«Gender-Polizei» in Bars? Hunderte Firmen gegen britisches Anti-trans-Gesetz
Warnung vor Diskriminierung und Konflikten
Die britische Menschenrechtskommission EHRC steht massiv in der Kritik: Ein neuer Code of Practice könnte trans Menschen aus geschlechtsspezifischen Räumen ausschliessen. Hunderte Unternehmen warnen vor Diskriminierung und Konflikten im Alltag.
Die britische Menschenrechtskommission EHRC hat der Regierung einen neuen «Code of Practice» vorgelegt. Dieser sieht vor, dass trans Menschen künftig nicht mehr die geschlechtsspezifischen Räume und Services nutzen dürfen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen – etwa Toiletten oder Umkleiden. Das berichten britische Medien. Kritiker*innen warnen, dass dies ein faktisches Outing und eine massive Diskriminierung bedeuten würde.
Der Vorschlag baut auf einem Urteil des Supreme Court auf, das «Frauen» im Equality Act von 2010 als «biologische Frauen» definierte (MANNSCHAFT berichtete). Auf dieser Grundlage will die EHRC den rechtlichen Rahmen für sogenannte Single-Sex-Services neu auslegen. Sollte die Regierung den Code billigen, wäre die Ausgrenzung von trans Menschen gesetzlich verankert.
Widerstand kommt von allen Seiten: In einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Peter Kyle und Gleichstellungsministerin Bridget Phillipson wandten sich unter anderen Ben & Jerry’s, Lucy & Yak und Lush Cosmetics gemeinsam mit Hunderten weiteren Unternehmen gegen die Pläne. Auch queere Gruppen wie die Trans+ Solidarity Alliance und Safe Space UK sind beteiligt. In ihrem Schreiben heisst es, die EHRC-Guidelines seien «unvereinbar mit unseren Werten» und zwängen Personal in die Rolle von «Gender-Polizist*innen».
Kritisiert wird vor allem die Praxis, dass Unternehmen ihre Angestellten verpflichten muessten, Gäste nach Geburtsgeschlecht oder Dokumenten zu fragen, um Toiletten- oder Umkleidenutzung zu regulieren. «Wir hatten nie Probleme mit unseren Toiletten», sagte ein Sprecher des Londoner Pubs The Old Nun’s Head. Diese Regeln seien reine «Ressourcenverschwendung.»
Neben moralischen Einwänden betonen viele Firmen auch die wirtschaftliche Dimension. Inklusion und Diversität seien nicht nur ein Wert an sich, sondern förderten auch langfristigen Erfolg. Studien zeigen: Firmen mit klarer Diversitätsstrategie sind meist erfolgreicher. «Die Vorschläge stellen Unternehmen vor Konflikte zwischen Werten und Zwangsregeln», warnt Jude Guaitamacchi von der Trans+ Solidarity Alliance.
International wird der Druck grösser: Das Lemkin Institute for Genocide Prevention forderte die UN bereits auf, die EHRC herabzustufen. Man wirft ihr vor, «von transfeindlichen Agenden gekapert» worden zu sein und die Pariser Prinzipien, die für nationale Menschenrechtsinstitutionen gelten, zu verletzen. Im Frühjahr hatte es grosse Demonstrationen im Zentrum Londons gegeben (MANNSCHAFT berichtete).
Die EHRC weist dies zurück und betont, man sei «unabhängig und menschenrechtskonform». Nun liegt es an Ministerin Bridget Phillipson, den Code zu prüfen. Sollte sie ihn bestätigen, wäre Grossbritannien eines der wenigen Länder in Europa, das gesetzlich den Ausschluss von trans Personen aus Räumen des täglichen Lebens vorschreibt.
Obwohl die LGBTIQ-Community oft mit linken Bewegungen assoziiert wird, zeigen Umfragen und Studien: Ein Teil schwuler Männer fühlt sich von konservativen oder gar rechtspopulistischen Parteien angezogen. Was steckt dahinter – politische Überzeugung, Abgrenzung, persönliche Prägung? (MANNSCHAFT-Story)
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