Exorzismus: Grazer Einrichtung verspricht Homosexuellen «Heilung»
Mitarbeiterin des Hagiotherapie-Zentrums spricht von «geistiger Störung», die «korrigiert» gehöre
Ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien zur «Behandlung» von LGBTIQ ist in Österreich weiter nicht absehbar, meldet der ORF diese Woche. Derweil berichtet die Kleine Zeitung von fragwürdigen «Therapieangeboten» in Graz.
Zur Erinnerung: Ein Entschliessungsantrag zum Verbot von Konversionstherapien wurde zwar 2019 einstimmig im österreichischen Parlament eingebracht. Anschliessend kündigte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vor genau einem Jahr an, das Verbot noch vor Sommer 2022 durchzubringen. Daraus wurde aber nichts (MANNSCHAFT berichtete). Ein «fix und fertiger Entwurf» liege seit Oktober 2022 beim Koalitionspartner, sagte die grüne LGBTIQ-Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic am Donnerstag.
Von der ÖVP habe man aber bisher «nicht einmal eine inhaltliche Rückmeldung» bekommen. Warum diese darauf bisher nicht reagiert habe, erschliesse sich Ernst-Dziedzic nicht. «Man kann hier auch nicht von Therapien sprechen, das sind schwindlige Zwangsbehandlungen oder Exorzismen», so die grüne LGBTIQ- und Menschenrechtssprecherin.
Aus dem ÖVP-Klub hiess es dazu gegenüber der APA: «Es gibt einen Entwurf, darüber wird jetzt diskutiert.» Mehr könne man dazu nicht sagen, ausser dass die Gespräche jetzt «anlaufen, noch nicht einmal angelaufen sind».
«Wahres Armutszeugnis» Kritik daran, dass das Verbot von Konversionstherapien noch nicht umgesetzt wurde, kam von der SPÖ. Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner sprach von einem «wahren Armutszeugnis». Er habe deshalb eine parlamentarische Petition gestartet, die von der Bundesregierung fordert, das entsprechende Gesetz umzusetzen. Bereits verboten sind derartige «Therapien» unter anderem in Frankreich, Kanada und Israel.
In der Schweiz stimmte im Dezember 2022 der Nationalrat für ein landesweites Verbot von «Konversionstherapien» (MANNSCHAFT berichtete). Danach ging die Kommissionsmotion in den Ständerat. Damit ist zwar ein erster Schritt getan, doch es ist noch ein langer Weg. Denn selbst wenn beide Kammern dem Verbot zustimmen würden, könnte von Teilen der Bevölkerung das Referendum ergriffen werden, was – schätzungsweise im Jahr 2024 – zu einer Abstimmung führen würde.
Derweil berichtet die Kleine Zeitung von einer Recherche in Graz, bei der sie eine 25-jährige Journalistin als «Patientin» sechs Wochen ins Hagiotherapie-Zentrum Graz begab, um sich dort von ihrer «Krankheit» Homosexualität heilen zu lassen.
Auf der Homepage des Zentrums liest man: «Die hagiotherapeutische Anthropologie ist eine eigenständige Disziplin zur Erforschung von geistlichen Leiden und zur Suche nach Heilungswegen aus diesen Leiden.» Gleich auf der ersten Seite gibt es ein «Bibelwort des Monats» und einen «Glaubensimpuls des Monats».
«Es ist wirklich ungeheuerlich» Am Hagiotherapie-Zentrum arbeitet laut Kleiner Zeitung eine Therapeutin, die gegenüber der Undercover-Journalistin zwar das Wort Konversionstherapie nicht in den Mund nahm, aber von einer «geistigen Störung» spricht und von «einer Neigung, die korrigiert gehört». Sie verspricht LGBTIQ, die zu ihr kommen, «Heilung». Zu diesem Zweck wurde der Journalistin empfohlen, sich an die Loretto-Bewegung zu wenden, eine Jugendbewegung aus dem konservativen Bereich der katholischen Kirche.
Dass «diese menschenverachtenden Therapien» weiterhin in Österreich legal sind, sei ein Skandal, sagt NEOS-LGBTIQ-Sprecher Yannick Shetty in einer Presseaussendung. Kritik gab es von ihm vor allem für die Grünen: «Es ist wirklich ungeheuerlich, dass nach mehr als drei Jahren grüner Führung im Justizressort immer noch kein gesetzliches Verbot vorliegt. Das ist ein Schlag ins Gesicht vieler junger Menschen, dass die selbst ernannte grüne Menschenrechtspartei diese grausame Praxis weiterhin zulässt.»
Auf APA-Anfrage hiess es von der Loretto-Bewegung, man habe den Artikel in der Kleinen Zeitung mit «grosser Verwunderung» gelesen und distanziere sich von den Unterstellungen. Das Hagiotherapie-Zentrum liess seinerseits eine Anfrage der APA vorerst unbeantwortet, teilt der ORF mit.
Martha Conley bereut es, ihren Sohn in die Konversionstherapie gesteckt zu haben. Garrard Conley verarbeitete die Erfahrung in seinen Memoiren «Boy Erased», die später verfilmt wurden (MANNSCHAFT berichtete).
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