Homophobe Schikane in Schule: 14-jähriger Südafrikaner bringt sich um
Mpho Falinthenjwa besuchte eine Oberschule in Johannesburg
Laut verschiedenen Medienberichten soll der 14-jähriger südafrikanische Mpho Falinthenjwa sich umgebracht haben, nachdem er in der Schule fortwährend schikaniert worden war.
Falinthenjwa besuchte die Leshata-Oberschule in Johannesburg. Wie seine Schwester Thando Kutumela dem LGBTIQ-Nachrichtenportal Pink News mitteilte, wurde Mpho Falinthenjwa am Morgen des 2. Juni von seinen Eltern bewusstlos aufgefunden. Man habe ihn sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo er jedoch am gleichen Abend verstarb. Er soll einen Abschiedsbrief an seine Familie hinterlassen haben.
«Meine Eltern sagten Mpho sei glücklich», erzählt die Schwester. «Nichts schien ihnen irgendwie verdächtig, Mpho hat sogar noch am Tag vor seinem Tod für sie gekocht.»
Kutumela weist jedoch darauf hin, dass ihr Bruder in der Schulde permanent schikaniert worden sei und ihm andauernd homophobe Beschimpfungen an den Kopf geworfen wurden – auch ausserhalb der Schule im Alltag.
Kutumela erwähnt einen Vorfall in der Schule, wo die Mitschüler*innen ihren Bruder als «isitabane» bezeichneten, ein abwertendes Zulu-Wort für «schwul». (MANNSCHAFT berichtete über den Film «Die Wunde» über schwule Liebe in Südafrika.)
«Definitiv gerade an einem Tiefpunkt» Laut der Schwester hatte sich Mpho gegenüber seinen Eltern noch nicht geoutet, obwohl er sich auf seinem Facebook-Profil als «zertifiziert schwul» bezeichnet haben soll. Einige Tage vor seinem Tod schrieb er in einem Status-Update: «Definitiv gerade an einem Tiefpunkt, aber ich werde da sicher wieder rauskommen.» (Im Original: «Def At My Lowest R.n But I’ll Surely Bounce Back🥺❤️🥺🥺🥺😭.»)
Kutumela beschreibt ihren jüngeren Bruder als fröhliche Person, als jemanden, den man gern um sich hatte und der Freude ins Haus brachte. «Er war schüchtern und übersprudelnd zugleich, manchmal auch laut. Er liebte es zu singen und zu tanzen», so Kutumela.
Die Schwester erklärt: «Ich halte es für falsch, andere Menschen nicht so zu akzeptieren wie sie sind, denn niemand kann sich aussuchen, wie er geboren wird. Wir sind alle Gottes Geschöpfe.»
Das Nachrichtenportal LGBTQNations weist darauf hin, dass in Südafrika Homosexualität nicht gesetzlich kriminalisiert ist und dass es dort die Möglichkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe gibt. Dennoch seien homophobe Einstellungen in der Bevölkerung weit verbreitet. Laut einer Studie der Other Foundation von 2017 werden solche Einstellungen vor allem von Kirchenvertreter*innen immer wieder neu befeuert. (MANNSCHAFT berichtete, dass der Neffe von Singapurs Premierminister in Südafrika heiratete.)
Kirchen fordern zur Ausgrenzung von sexuellen Minderheiten auf «Homophobe Kirchenführer*innen predigen, dass Gott alle Christ*innen auffordere, sexuelle Minderheiten zurückzuweisen und auszuschliessen. Durch die Macht, die sie über ihre Gemeinden haben, fördern die Kirchenverter*innen Diskriminierung, ebenso Hass und Gewalt, denen LGBTIQ-Personen in der Region ausgesetzt sind», erklärte Masiiwa Ragies Gunda damals im Kontext der Studie.
Und weiter: «Die Feindseligkeit (der Kirchen, Anm.) gegen LGBTIQ-Personen ist nicht nur verantwortlich fürs Ausbleiben von überfälligen politischen und gesetzlichen Reformen in verschiedenen Ländern im Süden Afrikas, sie treibt auch die Stigmatisierung immer weiter, fördert Schikane und letztlich auch Gewalt in der Gesamtgesellschaft.»
Laut einer Umfrage von 2016 fürchteten 55 Prozent aller befragten Südafrikaner*innen Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität. 39 Prozent sagten, sie seien schon einmal Zielscheibe von verbalen Attacken gewesen, 20 Prozent gaben an, mit körperlicher Gewalt bedroht worden zu sein. (MANNSCHAFT berichtete über den Mord an einem LGBTIQ-Aktivisten in Südafrika.)
LGBTIQ-Jugendroman über Reise nach Südafrika In dem soeben erschienenen Jugendroman «Nate Plus One» von Kevin van Whye (bekannt geworden mit dem Bestseller «Date Me Bryson Keller») erzählt der US-Autor mit südafrikanischen Wurzeln die Geschichte des afro-amerikanischen Teenagers Nate Hargraves, der mit seinem Freund Jai von Kalifornien zu einer Familienfeier nach Südafrika reist. Obwohl er von den meisten Familienmitgliedern dort als schwuler junger Mann mit offenen Armen empfangen wird, erlebt er einen Schock, als ausgerechnet sein Onkel sich als extrem homophob herausstellt.
Dass dies ein allgegenwärtiges Problem in der südafrikanischen Gesellschaft ist – die in Bezug auf diesem Punkt gespalten scheint – schildert der Roman anschaulich. Er beschreibt, wie solche homophoben Einstellungen auf Basis von überholten Männlichkeitsidealen sowie von religiösen Überzeugungen wie ein Riss durch Familien gehen können, was es besonders schwer macht, damit umzugehen. In «Nate Plus One» wird zudem deutlich, dass dies keine Generationenfrage und auch kein Überbleibsel des Apartheit-Regimes ist.
Mpho Falinthenjwas Schwester sagt zu Pink News: «Mein Herz ist gebrochen und ich fühle mich zerrissen. Möge seine unschuldige Seele in Frieden ruhen.»
Laut einem Bericht von NTIQueer habe die Leshata-Schule sich bislang nicht zu dem Vorfall geäussert, trotz Anfrage.
Brauchst du Hilfe? Wende dich in der Schweiz telefonisch an die Nummer 143 oder schreibe an die Berater*innen von Du-bist-Du.ch. In Österreich hilft die HOSI Wien (zu Büroöffnungszeiten) unter (+43) 660 2166605, das Kriseninterventionszentrum oder für LGBTIQ die psychosoziale Beratungsstelle Courage. In Deutschland gibt es die Notfall-Nummer 19446, zudem hilft u.a. der Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie, in Städten wie Köln kann man sich an Rubicon wenden.
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