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CVP-Initiative: Ehedefinition könnte wieder vors Volk kommen

Muss das Schweizer Stimmvolk wieder über eine konservative Ehedefinition abstimmen? (Bild: iStock)

Das primäre Ziel der CVP-Initiative «Für Ehe und Familie – Gegen die Heiratsstrafe» war die Abschaffung der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren. Die CVP formulierte im Initiativtext allerdings auch eine Ehedefinition, wie sie in der Schweizer Bundesverfassung zurzeit nicht zu finden ist: «Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau.» Am 28. Februar 2016 lehnte die Schweizer Stimmbevölkerung die Initiative mit 50,8% äusserst knapp ab. Das Ständemehr wurde erreicht.

Wie der Bundesrat am Freitag mitteilte, hatte er im Abstimmungsbüchlein falsch informiert. Nicht 80’000, sondern rund 454’000 Doppelverdiener-Ehepaare sind von der Heiratsstrafe betroffen. Die Steuerverwaltung hat sich um über das Fünffache verschätzt.

Der Zeitung «20 Minuten» zufolge ist die CVP über den Fehler verärgert und hat heute Montag in mehreren Kantonen Beschwerde eingereicht. Aufgrund des knappen Abstimmungsergebnisses sieht sich die CVP ihres Sieges beraubt und liebäugelt mit einer Wiederholung der Abstimmung. Gerhard Pfister bezeichnete den Fehler via Twitter als «Dyskalkulie der Steuerverwaltung» und als «bundesrätlichen Betrug» an mittelständischen Paaren.


Dyskalkulie der Steuerverwaltung, amtlich/bundesrätlich bestätigt. Konsequenzenlos, üblicherweise, leider. Mittelständische Ehepaare sind die Benachteiligten. https://t.co/DyG4OVSSkt

— Gerhard Pfister (@gerhardpfister) 15. Juni 2018

Gemäss der Schweizer Nachrichtenagentur SDA haben die Kantone zehn Tage Zeit, um über eine eingereichte Verfassungsbeschwerde zu befinden. Sollte sie abgelehnt werden, kann die CVP vor das Bundesgericht ziehen.

Der Staatsrechtler Rainer J. Schweizer hält eine Wiederholung der Abstimmung für möglich. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte er: «Da wichtige Informationen offenkundig falsch oder gar irreführend waren, ist eine Beschwerde sicher nicht aussichtslos.» Durch die erste Abstimmung sei nichts entschieden worden, das sich nicht mehr rückgängig machen liesse.

Gegenwärtig befindet die Rechtskommission des Nationalrats über eine andere Initiative, die «Ehe für alle». Eine Annahme der CVP-Initiative im zweiten Anlauf könnte der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einen Strich durch die Rechnung machen, da sie die Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau definiert. Um die Ehe für alle einzuführen wäre danach eine Verfassungsänderung nötig und somit eine Volksabstimmung inklusive Ständemehr.



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