HIV-Diagnosen in Bayern auf höchstem Stand seit 2014
Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann betont, dass das Virus kein reines «Schwulenproblem» sei
Die Zahl der HIV-Diagnosen in Bayern ist auf einem Höchststand. Unwissenheit und unzureichende medizinische Versorgung sind weiter ein Problem.
In Bayern ist die Zahl der Menschen, bei denen HIV diagnostiziert wurde, im vergangenen Jahr auf den höchsten Stand seit 2014 gestiegen. Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts wurden 645 neue HIV-Diagnosen diagnostiziert. Die Zahlen nannte das Gesundheitsministerium auf eine Anfrage der Grünen.
Bundesweit gab es laut RKI 2023 knapp 3’300 HIV-Diagnosen. In den Jahren 2022 und 2023 überwogen dabei erstmals neue HIV-Diagnosen nach heterosexueller Übertragung: 2023 waren es etwa 214 Diagnosen nach heterosexuellem Kontakt gegenüber 198 bei Männern, die Sex mit Männern haben.
Für die Zahl der Neuinfektionen, die das RKI regelmässig schätzt und auf die Expert*innen zur Einschätzung des Infektionsgeschehens blicken, gibt es allerdings keine aktuellen Zahlen für Bayern. Im Jahr 2021 lag sie bei rund 200, diagnostiziert wurde die Infektion im selben Zeitraum laut RKI mehr als 300 Mal. Diagnosen sind weniger aussagekräftig, denn sie sind von mehreren Faktoren bestimmt wie Testmöglichkeiten und Testbereitschaft. Zudem kann gerade bei HIV eine Infektion Jahre zurückliegen.
Bundesweit infizierten sich laut RKI im Jahr 2024 geschätzt rund 2’200 Menschen neu mit HIV, nach 1’900 im Vorjahr. Die höchste Zahl der Neuinfektionen betraf hier mit rund 1’200 erneut Männer, die Sex mit Männern haben. Etwa 620 Menschen steckten sich laut RKI-Schätzung bei heterosexuellen Kontakten an. 380 Neuinfektionen passierten durch das Spritzen von Drogen.
HIV sei kein reines «Schwulenproblem», unterstrich der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann. «Das Wissen über die unterschiedlichen Möglichkeiten, sich zu schützen, und über die steigenden Zahlen ist gerade in der heterosexuellen Welt noch nicht wirklich angekommen.» Die Staatsregierung müsse dem verbreiteten Un- und Nichtwissen entschieden entgegentreten und zusammen mit den Aidshilfen und HIV-Initiativen in Bayern wahrnehmbare Kampagnen und Informationen aufzulegen, die eine breite Gesellschaft erreichten.
«Die bestehenden Angebote sind dabei eindeutig zu wenig», sagte Siekmann. Etwa ist die HIV-Präexpositionsprophylaxe PrEP, die unter Männern, die Sex mit Männern haben, wahrscheinlich inzwischen viele Neuinfektionen verhindert, bei Heterosexuellen weitgehend unbekannt.
Nach Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns KVB wurden 2023 in Bayern 6’127 Personen mit einer PrEP versorgt – dreimal so viele wie 2019, als die PrEP-Vereinbarung in Kraft trat, wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht. Derzeit gebe es 45 sogenannte PrEP-Praxen.
Die Grünen kritisierten, der Schutz vor einer HIV-Übertragung durch PreP stehe nicht überall zur Verfügung – denn nur neun von 45 Praxen seien nicht in Grossstädten (MANNSCHAFT berichtete). Oberfranken habe nach wie vor gar keine Praxis.
In München treffen sich ab 22. Juli tausende Expert*innen zur weltgrössten Konferenz zu HIV und Aids. Sorgen macht ihnen die politische Weltlage (MANNSCHAFT berichtete).
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