Ist der WDR bereit für einen schwulen Intendanten?
Helge Fuhst bewirbt sich für den Job
Der mächtigste Posten beim grössten ARD-Sender wird frei: Gesucht wird eine Nachfolge für Intendant Tom Buhrow. Mit Helge Fuhst gibt es auch einen offen schwulen Bewerber.
Vier Namen sind im Rennen um den WDR-Intendantenposten. Wie der Rundfunkrat mitteilte, schlägt eine Findungskommission dem Rat für die Wahl am 27. Juni diese Personen in alphabetischer Reihenfolge vor: «Tagesthemen»-Moderator und Zweiter Chefredakteur der Gemeinschaftsredaktion ARD-aktuell Helge Fuhst, WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn, ZDF-Washington-Studioleiter Elmar Theveßen und WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau.
Der Rundfunkrat bestimmt am 27. Juni die Nachfolge von Senderchef Tom Buhrow, der zum Jahresende vorzeitig aufhört und keine dritte Amtszeit mehr anstrebt. Mit Helge Fuhst, einst persönlicher Referent und stellvertretender Leiter der Buhrow’schen Intendanz, ist auch ein offen schwuler Kandidat im Rennen.
Fuhst, geboren 1984 in Hannover, wollte ursprünglich Kinofilme produzieren und Regie führen, aber dann war die Faszination für den Journalistmus grösser. Bei seiner Wahl Ende des Monats wäre er der jüngste Intendant jemals, die die Geschicke von ARD und ZDF leitet – und der erste offen schwule Intendant. Bereits jetzt ist er der erste offen schwule Chefredakteur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (MANNSCHAFT berichtete). Er arbeitet seit 2013 beim WDR in Köln, war später bei Phoenix in Bonn und Berlin tätig. «Ich bin froh und dankbar, dass ich meinen Weg gehen konnte», so Fuhst gegenüber MANNSCHAFT. «Noch vor 20 Jahren wäre der an vielen Stellen eher unwahrscheinlich gewesen.»
Beim WDR sind viele queere Persönlichkeiten bekannt geworden, darunter Bettina Böttinger, Alfred Biolek, Jürgen Domian und Thorsten Schorn, der im Mai erstmal den ESC für die ARD-Übertragung kommentiert hat (MANNSCHAFT berichtete).
Als junger Journalist hätte sich Fuhst auch in Leitungsfunktionen Vorbilder gewünscht, die Diversität abbilden. «Heute freue ich mich, andere Menschen zu inspirieren, ihren Weg zu gehen. Im WDR möchte ich eine Kultur fördern, in der sich alle willkommen fühlen», so der möglicherweise künftige Intendant.
Fuhst hat sich 2016 mit seinem Mann, der seit bald 14 Jahren an seiner Seite ist, verpartnert; die Männer liessen die Partnerschaft 2019 in eine Ehe umwandeln.
Auch in seinen vorherigen Leitungsfunktionen ging das einstige CDU-Mitglied Fuhst nach eigenen Angaben offen mit der sexuellen Orientierung um. 2021 wurde Fuhst auf Platz 1 der «Prout Performer» in den deutschen Medien von der «Prout at Work»-Stiftung gewählt, als der sichtbarste offen schwule Medienmann.
Fuhst ist ein Chefredakteur, der auf Pride-Veranstaltungen und dem CSD zu sehen ist und den Themen der Community Sichtbarkeit gibt, im Programm und im Management. Das darf man auch von einem Intendanten Fuhst erwarten. «Vielfalt ist eine Stärke, die zur DNA des WDR gehört. Wir müssen sie sowohl im Alltag mitdenken als auch in unseren Strukturen berücksichtigen.»
Es ist dem 40-Jährigen ein Anliegen, die Lebenswirklichkeiten aller gesellschaftlichen Gruppen abzubilden. «Dazu gehört auch die Sichtbarkeit der queeren Community, ihre Herausforderungen, Veränderungen und Benachteiligungen. Das ist Teil des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags.» (mit dpa)
Die Sommer-Ausgabe der MANNSCHAFT ist da. Aussen bunt und innen bunter – mal informierend (über die Anti-LGBTIQ-Gesetze in Afrika), mal perspektivisch (polyamourös mit Baby), einfühlsam (über einen iranischen Fotografen) oder Rat gebend (bei Leiden der Libido). (Und, und, und!).
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