Das Leben von Boy George wird verfilmt – aber wer übernimmt die Hauptrolle?
Der Popstar gab bekannt, dass im Sommer die Dreharbeiten zu «Karma Chameleon» beginnen und man jetzt einen Hauptdarsteller suche
Der Culture-Club-Sänger Boy George veröffentlichte diese Woche ein Video auf Instagram, in dem er ankündigt, dass im Sommer 2021 die Dreharbeiten zu einem Biopic über sein Leben beginnen und die internationale Suche nach einem Hauptdarsteller gestartet sei.
Es handelt sich um ein «Big Announcement»-Video von 50 Sekunden Länge. Darin erzählt der 59-jährige Musiker – der mit dem Lied «Do You Really Want to Hurt Me» weltberühmt wurde –, dass der Film «Karma Chameleon» heissen und in London sowie Bulgarien gefilmt werde. Es gehe um sein Leben sowie um die Band Culture Club. Einige Besetzungsdetails verriet er auch schon. Der britische Schauspieler Danny Mays (aus dem Film «1917» und der TV-Serie «Line of Duty» bekannt) werde seinen Vater spielen. Und Gerüchten zufolge werde Keanu Reeves auftauchen, sagt George.
Die Produktionsfirma hat diese Personalien bislang nicht bestätigt. Was allerdings bestätigt ist, ist die Studiofrage, der Drehbuchautor und der Regisseur. Ursprünglich handelte es sich um ein MGM-Projekt, doch nun hat Millennium Media «Karma Chameleon» übernommen. Das Drehbuch hat der Brite Sacha Gervasi verfasst, der auch Regie führen wird und zuvor mit «Hitchcock» und «Anvil: The Story of Anvil» auf sich aufmerksam gemacht hatte. (MANNSCHAFT hatte bereits 2019 über das damals noch titellose Projekt berichtet.) Fürs Casting ist Kate Ringsell zuständig, die «Wonder Woman» als Besetzungschefin betreut hatte.
Der Film soll Georges «einfache Anfänge in einer irischen Arbeiterklassefamilie» schildern und seinen meteorhaften Aufstieg in die internationalen Pop-Charts der 1980er-Jahre mit der Gruppe Culture Club, zu der auch die Bandmitglieder Jon Moss, Roy Hay und Mikey Craig gehören.
Setzt sich gegen extreme Homophobie durch Damals wurde Boy George wegen seiner androgynen Outfits und seines Gendernormen sprengenden Stylings ein unmittelbar wiedererkennbarer Star, der mehr als 100 Millionen Singles und 50 Millionen Alben mit Culture Club verkaufte. Dass sich jetzt eine nachgeborene Generation in Zeiten von Genderfluidity und nichtbinären Genderidealen neu für Boy George und seine Band interessiert, könnte man als naheliegend bezeichnen, schliesslich war der schwule Sänger Wegbereiter von Vielem, was wir heute mehr oder weniger als Standard im Popbereich ansehen – was jedoch in den 80ern zu Zeiten der Aidskrise und oftmals extremen Homophobie weltweit nicht Standard war.
Schon gar nicht in Grossbritannien unter Margaret Thatcher und ihrem notorischen «Section 28»-Gesetz, das die «Förderung von Homosexualität» in Gemeinden, Schulen und Kommunalbehörden verbot. Und wer sich noch ans fundamental-katholische Irland der 1980er-Jahre erinnert, der weiss, was es für ein Drama war, dort «anders» (geschweige denn homosexuell) zu sein. Der schwule Berliner Irish Times-Korrespondent Derek Scally hat dazu gerade den Bestseller «The Best Catholics in the World: The Irish, the Church and the Ending of a Special Relationship» veröffentlicht, worin er den ganzen Horror von damals analysiert.
Entsprechend ausweichend antwortete Boy George in den 80ern auf Interviewfragen von Leuten wie Joan Rivers, ob er Männer oder Frauen bevorzuge. Seine durchaus revolutionäre Antwort «Oh, beide» löste 1983 heftige Debatten über seine Bisexualität aus. Er sagte damals auch, wer würde «eine gute Tasse Tee» dem Sex vorziehen; ein oft zitiertes Statement aus jenen Jahren.
Er sagte damals auch, wer würde «eine gute Tasse Tee» dem Sex vorziehen
Heimliche Beziehung zu Bandmitglied Jon Moss Als 1995 seine Autobiographie «Take It Like a Man» herauskam, stellte er klar, dass er nicht bisexuell, sondern homosexuell sei. Und dass er in einer heimlichen Beziehung mit dem Punker Kirk Brandon gelebt habe, ebenso mit dem Culture-Club-Musiker Jon Moss. Man erfuhr in dem Buch auch, dass viele der Culture-Club-Lieder von seiner Beziehung zu Moss handeln.
Im Jahr 2002 wurde das Leben von Boy George bereits zu einem Musical verarbeitet mit dem Titel «Taboo». In der Londoner West-End-Produktion spielte der blutjunge Luke Evans mit, den man auch auf dem Cast Album hören kann. Rosie O’Donnell war vom Stück so begeistert, dass sie einen Transfer an den Broadway finanzierte, wo «Taboo» jedoch nur auf 100 Aufführungen kam und als Flop gilt. Auch von dort gibt es ein sehr hörenswertes Cast Album. Eine deutschsprachige Produktion gab es bislang nicht, was einigermassen erstaunt, weil die Songs und die Story durchaus effektvoll sind und nah dran an Diskussionen, die in unserer Gesellschaft heute geführt werden rund um Sexualität und Gender, Akzeptanz und Diversität.
Es folgte 2008 eine erste TV-Doku mit dem Titel «Living with Boy George», in der der Musiker ausführlich über seine Homosexualität spricht, über sein Outing gegenüber seinen irischen Eltern und warum Männer sich ineinander genauso verlieben wie in Frauen. (Boy George sprach 2018 auch im MANNSCHAFT-Interview über seine Sexualität.)
Wäre Troye Sivan für die Rolle geeignet? Und nun also «Karma Chameleon», nachdem diverse Biopics über LGBTIQ-Musiker*innen zuletzt viel Aufmerksamkeit erregt hatten und mit Preisen überschüttet worden waren. Man denke an «Bohemian Rhapsody» über Freddie Mercury und Queen, «Rocketman» über Elton John, die Netflix-Produktion «Ma Rainey’s Black Bottom» über die afro-amerikanische Jazzsängerin Gertrude «Ma» Rainey, und nicht zu vergessen der oscarnominierte Film «The United States vs. Billie Holiday», der ab 23. April digital verfügbar ist.
Man darf gespannt sein, wer letztlich als Boy George vor die Kamera treten wird und ob er (oder sie*?) damit auch die begehrte Goldtrophäe als Auszeichnung bekommen wird.
In der Online-Diskussion auf dem Nachrichtenportal Queerty schlug jemand Troye Sivan als möglichen Darsteller vor, worauf ein anderer User schrieb: «Troye Sivan – interessanter Vorschlag. Ich glaube es würde nicht mal viel Mühe kosten, um ihn so hinzukriegen, dass er aussieht wie Boy George.» Und: «Er ist schwul, ein guter Schauspieler und er kann singen. Also keine reine Lippen-Synchronisation wie bei Rami [Malek].»
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