Regeln? Kannst du sie aufsagen?» Wer sich nicht an den Dresscode hält oder die Regeln nicht kennt, muss draussen bleiben.
Die Partyreihe «Shut The Fuck Up» aus Luzern praktiziert einen weiteren Ansatz und macht ihren Gäste klar: «Die erste Stunde des Einlasses von 23 bis 0 Uhr ist für BIPOC und/oder queere Menschen. Wir bitten die nicht-angesprochenen Communities solidarisch bis Mitternacht zu warten und freuen uns danach mit allen gemeinsam Party zu machen.»
Solche Ansätze können leichter umgesetzt werden, als wenn Heteros per se draussen bleiben sollen. Denn wie will man am Eingang herausfinden, wer queer genug ist? Was ist «queer genug» eigentlich? Muss die hetero Schwester draussen bleiben, wenn ihr schwuler Bruder drinnen seinen Geburtstag feiert? Was ist mit denen, die herausfinden wollen, wer sie sind oder auf wen sie stehen? Und was ist mit den Allys?
«Von Vielfalt reden und sich über zu viele Heteros aufregen ist verlogen»
Ich bin gegen Feiern in Schubladen. Es sei denn, es handelt sich um explizit ausgezeichnete schwule Sexpartys. Da kann ich verstehen, dass Männer, die mit Männern Sex haben wollen, unter sich bleiben möchten. Jeder, der auf einer Party seines Geschmacks feiern will, soll das tun können, ohne darüber nachzudenken, ob sie einen hinsichtlich sexueller Orientierung oder Identität abholt. Ich finde, je bunter und gemischter eine Party ist, desto besser. Wir reden immer von gelebter Vielfalt und regen uns dann auf, wenn zu viele Heteros auf einer Party sind. Ich finde das verlogen und doppelmoralisch.
Ich mache seit über 20 Jahren nur gute Erfahrungen mit Allys und Heteros auf Partys. Nur so schafft man gegenseitiges Verständnis. Es ist nie gut sich vor der Welt zu verstecken. Man muss sich ihr und ihren Menschen öffnen. Immer im Dialog und auch im persönlichen Kontakt bleiben.
Alle Menschen sollen miteinander glücklich sein und sich gegenseitig kennenlernen und erforschen. Das gilt natürlich nur für Menschen, die in Frieden kommen. Leider ist das in unserer Gesellschaft und auf dieser Welt, die mittlerweile ein einziger Scheisshaufen zu sein scheint, sehr schwierig geworden. Es gibt zu viele Menschen, die ein böses Wesen haben und anderen Böses antun wollen. – ninaqueer.com
Schubladen aus den Angeln heben Ich bin ein Kind der DDR, herangewachsen in der Wende. Die Erwachsenen sprachen immer von «Ossis» und «Wessis», von «uns» und von «denen da drüben». Diese Art, wie sich Menschen voneinander abgrenzten, hat mich schon als Knirps irritiert. Inwiefern bringt es die Menschen weiter, wenn sie sich ständig voneinander unterscheiden wollen? Das leuchtete mir nie ein. Bis heute nicht. Je mehr ich über die Welt lerne, desto mehr Schubladen kommen dazu, in die ich meine Gedanken nicht stecken möchte. «Queer» ist eine davon.
Seit ich bei der MANNSCHAFT arbeite, schärft sich mein Blick auf die Community, ich nehme ihre Themen mit an den Küchentisch, zum Friseur, in die Arztpraxis, ins Café; mein Mann trägt sie weiter zur Arbeit; selbst meine kroatische Schwiegermama liest jedes Magazin.
Ich fühlte mich nicht nur als hetero Frau ausgeschlossen, sondern auch als Ally
Und wenn ich ehrlich bin, hat mich die Zeile «Hetero Frauen in Schwulenclubs unerwünscht!» nicht nur verunsichert, sondern auch ein bisschen traurig gemacht, weil ich mich nicht nur als hetero Frau ausgeschlossen fühlte, sondern auch als Ally.
Allys unterstützen die Community, setzen sich für eine vielfältige Gesellschaft ein, die sich als eins sieht, in der niemand ausgeschlossen wird. Es fühlte sich flau an das Gefühl, selbst von der Community ausgeschlossen zu werden, Schublade auf, Schublade zu.
Das Band zwischen Queers und Allys empfinde ich als zu wertvoll, um es zu zerschneiden. Und gemeinsames Feiern stärkt dieses Band. Alles, was Schubladen aus den Angeln hebt, sollte beschützt werden.
Am Ende entscheiden die Veranstalter*innen, ob sie eine «Queers Only»-Party wollen oder nicht. Ich verstehe und respektiere, dass die Community unter sich feiern will, weil es für sie ein anderes, sichereres und freieres Feiern ist. Ihren Safe Space würde ich ihr niemals wegnehmen wollen.
Sicher und frei zu feiern ist auch aus der Perspektive einer heterosexuellen Frau etwas Wunderbares. Am Ende bleibt es ein Dilemma: Den Safe Space schützen oder den offenen Raum erweitern? Andere aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ausschliessen oder den Weg der Inklusion gehen?
Der Fagtory-Club hat sich so entschieden: «Unser langfristiges Ziel ist es, dass auch Personen, die sich noch nie mit unseren Themen beschäftigt haben, nach Hause gehen und etwas gelernt haben. Wir wollen unser Konzept über das Clubbing hinaus verbreiten», sagte Niedermayer der Zeitung Der Standard.
Ich glaube, da steckt viel Kraft drin: Wenn Menschen in ihren Werten vereint feiern. Und gemeinsam singen: Do you believe in love?
Zehn Jahre ist es her, dass sich Thomas Hitzlsperger als schwul geoutet hat. Heute ist der Ex-Fussballer u.a. DFB-Botschafter für Vielfalt und besitzt ein Restaurant in London. Mit ihm sprachen wir über den spanischen Kussskandal, über deutsche Politik und warum er für sein Coming-out-Interview zwei Anläufe brauchte (MANNSCHAFT+).
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