Nach dem Date bestohlen: Untersuchung gegen mutmasslichen Grindr-Dieb
Ein Mann soll in Bern seine Dates bestohlen haben. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn. Einer der Betroffenen erzählt, wie er den Vorfall erlebte.
Lukas (Namen der Redaktion bekannt) erinnert sich an das Treffen als etwas völlig Alltägliches. Über Grindr hatten sie sich verabredet, Lukas lud den Mann zu sich nach Hause ein. «Das Date verlief komplett normal», sagt er gegenüber MANNSCHAFT. Doch als er nach der Verabschiedung nach seinem Portemonnaie suchte, war es verschwunden.
Zunächst zweifelte Lukas an sich selbst. Gewohnheitsmässig legt er sein Portemonnaie auf die Ablage neben der Haustür. Er durchsuchte die Wohnung, sein Auto und lief sogar zurück zum Supermarkt, in dem er kurz zuvor eingekauft hatte. Erst als er Abbuchungen auf seinem Konto bemerkte – kleinere Beträge, die ohne PIN-Eingabe bezahlt werden können – wurde ihm klar, dass er bestohlen worden war.
Bekannter Name bei der Polizei Sofort sperrte Lukas seine Karten und ging zur Polizei. Dort nannte er den Namen und die Telefonnummer des Mannes (Angaben der Redaktion bekannt). Dieser war dort kein Unbekannter. «Den kennen wir bereits», so der Beamte. Die Polizei riet Lukas, den mutmasslichen Täter selbst zu kontaktieren, um wenigstens seine Ausweise zurückzubekommen.
Der Mann zeigte sich einverstanden, wollte die Übergabe aber an die Bedingung knüpfen, dass keine Anzeige erstattet werde. Lukas wählte als Treffpunkt den wohl belebtesten Ort in Bern: den Loebegge. Lukas wartete eine halbe Stunde vergeblich, bis er die Nachricht des Mannes erhielt, das Portemonnaie liege in einem Schliessfach. Mit dem Code konnte er es abholen.
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Trotz der Rückgabe entschied sich Lukas für eine Anzeige. «Ich wollte nicht, dass er ohne Konsequenzen davonkommt. Wer etwas klaut, soll lernen, dass es ein Nachspiel geben kann», sagt Lukas gegenüber MANNSCHAFT. Die Polizei habe sich sehr engagiert gezeigt und sogar Läden kontaktiert, in denen der Mann mit den gestohlenen Karten eingekauft hatte, um Videomaterial zu sichern.
Der Fall liegt nun bei der Staatsanwaltschaft. Auf Anfrage bestätigt diese, dass ein Verfahren hängig sei. «Das Vorverfahren ist nicht öffentlich. Das Untersuchungsgeheimnis bezweckt einerseits die gezielte und reibungslose Durchführung von Strafverfahren und dient andererseits dem Schutz der vom Strafverfahren unmittelbar betroffenen Personen», sagt Staatsanwalt Rolf Rüdisser. «Entsprechend können hierzu keine weiteren Angaben gemacht werden.» Es gelte zudem die Unschuldsvermutung.
Weitere Geschädigte Wie Lukas erfahren hat, sind neben ihm noch weitere Privatpersonen betroffen. Auch ein Onlineversandhändler habe Anzeige erstattet. Die Vorfälle ereigneten sich 2023, zwei Jahre später kommt es nun zur Untersuchung.
Für Lukas war der Diebstahl ein einschneidendes Erlebnis. «Kann ich nicht mehr Dates zu mir nach Hause einladen?», fragte er sich damals. Heute ist die Sache für ihn weitgehend abgeschlossen. «Ich bin aber immer noch vorsichtig, wen ich zu mir einlade, wenn ich ihn nicht gut kenne. Mein Portemonnaie lasse ich dann nicht mehr offen herumliegen.»
Mehr: Schwule Dating-App als Falle – mit K.o.-Tropfen betäubt und beklaut (MANNSCHAFT berichtete)
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