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Wien wählt – hoffentlich bunt!

Im Oktober wird die Stadtregierung für die nächsten fünf Jahre bestimmt

Wien
Ampelpärchen in Wien (Bild: Karstens Fotos / CC BY-SA 2.0)

Wien wählt im Rahmen der Gemeinderatswahlen am 11. Oktober. Mit der Wahl wird die Stadtregierung für die nächsten fünf Jahre bestimmt und somit auch die Weichen LGBTIQ-freundliche oder -feindliche Aktionen in der österreichischen Bundeshauptstadt gesetzt. Jede*r überlege sich gut, an welche Partei die Stimme gehen soll, meint Christoph Pachucki in seinem Samstagskommentar*.

Vorweg ein paar Fakten zur Wiener Rechtslage: Seit 2004 verbietet das Wiener Antidiskriminierungsgesetz Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Identität, seit 2010 gibt es die Möglichkeit eingetragener Lebenspartnerschaften und seit 2019 das Recht auf Eheschliessung (MANNSCHAFT berichtete).

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Beispiele für wichtige Schritte, mit denen es aber noch lange nicht getan ist. Denn Diskriminierung von LGBTIQ gehört auch in Österreich leider noch nicht der Geschichte an. Das bestätigt etwa eine aktuelle Studie, in der 20% der homo-, bisexuellen und trans Österreicher*innen angeben am Arbeitsplatz trotz Gesetz diskriminiert zu werden.

Als Wähler*innen sollte uns das klarmachen, dass wir unsere Stimme an der Urne nutzen und damit ein Zeichen für Vielfalt, Toleranz und Fortschritt setzen.


Und umgekehrt? Betrachten die österreichischen Parteien die LGBTIQ-Community als wichtige Zielgruppe? Immerhin geht es in Wien um rund 180.000 Lesben, Schwule, Bisexuelle, um trans und inter Personen, die bei den Gemeinderatswahlen stimmberechtigt sind und damit als potenzielle Wähler*innen für die neun antretenden Parteien in Frage kommen.

Ein Blick auf die aktuellen Umfragen zeigt: Mehr als 80% der Stimmen werden bei der Wahl auf die grössten, österreichischen Parteien SPÖ, ÖVP, Grüne, FPÖ und NEOS entfallen.

Man braucht kein grosser Politikexperte zu sein, um die LGBTIQ-Einstellung der Parteien zu erahnen. Die FPÖ aus dem rechtes Lager hat ein verstaubtes Menschen- und Gesellschaftsbild. Vater, Mutter, Kind. Ein anderes Bild existiert in der Wunschvorstellung der Blauen nicht. Eine Partei, die daher hier auch nicht mehr Worte verdient hat.


Die ÖVP, Teil der Bundesregierung und im politischen Spektrum Mitte/Rechts anzusiedeln, ist und bleibt eine Partei mit konservativen Werten. Hier wurde in Sachen Diversität zwar über die Jahre ein wenig abgestaubt, eine Partei für bunte Vielfalt und absolute Gleichstellung ist die ÖVP allerdings definitiv nicht. Für beide Parteien gilt: Queere Österreicher*innen sind nicht primäre Zielgruppe.

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Bleiben noch SPÖ, Grüne und NEOS. Keine Frage. Diese Parteien bringen die meisten Vorschläge und Aktionen für die LGBTIQ-Community, wie die Einrichtung eines queeren Jugendzentrums (MANNSCHAFT berichtete), ein drittes Geschlecht in Dokumenten oder mehr Studien zur Lebenssituation von LGBTIQ in Österreich. Auf Bundesebene gehen die Grünen in ihrer Koalition mit der ÖVP allerdings aktuell nicht immer LGBTIQ-freundliche Kompromisse ein und riskieren dabei nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch die Stimmen der LGBTIQ-Wähler*innen.

Ja. Ich habe meine Meinung zu dieser Wahl. Meine Entscheidung ist bereits getroffen. Ich werde sie hier im Sinne des Wahlgeheimnisses nicht preisgeben, möchte meinen Samstagskommentar allerdings mit zwei Wünschen beenden. Erstens: Österreichische LGBTIQ-Community, nutze am 11. Oktober 2020 deine Stimme! Zweitens: Lassen wir Wien bunt sein!


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