++ Stolperstein in Düsseldorf ++ Mit Merz kein Queerbeauftragter? ++

LGBTIQ-Kurznews aus Deutschland

(Bild: Jürgen Wenke)

Kurz, knapp, queer – die LGBTIQ-Kurznews aus Deutschland

Unser Nachrichtenüberblick für die Woche ab dem 7. Okober 2024.

++ Neuer Stolperstein in Düsseldorf ++

Der in Düsseldorf lebende Händler und Silberschmied Wilhelm Zitschka (1880*) und der berufslose Arbeiter Alfred Ledermann (1921*) aus Duisburg hatten mehrfach Sex miteinander. Deswegen wurden sie verfolgt und im April 1941 verurteilt: Zitschka zu 2 Jahren Gefängnis, Ledermann zu einem Jahr. Zitschka drohte nach der Verbüssung der Strafe die Einweisung ins KZ. Um dem zu entgehen, stimmte er unter dem Druck der drohenden Gefahr der sogenannten «freiwilligen Entmannung / Kastration» zu. Dennoch musste er die komplette Haftstrafe verbüssen, wurde im Jahr 1943 entlassen und starb im Jahr 1960 in Düsseldorf. Dort erinnert seit Freitag ein Stolperstein an ihn.

Ledermann wurde nach der vollen Haftverbüssung am 9. Februar 1942 von der Polizei gleich wieder verhaftet und in sogenannte «Vorbeugehaft» genommen. Im März 1942 deportierte ihn die Polizei ins KZ Sachsenhausen. Dort wurde er im Sommer bei einer gezielten Mordaktion getötet, wie über 80 andere Homosexuelle. Der Stolperstein für Ledermann wurde bereits im September 2018 in Duisburg verlegt.

++ Mit Merz kein Queerbeauftragter? ++

Der CDU-Chef hat auf dem CSU-Parteitag in Augsburg eine Rede gehalten. Dort war u.a. eine Verkleinerung des Staatsapparates («aufgeblähter Wasserkopf in Berliner Amtsstuben») Thema. Diese sei unumgänglich. Die 34 Beauftragten der Bundesregierung versprächen nur die Lösung von Problemen, «die wir ohne sie gar nicht hätten». Ausser der Wehrbeauftragten gehörten alle auf den Prüfstand, so Merz. Das würde in der Folge auch das Amt des Queerbeauftragten betreffen.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss Merz erneut kategorisch aus. «Wir würden die Seele der Union verkaufen, wenn wir mit solchen Leuten zusammenarbeiten.» Die AfD sei ausländerfeindlich, rechtsradikal und «im Kern antisemitisch» und daher keine Alternative, sondern der Abstieg für Deutschland.

++ Rücktritt wegen Regenbogenfahne ++

Die Neubrandenburger Stadtvertretung hat entschieden, die Fahne am Bahnhof infolge mehrerer Angriffe nicht mehr zu hissen. Das geht aus einer Mitteilung der Linksfraktion des Landtags hervor, die die Entscheidung als «beschämendes Signal» bezeichnete. Kurz darauf gab Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) seinen Rücktritt im Mai 2025 bekannt. Er sprach sich in der Vergangenheit für ein weltoffenes und tolerantes Neubrandenburg aus - unter anderem als CSD-Schirmherr.

In der Vergangenheit hatten Unbekannte die Regenbogenflagge am Bahnhof mehrmals gegen eine Fahne mit einem Hakenkreuz ausgetauscht. Inwiefern Witts Rücktritt am Donnerstag mit solchen Angriffen und der Entscheidung der Stadt vom Mittwochabend zusammenhängt, ist bislang unklar. Um ein Zeichen gegen den Beschluss der Stadt zu setzen, fand am Mittag eine Mahnwache vor dem Bahnhof statt. Rund 200 Menschen protestierten nach Angaben der Polizei friedlich - mit zahlreichen Regenbogenfahnen. (dpa)

++ Mutmasslicher CSD-Schläger stellt sich ++

Nach einem Angriff auf einen 24-Jährigen am U-Bahnhof Brandenburger Tor in Berlin-Mitte hat sich ein Verdächtiger gestellt. Das teilte die Polizei mit. Es wurde mit Fotos nach zwei Männern gefahndet, die Ende Juli den 24-Jährigen nach dem Christopher Street Day schwulenfeindlich beleidigt und angegriffen haben sollen. Dabei sei der Mann zu Boden gestürzt und habe starke Schmerzen am Kiefer erlitten. (dpa)

++ Fussball für Vielfalt ++

Der Bundesliga-Verein Werder Bremen hat am internationalen Coming-out-Tag ein Zeichen für die Liebe gesetzt.

