Pride-Verbot: 20 EU-Länder erhöhen den Druck auf Ungarn
20 EU-Staaten stellen sich klar gegen Ungarns Pride-Verbot. Auch Deutschland verschärft den Ton Richtung Budapest – und bringt einen möglichen Entzug der Stimmrechte ins Spiel.
Deutschland, Österreich und 18 weitere EU-Staaten erhöhen den Druck auf Ungarn wegen neuer Gesetze gegen geschlechtliche und sexuelle Minderheiten. In einer gemeinsamen Erklärung äussern sich die Länder «zutiefst besorgt» über Gesetzesänderungen, die unter anderem Geldstrafen für Veranstalter von Pride-Demonstrationen sowie eine automatische Gesichtserkennung bei solchen Events ermöglichen. Diese Massnahmen bedrohten die Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und den Datenschutz, heisst es.
Die Unterzeichner – darunter auch Frankreich, die Niederlande und die nordischen Länder – fordern, dass Ungarn die Gesetze überarbeitet und seine internationalen Verpflichtungen wahrt. Andernfalls solle die EU-Kommission «alle Instrumente des Rechtsstaatsmechanismus» nutzen. Zunächst beteiligten sich 17 Mitgliedsstaaten an der Erklärung, bis Dienstagnachmittag schlossen sich drei weitere Länder an.
In Budapest gab es in den vergangenen Wochen mehrere Proteste gegen das Verbot (MANNSCHAFT berichtete). Neben dem Vorgehen gegen Pride-Demonstrationen steht Ungarn auch für ein Gesetz in der Kritik, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen einschränken soll.
Deutsche Bundesregierung erwägt Entzug der Stimmrechte Die neue Bundesregierung schliesst wegen Ungarns Umgang mit der Rechtsstaatlichkeit auch einen Einsatz für den Entzug der Stimmrechte auf EU-Ebene nicht aus. Jede Geduld habe «irgendwann mal ihr Ende», sagte der deutsche Europastaatsminister Gunther Krichbaum (CDU) bei einem EU-Treffen in Brüssel. Die ungarische Regierung stelle «absolut verbindliche Prinzipien» wie Meinungs- und Pressefreiheit infrage, die in der EU für Zusammenhalt sorgen würden.
Ein Entzug der Stimmrechte wäre nach Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union möglich, sollten die anderen Mitgliedsstaaten einstimmig feststellen, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der Rechtsstaatlichkeit vorliegt. Den Schritt wolle man zwar vermeiden, gleichzeitig aber «nichts unversucht lassen», sagte Krichbaum. «Wir hoffen natürlich, dass auch Ungarn irgendwann mal diesen Ernst der Lage wirklich erkennt.»
Budapest weist die Vorwürfe zurück Ungarns Europaminister Janos Boka wies die Vorwürfe bezüglich der Pride unterdessen zurück. «Es gibt in Ungarn kein Pride-Verbot», sagte er am Rande eines Treffens in Brüssel. Er wolle seinen Kolleginnen und Kollegen die rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlagen erläutern. Boka hoffe, dass diese danach ein «nuancierteres Bild» der ungarischen Gesetzgebung hätten.
Das ungarische Parlament hatte am 18. März per Eilverfahren die bisher alljährlichen Pride-Paraden verboten (MANNSCHAFT berichtete). Formell ist die Neuregelung eine Ergänzung des Versammlungsgesetzes, die vorsieht, dass Versammlungen das Kinderschutzgesetz nicht verletzen dürfen. Die Pride-Parade wird darin nicht explizit genannt, sie ist jedoch mitgemeint, wie auch aus den Debatten im Parlament hervorging.
Mehr: «Pride ist kein Partyhut»: Die Wiener Regenbogenparade soll 2025 wieder deutlich politischer werden (MANNSCHAFT berichtete)
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