Ausdrücke «Homo» und «Schwu***el» bei Polizei nicht selten

Oliver von Dobrowolski, Gründer der Initiative Better Police, hat ein Buch geschrieben

Oliver von Dobrowolski (Foto: zVg)
Oliver von Dobrowolski (Foto: zVg)

Polizist*innen, die Demonstrant*innen verprügeln, rassistische Bemerkungen machen oder rechtsextreme Bilder verschicken, zerstören das Vertrauen in die Polizei. Ein Kommissar prangert das öffentlich an.

Von Andreas Rabenstein, dpa

Beliebt macht man sich mit so viel Kritik nicht. Erst recht nicht bei der Polizei, wo öffentliches Anprangern von Missständen aus den eigenen Reihen oft als Nestbeschmutzung gesehen wird. Oliver von Dobrowolski, Kriminalhauptkommissar bei der Berliner Polizei und Mitglied bei den Grünen, schreckt das nicht ab. Immer wieder machte er in den vergangenen Jahren in Interviews auf Probleme aufmerksam (u.a. mit MANNSCHAFT+), nun hat er ein Buch vorgelegt, das ihm weitere Feinde, aber vielleicht auch Unterstützung bringen wird: «Ich kämpfe für eine bessere Polizei».

Von Dobrowolski (46) geht durchaus differenziert vor. «Die Polizei in Deutschland ist alles andere als schlecht», schreibt er im Nachwort. «Sie arbeitet mehrheitlich in einer Weise, die als professionell, effektiv und rechtsstaatlich zu bezeichnen ist.» Die Kapitel davor haben es aber in sich: «Menschenfeindlichkeit» und «Homophobie», «Rassismus», «Rechtsextremismus» und «Mobbing» lauten einige Überschriften.

Wir gehen jetzt Bimbos jagen.

Die Vorwürfe belegt von Dobrowolski mit Vorfällen, die er selbst erlebte oder von denen Kollegen aus ganz Deutschland ihm berichteten. «Wir gehen jetzt Bimbos jagen», sei ein üblicher Spruch in einer Polizei-Dienstgruppe gewesen. «Homo» und «Schwuchtel» seien als Ausdrücke «keine Einzelerscheinungen».

Kürzlich wurden bei der sächsischen Polizei sieben weitere Verdachtsfälle mit einem Bezug zum Rechtsextremismus bekannt. Unter anderem sollen einzelne Bedienstete der Polizei mehrfach Asylsuchende oder Homosexuelle diskriminiert und beleidigt haben (MANNSCHAFT berichtete).

Auch der interne Umgang sei in Teilen der Polizei heutzutage noch abwertend, etwa gegenüber Kolleginnen. «Fast jede Polizistin» müsse sich sexistische und diskriminierende Sprüche von männlichen Kollegen anhören. Diese Dinge hätten ihn anfangs sprachlos gemacht. «Mittlerweile frustrieren sie mich zutiefst.» In der Behörde selber würden problematische Vorfälle meist verschwiegen. Wer Kollegen anzeige, gelte als Verräter.

In Kreisen von Polizisten, die häufig eher konservativ ausgerichtet sind, dürfte sich von Dobrowolski auch mit einigen Besonderheiten und Formulierungen nicht nur Freunde machen. Konsequent benutzt er in seinem Buch Genderformen, gebraucht englische Modebegriffe aus der linken Szene wie «Awareness» und «Triggern», fordert die Kollegen zu «Liebe» gegenüber den Menschen bei ihrer täglichen Arbeit auf und bezeichnet sich selbst als «Kartoffel» – ein Ausdruck, der auf Schulhöfen von Jugendlichen mit ausländischen Wurzeln als Beleidigung deutschstämmiger Mitschüler benutzt wird.



Seit 24 Jahren sei er bei der Berliner Polizei, schreibt von Dobrowolski. Derzeit arbeitet er in der speziellen Brennpunkt- und Präsenzeinheit, die sich um Kriminalitäts-Hotspots wie den Alexanderplatz, das Kottbusser Tor und den Görlitzer Park kümmert. «Ich bin Polizist aus tiefster Überzeugung und mit grosser Leidenschaft». Früher war er Vorsitzender der Berufsvereinigung Polizei Grün, verliess sie vor einem Jahr und gründete eine neue Initiative Better Police.

Wegen seiner Kritik an bestimmten Zuständen habe er immer wieder von ausserhalb, aber auch von anderen Polizisten Schmähungen, Beleidigungen, Verleumdungen und Drohungen erhalten. Manche Vorgesetzte lobt von Dobrowolski ausdrücklich für ihre Unterstützung, darunter den früheren Polizeipräsidenten Klaus Kandt und seine Stellvertreterin Margarete Koppers. Andere Chefs in der Polizei hätten ihn drangsaliert und angefeindet.

Die grösste Gefahr für die Polizei sei die zunehmende «Entfremdung von der Bevölkerung», schreibt von Dobrowolski. Nur mit viel Respekt gegenüber allen Menschen, intensiver Kommunikation, demokratischen Einstellungen und einer kritischen Fehlerkultur lasse sich dieser gefährliche Prozess stoppen.

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