++ Karlsruhe eröffnet LGBTIQ-Zentrum ++

Am Donnerstag wurde gefeiert: Das Queerkastle, Begegnungsraum für Beratung, Unterstützung und Vernetzung für Menschen unterschiedlicher geschlechtlicher und sexueller Identitäten, wurde umfangreich renoviert und nun eingeweiht. Staatssekretärin Ute Leidig begrüsste als Schirmherrin die 250 Personen aus der Community und Gäste aus der Stadtgesellschaft.

karlsruhe queer
(Bild: Queerkastle)

Alexandria Dritschler, Sprecherin des Vereins, dankte dem Gemeinderat, der trotz Sparhaushalt einen Mietkostenzuschuss für die Räume bewilligte. Oberbürgermeister Mentrup lobte das leidenschaftliche Engagement der vielen Ehrenamtlichen.

++ Polizei sucht CSD-Angreifer ++

Mit der Veröffentlichung von Bildern sucht die Polizei Berlin nach einer gefährlichen Körperverletzung nach zwei Männern (20 - 30 Jahre alt). Sie sollen nach dem CSD am Sonntag, den 28. Juli gegen 0.30 Uhr in einer Zwischenebene des U-Bahnhofs Brandenburger Tor einen 24-Jährigen erst homophob beleidigt und anschliessend angegriffen haben. Dieser stürzte zu Boden und erlitt unter anderem starke Schmerzen am Kiefer. Des Weiteren versuchten die Tatverdächtigen, auch den 24-jährigen Begleiter des Geschädigten körperlich anzugreifen.

Tatverdächtiger 1 ist etwa 1,80 bis 1,85 m gross, von athletischer Statur mit dunklen Haaren und Vollbart. Er trug ein dunkelgrünes Sweatshirt der Marke Adidas, eine helle kurze Hose und eine schwarze Umhängetasche. Der andere Verdächtige wird auf dieselbe Grösse geschätzt, von schlanker Statur mit dunklen Haaren. Er war mit einem Windbreaker (dunkelblau/weiss) und einer dunkelblauen Hose bekleidet. Hinweise nimmt die Polizei unter 030/4664-953528 oder per Mail ([email protected]) entgegen

++ Ataman sieht offenere Diskriminierung ++

In Deutschland wird nach Einschätzung der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes wieder offener und ungehemmter diskriminiert. Zur Frage, ob es heute mehr Diskriminierungen als früher gebe, sagte Ataman der Rheinischen Post», es fehlten repräsentative Untersuchungen. Zu beobachten sei aber, dass sich mehr Menschen bei der Antidiskriminierungsstelle und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen meldeten.

Gewalttätige Übergriffe auf Geflüchtete, Muslim*innen, Jüd*innen, aber auch auf queere Menschen und Menschen mit Behinderung hätten zugenommen. «In diesen Fällen sprechen wir nicht von Diskriminierung, das sind Straftaten. Aber auch dort, wo wir zuständig sind, stellen wir einen klaren Anstieg fest.» So gebe es auch deutlich mehr Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. (dpa)

++ Journalismus zu männlich und hetero ++

Der Verein ProQuote Medien spricht sich für geschlechtergerechte Gehaltsstrukturen bei Führungskräften im Journalismus aus. Diese sollten etabliert und offengelegt werden, teilte die Organisation in Berlin mit. Zudem müssten Frauen institutionell über Netzwerke, Coaching und Mentoring gestärkt werden. Der Verein setzt sich seit 12 Jahren dafür ein, dass mehr Frauen in Führungspositionen in Medienhäusern kommen.

