EGMR pfeift Schweiz zurück: Schwuler Iraner darf bleiben
Eine Rückkehr in die Heimat sei für den 34-jährige Kläger mit Risiken verbunden
Rüge für die Schweiz: Ein homosexueller Iraner darf nicht abgeschoben werden. In seiner Heimat drohen ihm Verfolgung und möglicherweise der Tod.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass die Schweiz einen homosexuellen iranischen Staatsbürger nicht in seine Heimat abschieben darf. Das Urteil rügt die Schweizer Behörden, die nicht hinreichend geprüft hätten, ob dem Mann im Iran Gefahr für Leib und Leben drohe.
Das Strassburger Gericht hielt jedoch fest, dass Abschiebungen in LGBTIQ-feindliche Staaten wie den Iran nicht grundsätzlich ausgeschlossen seien. In diesem konkreten Fall sei jedoch eine vertiefte Risikoanalyse notwendig gewesen.
Der Kläger, ein 34-jähriger Iraner, lebt derzeit in der Schweiz, wohin er nach einem Aufenthalt in der Türkei geflüchtet war. Er stammt aus einem kleinen Dorf im Iran, in dem er in einer streng religiösen Familie aufwuchs. Als Jugendlicher erkannte er seine Homosexualität, verheimlichte sie jedoch aus Angst vor den Reaktionen seiner Umgebung. Erst Jahre später trat er mit seinem Partner zumindest halböffentlich auf. Fotos, die ein Bekannter verbreitete, führten dazu, dass auch seine Familie von seiner sexuellen Orientierung erfuhr, woraufhin er sich zunehmend bedroht fühlte und schliesslich das Land verliess.
Die Schweizer Justiz hatte das Asylgesuch des Mannes mit der Begründung abgelehnt, dass im Iran homosexuelle Menschen nicht aktiv verfolgt würden, solange sie ihre Orientierung nicht offen auslebten. Das Bundesverwaltungsgericht argumentierte, dass dem Iraner keine Gefahr drohe, sofern er seine Homosexualität «diskret auslebe». Die Schweizer Behörden sahen das Risiko daher als «überschaubar» an und bekräftigten, dass Verhaftungen oder gar Verurteilungen seltener vorkämen.
Der Betroffene legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim EGMR ein und machte geltend, dass ihm im Falle einer Rückkehr Misshandlungen oder gar der Tod drohen könnten – sei es durch seine eigene Familie in Form eines Ehrenmordes oder durch staatliche Organe und Sittenwächter.
Im Iran gilt Homosexualität als strafbar und wird teilweise mit der Todesstrafe geahndet. In seinem Urteil stellte der EGMR fest, dass die Schweiz nicht hinreichend geprüft habe, ob der Iraner bei einer Rückkehr tatsächlich sicher sei. Die Richter*innen forderten umfassendere Abklärungen, bevor eine Abschiebung in ein Land wie den Iran rechtlich vertretbar sei.
«Machokultur»: Hohe Diskriminierung gegen Queers in Schweizer Armee – Neue Studie legt erschreckende Zahlen offen (MANNSCHAFT berichtete)
Porträt
Raus aus dem Iran – Neustart in der Schweiz
Nach Jahren der Unterdrückung kann Gigi Lou endlich auf der Bühne stehen. Hinter der Dragqueen steckt Danial, der mit 15 aus dem Iran flüchtete und nach einer langen Odyssee in der Schweiz landete.
Von Greg Zwygart
Drag
Gesellschaft
Migration
Coming-out
Deutschland
Lesbische Aktivistin aus dem Iran jetzt sicher in Deutschland
Die lesbische Menschenrechtsaktivistin Sareh Sedighi-Hamadani wurde vom iranischen Regime verhaftet, gefoltert und 2022 zum Tode verurteilt. Nun ist sie in Sicherheit.
Von Newsdesk Staff
International
Queerfeindlichkeit
News
Lesbisch
Das könnte dich auch interessieren
Eurovision Song Contest
Fakten, Flaggen und die Favoritenfrage beim ESC in Basel
Kontroversen, Klänge, Klicks: Das jährliche ESC-Musikspektakel geht dieses Jahr in Basel über die Bühne. Was du darüber wissen musst.
Von Newsdesk/©DPA
Schweiz
Musik
Unterhaltung
News
ESC 2025
Mit Prides und Palästina-Demo: ESC in Basel offiziell eröffnet
Bei der Eröffnungszeremonie des Eurovision Song Contests in Basel marschierten sowohl Pride-Gruppen als auch Trachtenvereine. Für Unruhe sorgte eine Pro-Palästina-Aktion, die den israelischen Wagen blockierte.
Von Newsdesk/©DPA, Greg Zwygart
Musik
Unterhaltung
Schweiz
Eurovision Song Contest
Berlin
150 Jahre Magnus Hirschfeld – eine queere Ikone wird gefeiert
Magnus Hirschfeld war ein Pionier der queeren Emanzipationsbewegung in Berlin. Er kämpfte jahrzehntelang gegen die Diskriminierung von Homosexuellen. In ungewöhnlicher Form wird an ihn erinnert.
Von Newsdesk/©DPA
LGBTIQ-Rechte
Deutschland
News
TIN
Geschichte
Deutschland
Hasskriminalität gegen Queers in Baden-Württemberg steigt
LGBTIQ müssen sich immer wieder mit Anfeindungen auseinandersetzen. Nun zeigt eine Statistik: Die Behörden erfassen immer mehr Hass.
Von Newsdesk/©DPA
Queerfeindlichkeit
News