«Unterkomplexe Streitkultur»?Ehrung für Silvio Witt
Der schwule Neubrandenburger Ex-Oberbürgermeister war vorzeitig aus dem Amt geschieden
Nach seinem Rückzug aus der Politik steht Silvio Witt wieder als Comedian auf der Bühne. Jetzt wurde der schwule Ex-OB geehrt.
Der Publizist Michel Friedman hat in Schwerin zu mehr Engagement für die Demokratie aufgerufen. «In den nächsten vier bis acht Jahren wird sich entscheiden, ob Deutschland eine Demokratie bleibt», sagte Friedman in einer Festrede zur Verleihung des 20. Johannes-Stelling-Preises für Courage der SPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern.
Mit dem Preis wurde der ehemalige Oberbürgermeister von Neubrandenburg, Silvio Witt (parteilos), ausgezeichnet. Er habe sich trotz erheblicher Widerstände konsequent für ein buntes, tolerantes und weltoffenes Neubrandenburg eingesetzt, lobte die Jury.
Der offen schwul lebende Witt war nach Zerwürfnissen mit der Stadtvertretung im Mai 2025 als OB nach zehn Jahren zurückgetreten (MANNSCHAFT berichtete). Letzter Auslöser war ein Streit über das Hissen der Regenbogenflagge. Heute tritt Witt wieder als Kabarettist und Künstler auf.
Der Johannes-Stelling-Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und erinnert an den 1877 geborenen SPD-Politiker Stelling. Er war 1921 bis 1924 Ministerpräsident von Mecklenburg. In der Nacht vom 21. zum 22. Juni 1933 wurde er nach Misshandlungen und Folter von der SA ermordet.
Er wundere sich, so Friedmann, dass Demokrat*innen sich in der Auseinandersetzung mit Zerstörer*innen der Demokratie zwar abarbeiteten, aber dabei «immer ein bisschen auf der Bremse stehen, nicht so genau wissen, wie weit man gehen kann». Der Publizist beklagte in seiner Rede auch eine «unterkomplexe Streitkultur» in Deutschland. Man habe Konflikte in diesem Land immer eher vermieden. Die Wurzel dafür liege in der Nazi-Zeit. Oft werde versucht, über Widersprüche zu schweigen, statt sie in respektvoller Haltung dem Anderen gegenüber auszutragen.
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Ausserdem wurden in Schwerin drei Ehrenpreise verliehen, die mit jeweils 500 Euro dotiert sind. Sie gingen an den Internationalen Fussball-Club Rostock, den Stadtschülerinnenrat Schwerin sowie an Eckart Hübner und Bernd Kleist. Die beiden schufen in Malchin einen Erinnerungsort an die ehemalige Synagoge, wie es hiess.
Witts zweite Amtszeit sollte bis 2029 dauern (MANNSCHAFT berichtete). «Ich bin aus dem Amt ausgeschieden, weil ich wusste, ich habe nicht die Kraft, die letzten vier Jahre durchzustehen», sagt er. Er hadert aber nicht: «Bis dahin hatte ich Freude dran – es war für mich eine schöne Zeit.»
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