Fisten – «Das radikale Offenlegen des Körpers als politischer Akt»
Stichtag 5. Mai: Die sexuelle Praktik soll aus der Tabu-Zone kommen
Vor rund einem Monat hat der erste Fist-Club Europas seine Gründung verkündet. Derzeit haben sie rund zehn Mitglieder, darunter eine Frau.
Sie wollen eine «Anlaufstelle» sein für Menschen, die sich für einen «offenen, respektvollen und sicheren Umgang mit der Sexualpraktik Analfisting einsetzen» (MANNSCHAFT berichtete). Jetzt, einen Monat später, haben sie auch verkündet, dass der 5. Mai der Internationale Tag des Fistens sein soll.
Balian Richter hat einiges vor in den folgenden Monaten: Er will als Pressesprecher des 1. Europäischen Fist-Clubs über dieser sexuelle Praktik aufklären und sie aus der Tabu-Zone holen. «Ich will niemanden überzeugen, der sich nicht fisten lassen will», sagt er, «aber wir möchten für diejenigen eine Community aufbauen, die sich gegenseitig vernetzen wollen.» Bisher gebe es das in Europa noch nicht. «Und wenn, dann doch wohl in der deutschen Hauptstadt», sagt Richter. «Wie heisst es, zwischen Sodom und Gomorrah liegt immer noch Berlin.»
«Wir haben den 5.5. gewählt», sagt Balian Richter, «weil der Tag noch frei war bisher und ausserdem die Hand fünf Finger hat.» Der 5. Mai solle ein Tag werden, an dem diese Praxis mit «Respekt, Stolz und Aufklärung» sichtbar gemacht wird. Es sei schon lange gelebte Realität in vielen queeren Lebensrealitäten aber werde gleichzeitig «oft nur privat gelebt». Dieser 5. Mai soll ein Tag sein, der «aus der Mitte der Community entsteht». Man wolle sichtbar und selbstbewusst auftreten, sagt Richter.
Zahlen und Fakten gibt es zum Analfisten wenig, es ist weder bekannt, wie beliebt es bei Frauen oder Männern ist, nur, dass es vor allem in BDSM-Kreisen häufiger vorkommt. Auf seiner Webseite schreibt der Fist-Club, das Fisting auch eine Form des Widerstands sei. Wörtlich heisst es: «Das radikale Offenlegen des Körpers ist ein politischer Akt.»
Von direkten homophoben Anfeindungen gegen den Fist-Club, die auf X (siehe oben) schon zu finden sind, hat Balian Richter bisher noch nichts mitbekommen. Auch das Medieninteresse habe sich bisher zurückgehalten.
Es ist für ihn lediglich eine Sexualpraktik, die viel Erklärung benötigt – da sie viel Vorbereitung bedarf, sowie Vertrauen und Absprachen. Sonst könne es zu Verletzungen kommen. Genau darum will der Fist-Club auch Kurse anbieten, um Fehler beim Fisten zu vermeiden, auf der Internetseite sprechen sie von einer «Fisting Schule», die sie gründen wollen.
«Wir haben einen 16-teiligen Kurs vorbereitet», sagt Balian Richter, «in dem wir von der richtigen Vorbereitung bis zu anatomischen Besonderheiten alles wissenswerte zusammengetragen haben.» Gerade das richtige Spülen sei wichtig, um eventuelle Unfälle zu verhindern. «Sauberkeit und Sicherheit sind beim Fisten für alle beteiligten am Wichtigsten.»
«Nur, wer auf seinen genau Körper achten kann, weiss auch, wann etwas zu viel ist.»
Balian Richter
Für Sicherheit sorgen um einen Handschuhe, damit keine Krankheiten oder Pilze übertragen werden, aber auch bestimmte Gleitgels, geschnittene Fingernägel und weitere Vorkehrungen. In den Kursen geht es aber auch um bestimmte Drogen wie Poppers oder Amphetamine, die bei einigen Menschen die Muskeln entspannen. Der Fist-Club steht aber Substanzgebrauch kritisch gegenüber. Balian Richter: «Nur, wer auf seinen genau Körper achten kann, weiss auch, wann etwas zu viel ist.»
Langfristig wolle der Verein auch die Community über eine App zusammenführen. «Denn das gibt es bisher noch nicht, eine App für Menschen, die gern Fisten.» Der Verein wolle daran gern in den kommenden Jahren arbeiten. «Derzeit sind wir noch nicht viel mehr als eine Webseite», sagt Balian Richter, «aber das soll sich in den kommenden Jahren ändern.»
Fran Lebowitz fragt: «Warum die Aufregung über trans Rechte?» Die lesbische Intellektuelle findet, man sollte sich besser über andere Dinge echauffieren (MANNSCHAFT berichtete).
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