ProQuote legte eine neue vom Staat geförderte Analyse vor, in der es heisst: «Der Journalismus ist in Deutschland noch immer überwiegend männlich, weiss, heterosexuell und geprägt von einer westdeutschen Perspektive. In Führungspositionen zeigt sich dieses Ungleichgewicht besonders deutlich.» Dazu wurde mit 30 führenden Journalistinnen aus regionalen und überregionalen Medien geredet.

++ Gendergerechte Klos sparen Geld ++

Auf eine entsprechende Frage des Grünen-Abgeordneten Felix Martin mit Blick auf Unisex-Toiletten etwa in Zügen und Flugzeugen sagte Hessens Sozialministerin Hofmann (SPD) im Wiesbadener Landtag: «Das ist zutreffend.» Manche Parlamentarier*innen lachten.

Öffentliche Toiletten sind ansonsten meist nach Geschlecht getrennt: Nicht-binäre Menschen, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen, könnten sich hier unwohl fühlen. Frank Grobe (AfD) hatte nach den Kosten für gendergerechte Toiletten gefragt. Sozialministerin Hofmann antwortete, dies könne sie nicht beziffern, da verschiedene staatlichen Ebenen dafür zuständig seien. Das Grundgesetz schütze die geschlechtliche Identität aller Menschen. Keinesfalls sollten hier die Interessen von Minderheiten beschnitten werden, egal, wie klein sie seien. (dpa)

++ Queerer Nachfolger für Kühnert ++

Der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch folgt auf den zurückgetretenen Kevin Kühnert (MANNSCHAFT berichtete) und hat dem Kanzler seine Rückendeckung ausgesprochen. Er will ihm aber durchaus auch Kontra geben. «Olaf Scholz wird sich auf mich hundertprozentig verlassen können», betonte der Bundestagsabgeordnete in Berlin. Zugleich erklärte Miersch, der in einer Eingetragenen Partnerschaft lebt: «Ich werde nicht bequem und ein einfacher Ja-Sager sein.»

Miersch lehnte es ab, schon jetzt über Koalitionsoptionen für die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl nachzudenken. Das erklärte Ziel der SPD sei es, wieder zur stärksten Fraktion im Bundestag zu werden. «Und dann sehen wir weiter.» Als Generalsekretär will er selbst gegen Rechtsextremismus und Populismus kämpfen. Er stehe zudem dafür, dass Ökologie, Wirtschaft und sozialer Zusammenhalt zusammen gedacht würden. (dpa)

++ Maren Kroymann geehrt ++

12 Berliner*innen sind mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet worden. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CD) übergab den Orden im Festsaal des Roten Rathauses an elf Bürgerinnen und Bürger für ihr Engagement für die Stadt, das Land und die Demokratie. Einer Ordensträger war bereits vorab ausgezeichnet worden. «Demokratie muss tagtäglich gelebt und verteidigt werden», sagte Wegner laut einer Pressemitteilung.


Zu den glücklichen Geehrten gehört auch die lesbische Kabaretistin und Schauspielerin Maren Kroymann, wie diese nun mitteilte. Kroymann hat zuvor schon zahlreiche andere Preise erhalten (MANNSCHAFT berichtete).

++ Neuer queerer Podcast ++

Die queere Aktivistin und Autorin Élie Chevillet launcht Queer Voices. Der Trailer ist schon auf Spotify, Apple Podcasts und allen anderen Plattformen unter «Queer Voices – dein Podcast» verfügbar. Ab sofort kommt jeden 1. Montag im Monat eine neue Folge raus.

Mit Queer Voices will Élie Chevillet die unendlichen Facetten von Queerness beleuchten. Kindheit, Queersein, Bewusstwerdung, Coming-out, Role Models, Community und vieles mehr: Der intersektionale, queerfeministische Podcast ermögliche LGBTIQ, ihre Stories in einem saferen Space zu erzählen, heisst es in einer Ankündigung. Die erste Folge erscheint am 4. November.

Kevin Kühnert ist nicht mehr SPD-Generalsekretär. Der Nachfolger steht schon fest (MANNSCHAFT berichtete)

Das könnte dich auch interessieren