10 Jahre nach Tod von Dirk Bach: Schwulenfeindliche Hetze ungeklärt
Was ist aus den Ermittlungen geworden?
Kurz nach dem Tod von Dirk Bach im Jahr 2012 tauchte auf der Seite kreuz.net ein ziemlich widerlicher Artikel auf, in dem gegen den Verstorbenen schwulenfeindlich gehetzt wurde. Bis heute sind die Urheber nicht gefasst.
Dirk Bach starb am 1. Oktober 2012 – vor zehn Jahren – mit 51 in Berlin. Ein paar Tage später hätte er in Dieter Hallervordens Schlosspark-Theater im Stück «Der kleine König Dezember» zu sehen sein sollen. Die Trauer war riesig. Aber es gab auch üble Hähme.
Kurz nach seinem Tod sorgte ein Schmäh-Beitrag auf der Internetseite kreuz.net für Empörung. Bach wurde darin posthum als «pervers» und «gestört» beschimpft. «Jetzt brennt er in der ewigen Homo-Hölle», hiess es in dem anonym verfassten Artikel. Und es sei davon auszugehen, «dass seine Unzucht ihn so früh ins Grab brachte».
Der LSVD nannte es damals «empörend, dass die Hetzer von kreuz.net selbst angesichts des Todes jeglichen menschlichen Respekt vermissen lassen». Im Netz empörten sich viele Fans und User*innen und gaben an, Strafanzeige gegen die Macher der Seite gestellt zu haben.
Der schwule Berliner Verlag Bruno Gmünder, der seit 2017 Geschichte ist, wollte die Urheber der Internet-Seite kreuz.net ermitteln. Man setzte im Jahr 2012 ein Kopfgeld für sachdienliche Hinweise aus, dazu wurden 11.707,70 Euro an Spenden gesammelt, teilte der Verlag mit.
David Berger, damals als Koordinator der Initiative «Stoppt kreuz.net» eingesetzt, erklärte im Deutschlandfunk Kultur, unter den Machern der homo- und judenfeindlichen Internetseite seien auch Mitarbeiter der katholischen Kirche. Bei der Deutschen Bischofskonferenz wurde laut Berger jedoch beteuert, man könne sich überhaupt nicht vorstellen, dass hinter der Seite kirchliche Angestellte stecken.
Die Suche nach den Hinterleuten der Seite lief zunächst vergeblich. Die Domain wurde auf den Bahamas registriert. Laut Spiegel waren Priester, Kirchenangestellte und mindestens ein Religionslehrer in den Fall involviert bzw. als Autoren für die Seite tätig.
Schliesslich wurde ein Verfahren gegen ursprünglich fünf Beschuldigte geführt, teilte die Staatsanwaltschaft Berlin diese Woche auf MANNSCHAFT-Anfrage mit. Gegen zwei Beschuldigte ist es gemäss § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt worden, «da der für eine Anklageerhebung erforderliche hinreichende Tatverdacht nicht bestand».
Gegen einen weiteren Beschuldigten erfolgte eine Einstellung gemäss § 154 StPO: Die Staatsanwaltschaft kam hier zu dem Schluss, dass im Falle einer Verurteilung die zu erwartende Strafe neben einer bereits in anderer Sache verhängten Strafe nicht erheblich ins Gewicht fallen würde. Ein Rückschluss auf eine etwaige Täterschaft sei aus dieser Entscheidung nicht zu ziehen, auch hier wäre möglicherweise ein hinreichender Tatverdacht auch verneint worden, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Hinsichtlich eines weiteren Beschuldigten erfolgte zuständigkeitshalber die Verfahrensabgabe nach Österreich. Was daraus geworden ist, ist hier unbekannt. Ein Auskunftsersuchen nach Österreich wurde bisher nicht beantwortet.
Die österreichische Bischofskonferenz hatte sich immer von der Seite distanziert und Ermittlungen gefordert, nachdem publik geworden war, dass auch Spuren nach Österreich führen. Laut Berliner Staatsanwaltschaft soll kreuz.net dort mindestens drei enge Mitarbeiter gehabt haben, zwei katholische Pfarrer und einen Laien. Kardinal Christoph Schönborn wurde vom ORF mit den Worten zitiert: «Ich habe seit langem persönliche Vermutungen über Personen, die dahinter stecken könnten.» MANNSCHAFT hat dazu beim Kardinal eine Anfrage gestellt.
Schliesslich wurde damals noch das Verfahren gegen einen Beschuldigten abgetrennt, hier war nun also ein separates Verfahren anhängig. Was aus diesem geworden ist, konnte nicht geklärt werden. Es ist laut Staatsanwaltschaft nicht mehr auffindbar und dürfte mittlerweile wohl vernichtet sein, da die Aufbewahrungsfristen nach der Aktenordnung abgelaufen sind.
Immerhin, Anfang Dezember 2012, zwei Monate nach dem Tod von Dirk Bach, ging die Webseite kreuz.net offline. Doch was wurde aus dem Kopfgeld? Der Verlag wollte, so war es gekündigt, die verbliebenen Spenden bei einer nicht-erfolgten Verurteilung an eine gemeinnützigen Einrichtung überweisen. Doch nachdem der Gmünder Verlag 2017 Insolvenz angemeldet hatte, wurde bekannt, dass die Spendengelder in die Insolvenzmasse eingeflossen sind.
Anfragen dazu, die MANNSCHAFT in dieser Woche bei dem damaligen Verlagsmitinhaber Tino Henn und dem ehemaligen Co-Geschäftsführer Michael Taubenheim stellte, blieben unbeantwortet.
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